Flusslandschaft 2012
Medien
Am Donnerstag, 23. Februar, überträgt von 10.30 Uhr bis 12 Uhr die ARD aus Berlin die Gedenk-
veranstaltung für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt. Auch das bayrische Fernsehen berichtet ab 11.45 Uhr über eine Gedenkveranstaltung, die der DGB in Nürnberg ausrichtet. Im Anschluss zeigt um 12 Uhr das Bild die Schweigeminute der Kundgebungsteilnehmer. Die Kamera schweift über die bewegungslos stehenden Menschen. Nach kurzer Zeit läuft ein Insert durch das Bild, in dem Verantwortliche und Produzenten der Sendung genannt werden. Die Kamera blendet ab und öffnet für die – Bayernhymne. Es erklingt „Gott mit dir, du Land der Bayern“, Postkartenidyllen illustrieren die süßliche Melodie, beim dritten Hochglanzpanorama ist der eingeblendete Text zu lesen „Himmlische Blicke auf weiß-blaue Glaubensschätze“. — Besser kann sich dieses Medium nicht entlarven. Wer sehen kann, der sehe: Betroffenheit wird abgefeiert, Symbolpolitik füllt den emotionalen Hintergrund eines allgemeinen Bewusstsein, das eher als Bewusstlosigkeit zu be-schreiben ist. Die Beschränktheit des Mediums trifft auf die Beschränktheit des Rezipienten. So ist allen geholfen.
Die Bedeutung des globalen virtuellen Netzes für die neuen sozialen Bewegungen und weltweit stattfindenden Revolten und Revolutionen ist in der augenblicklichen Diskussion unstrittig. In-
wieweit nicht real, sondern in „digitalen Wolken“ existierende Meinungsäußerungen und Willens-
bekundungen zur materiellen Gewalt gerinnen, ohne dass weitere Zwischenräume den Ort schaf-
fen, in dem Organisation entsteht, diskutiert der Kongress „Revolution im Zwischenraum“ vom 23. – 25. März 2012 in der Evangelischen Akademie in Tutzing. Siegfried Benker hält hier eine Rede.1
„Wir brauchen keinen Führer. Wir folgen Fernsehen und Facebook.“2
1 Siehe „Urbane Aufstände 1848 – 2012“ von Siegfried Benker.
2 Manfred Ach, Vorratsdaten. Speicherungen vom Mönch, München/Wien 2012, 6111.