Materialien 1989

Schönhuber rein – Schönhuber raus

Nur durch öffentlichen Druck konnte der exklusive Münchner Unternehmerklub „Kaufmanns-Casino“ davon abgebracht werden, den rechtsextremen Parteichef Franz Schönhuber als Gastredner in die noblen Vereinsräume am Promenadeplatz zu bitten.

Nachdem der Münchner Oberbürgermeister Georg Kronawitter in einem offenen Brief angekündigt hatte, dem Kaufmanns-Casino künftig den alten Rathaussaal für seine Nobelfeste zu sperren, ließ der Casino-Vorstand den roten Teppich für Schönhuber wieder einrollen. Nicht ohne Zähneknirschen. „Dass Sie unser Handeln mit den Ereignissen der zwanziger Jahre vergleichen, verletzt uns tief“, so Vereinsvorstand Peter Lex in einer Replik auf Kronawitters Brief, Casino-Sprecher Professor Johannes Vollberg (63), hauptberuflich Direktor bei Siemens, betonte im Gespräch mit METALL: „Wir haben Herrn Schönhuber nicht ausgeladen. Der Abend findet nur einfach nicht statt.“

Dass sich auch aus den eigenen Reihen Widerspruch gegen den Auftritt des ehemaligen SS-Mannes Schönhuber formuliert hatte, gibt Vollberg zu: „Drei oder vier Briefe gab es, die das nicht so gut fanden. Aber wer sagt denn, dass die anderen Mitglieder das nicht ganz prima gefunden hätten?“

Verärgert ist Vollberg vor allem über jenes unbekannte Casino-Mitglied, das die Presse über den geplanten Schönhuber-Auftritt informiert hatte. „Das sind Leute, die Unruhe machen wollen.“ Und der Vergleich mit den Hitler-Auftritten vor den Industrieklubs der Weimarer Republik erscheint dem Siemens-Direktor ganz aus der Luft gegriffen. „Also, damals war ick ja noch jarnich auf der Welt. Davon wußt’ ick ja noch jar nix.“


Metall. Zeitung der Industriegewerkschaft Metall 21 vom 20. Oktober 1989, 6.

Überraschung

Jahr: 1989
Bereich: Rechtsextremismus