Materialien 1980
Entwurf einer Magna Charta für alle Internierten
…
Präambel
Mehr als 500.000 Menschen leben in der BRD ohne Rechte, für sie gilt auch nicht das Grundge-
setz. Sie werden zur Arbeit gezwungen, ohne dafür eine entsprechende Bezahlung zu erhalten. Sie haben keinen Anspruch auf Informationsfreiheit, sie dürfen nicht lesen und schreiben, was sie wol-
len, für sie ist Zensur eine alltägliche Einrichtung. Sie leben in menschenunwürdigen Unterkünf-
ten, sie sind nicht ausreichend versichert und haben keinen Anspruch auf Urlaub. Und all das ge-
schieht ohne rechtliche Grundlage. Selbst die minimalsten Rechte, die ihnen eingeräumt worden sind, werden aufgrund der Willkür von Anstaltsleitern und Richtern oftmals beschnitten. Sie ken-
nen nur Verbote und Pflichten, keine Rechte. Gemeint sind die 60.000 Internierten in den 150 Gefängnissen, die 250.000 Kinder und Jugendlichen in den 3.500 Kinderheimen, Erziehungshei-
men, Jugendschutzstellen und Heimen für Behinderte, die 200.000 Internierten in den 130 psy-
chiatrischen Anstalten in der BRD.
Gegen diese Bevormundung und für Selbstbestimmung ist die Magna Charta entworfen worden, von ehemaligen und jetzigen Inhaftierten, von Knastgruppen aus Berlin, Hamburg und München. Sie ist erarbeitet worden, weil der Knast, die Heime, die psychiatrischen Anstalten immer un-
menschlicher werden. Die Reformpolitik der 60er Jahre ist längst gestorben, neue Gesetze und neue Bauten beschnitten die Rechte immer mehr, machten die Isolation immer perfekter. Vom pennsylvanischen Einzellensystem der Puritaner führt eine zielstrebige Entwicklung über die wissenschaftliche Erforschung der Isolation und des Isolationstrakts von Ossendorf und Stamm-
heim bis zu den technisch perfekten Hochsicherheitstrakts unserer Tage. Der Trend zur Isolation in der Isolation wird immer stärker. Geplant bzw. im Bau sind neben den Hochsicherheitstrakts Knäste für inhaftierte Drogenkonsumenten und Knäste für „klinisch nicht mehr therapierbare Kriminelle und Geisteskranke“ (wörtliches Zitat des Bayerischen Justizministeriums), die den irreführenden Namen Fachkrankenhäuser für forensische Psychiatrie führen sollen (eine ähnliche Verschleierung war die Umbenennung der Gefängnisse in Justizvollzugsanstalten). Für Jugendli-
che plant Bonn Gesetze zur Unterbringung in geschlossenen Heimen und für Arreststrafen in Er-
ziehungsheimen. Bereits heute werden in der BRD rund 1.000 Jugendliche aufgrund von Rechts-
verordnungen der Länder ständig in Heimen von der Gesellschaft ferngehalten (Heimjargon: Iso-
le).
Isolation ist aber längst nicht mehr auf den Knast, die Heime und die psychiatrischen Anstalten beschränkt. Isolation ist zum Prinzip des Systems geworden. Das System kann nur funktionieren, wenn es die Menschen auseinander dividiert und isoliert, sei es in der Schule, in der Universität, in der Fabrik, in den Betonsilos unserer Städte, in den Trabantenstädten, in den Altersheimen usw. Die modernen Knastbauten in Ossendorf und Zelle, in Stammheim und Stadelheim sind inzwi-
schen zum Baustil der technologischen Gesellschaft in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahr-
hunderts geworden. Sie dienen als Vorbild für Knastneubauten bzw. -erweiterungen in der BRD und im Ausland (Moabit, Wuppertal, Bielefeld, Straubing, Herrera de la Mancha in Spanien, Asi-nara in Italien und Regensdorf in der Schweiz, um einige Beispiele zu nennen). Knastarchitektur beherrscht die Landschaft. Man kann kaum noch unterscheiden, ob es sich um einen Knast, eine Fabrik, eine Schule, eine Universität, ein Atomkraftwerk oder ein Altersheim handelt. Gerade da sehen wir aber auch eine Möglichkeit, die Gemeinsamkeit der Isolierten herzustellen, ein Ver-ständnis der Isolierten draußen für die Isolierten drinnen zu erwecken. Der Versuch, die Isolation zu durchbrechen, indem man sich gemeinsam und überall gegen die Isolation wehrt. Das „Reißt die Mauern ein“ gilt nicht nur für die Knäste, Heime und psychiatrischen Anstalten, es gilt für jede Art Isolation.
Isolation ist in den Knästen auch zum besonderen Problem der politisch motivierten Gefangenen geworden, die sich mehrmals durch Hungerstreiks dagegen gewehrt haben, allerdings ohne Erfolg, vor allem aufgrund der falschen Forderungen. Die Kritik an den Forderungen der Gefangenen aus der RAF, die sowohl von drinnen wie auch von draußen geäußert wurde, sollte endlich einmal ernsthaft diskutiert, nicht länger als Defätismus, Staatsschutzdenken, Abwiegelei oder Reformis-
mus diskriminiert, sondern als Möglichkeit gesehen werden, auf einer anderen, breiteren Ebene weiterzukämpfen, die auch von draußen in größerem Rahmen unterstützt werden würde.
Dazu gehört auch, dass man den Avantgardeanspruch in jeder Form, sei es als „politischer Gefan-
gener“ im Gegensatz zum „sozialen“ oder „normalen“ Gefangenen, oder sei es als „Kriegsgefange-
ner“ aufgeben muss und sich als Gefangener unter Gefangenen sieht. Die Forderung nach Zusam-
menlegung in interaktionsfähigen Gruppen in der bestehenden Form ist nichts anderes als ein Ausdruck dieses Avantgardedenkens. Dass man dabei im Endergebnis noch den Vorstellungen der Justiz entgegenkommt und die Hochsicherheitstrakts des Justizsenators Meyer als einen Erfolg des Hungerstreiks der „politischen“ Gefangenen bezeichnet (siehe Erklärung von Till Meyer und Andreas Vogel), mutet wie ein makaberer Witz an und bestätigt nur, dass man selber an einem er-
folgreichen Ausgang des Hungerstreiks gezweifelt hat.
Wer seine politische Identität nur in der permanenten Bestätigung durch Gleichdenkende erhalten zu können glaubt, beweist eigentlich nur die Schwäche dieser Identität und zimmert damit gleich-
zeitig an seinem eigenen Ghetto.
Wer sich im Knast nur ständig mit Gleichgesinnten auseinandersetzt, besser gesagt, sich gegensei-
tig bestätigt, verliert den Bezug zur Realität und versteigt sich in abstrakte Forderungen. Für viele der Gefangenen aus der RAF war der Gedanke, nur vorübergehend im Knast zu sein und dem-
nächst befreit zu werden, die einzige Hoffnung, um überleben, den Knast ertragen zu können. Das führte dazu, dass man den Knast als Perspektive, als eine Basis der Auseinandersetzung völlig außer Acht ließ und sich von den anderen Gefangenen isolierte. Um nach Schleyer und Mogadischu überleben zu können, sollte man den Knast als Perspektive und Basis einkalkulieren und sich auf einen gemeinsamen Kampf zusammen mit den anderen Gefangenen vorbereiten. Das heißt, dass man für eine Integration in den Normalvollzug kämpft und nicht für eine Trennung von den Ande-
ren. Es stimmt einfach nicht, dass man in früheren Hungerstreiks für eine Integration eingetreten ist, man hat nur für eine Gleichstellung mit den anderen Gefangenen gehungert, ohne näher zu definieren, wie diese Gleichstellung aussehen sollte. Damals wurde zu Recht kritisiert, dass die so-
genannten politischen Gefangenen aufgrund der politischen und. materiellen Unterstützung von draußen, aufgrund ihrer Sozialisationsgeschichte, aufgrund der Möglichkeit, sich einen Anwalt ihrer Wahl zu leisten, sowieso schon eine privilegierte Position innehaben, und die Forderung nach Gleichstellung mit den anderen Gefangenen von diesen als Hohn empfunden wurde.
Wenn heute von Gefangnen aus der RAF erklärt wird, dass sich die Forderung nach Integration, die in dieser Form nie gestellt wurde, als nicht realisierbar erwiesen habe, und man deshalb davon Abstand. genommen hätte, dann ist diese formale Erklärung nicht überzeugend, denn es gibt RAF-Gefangene, die sich dafür eingesetzt haben und die sich heute im Normalvollzug befinden. Sie ist auch deshalb nicht überzeugend, weil seitdem in mehreren Hungerstreiks für die Durchsetzung anderer Forderungen (Anwendung der Genfer Konvention und die Anerkennung als Kriegsgefan-
gene) gehungert wurde, die sich bisher tatsächlich als unrealisierbar erwiesen haben, trotzdem wurde immer wieder dafür eingetreten.
Die Integration in den Normalvollzug ist eine realistische Möglichkeit für ein Überleben im Knast, sie würde auch eine Wiederholung der Stammheimer Todesfälle nahezu ausschließen. Sie ist die einzige Möglichkeit für ein Überleben, weil der Mensch nur in der täglichen Auseinandersetzung mit anderen Menschen Stärke gewinnen und seine Identität wahren kann.
Diese Magna Charta ist natürlich nicht allein für die Gefangenen aus der Stadtguerilla erarbeitet worden, sie ist für alle Internierten gedacht, und die politisch motivierten Gefangenen sind nur ein winziger Teil der Internierten. Wenn wir uns länger mit ihnen auseinandergesetzt haben, so des-
halb, weil durch sie der kollektive Widerstand in den Knästen und Heimen öffentlich gemacht wur-
de, weil sie die Thematik der Knäste und Heime problematisierten und dadurch eine breitere Öf-
fentlichkeit herstellten.
Dass sie scheiterten, liegt vor allem daran, dass sie stets nur für ihre eigenen Forderungen kämpf-
ten und einen Sonderstatus beanspruchten, den wir energisch ablehnen. Alle Gefangenen sind politische Gefangene, und wo das erkannt wurde, wurde auch der Widerstand auf eine breitere Ebene gehoben, kam es zu einer Solidarisierung im größeren Rahmen, sei es in Höchst, in Strau-
bing, Kaisheim, Preungesheim oder zuletzt in Berlin, wo die Gefangenen erkannt haben, dass die Hochsicherheitstrakts nicht allein für die so genannten politischen Gefangenen errichtet wurden, sondern für jeden, der sich nicht anpasst, der sich nicht dem Knastsystem unterwirft. Viele Gefan-
gene haben auch schon lange vor der Verhaftung der Gefangenen aus der RAF militantere Metho-
den des Widerstandes praktiziert, vom Zerstören der Zelleneinrichtungen über Dachbesteigungen und Sit-Ins im Hof bis zu Arbeitsniederlegungen und Hungerstreiks. Derartiger Widerstand wird auch nötig sein, um für die Durchsetzung dieser Magna Charta zu kämpfen. Ihnen, denen alle Rechte genommen wurden, steht das Recht zu, mit aller Härte für mehr Rechte zu kämpfen.
Der letzte Hungerstreik in Berlin, an dem mehr als 200 Gefangene beteiligt waren, wird zum Signal für andere werden. In jedem Knast, in jedem Jugendheim, in jeder psychiatrischen Anstalt zwi-
schen Berlin und Köln, zwischen Flensburg und Konstanz sollte die Magna Charta diskutiert wer-
den. In jedem Knast, in jedem Jugendheim, in jeder psychiatrischen Anstalt zwischen Berlin und Köln, zwischen Flensburg und Konstanz sollte ein Forum des gemeinsamen Widerstands gebildet werden.
Wir rufen alle Internierten auf, sich diesem Kampf anzuschließen. Wir rufen alle Gefangenen aus der Stadtguerilla auf, auf jeden Sonderstatus zu verzichten und mit allen anderen gemeinsam für die Verbesserung der Haftbedingungen, für die Abschaffung jeder Art von Isolation und für die Integration in den Normalvollzug zu kämpfen.
Wir rufen alle Gruppen, Organisationen, Verlage, Buchläden, linke und alternative Zeitungen und Zeitschriften und andere Institutionen sowie Einzelpersonen auf, für die Verbreitung und Veröf-
fentlichung der Magna Charta zu sorgen und den Forderungen von drinnen durch Unterstützung von draußen Naschdruck zu verleihen.
Wir rufen alle auf, Initiativen und Knastgruppen zu gründen, um sich für die Durchsetzung dieser Magna Charta einzusetzen, den Kampf für bessere Haftbedingungen zu unterstützen und mehr Öffentlichkeit für die Problematik der Knäste, Heime und psychiatrischen Anstalten herzustellen.
Gefangenenselbstinitiative Hamburg
Knastgruppe Wedding
Kollektiv Rote Hilfe München
Rote Hilfe Westberlin
Wir fordern
die Abschaffung der Internierung ökonomisch, politisch und rechtlich entwerteter Menschen in den Strafanstalten, psychiatrischen Verwahranstalten und Fürsorgeanstalten; wir fordern die Abschaffung der Verurteilung, Verwahrung und Einsperrung von Menschen, die dazu durch ihre Geschichte, ihre Herkunft vorbestimmt sind.
Für sofort fordern wir
l. im Bereich Arbeit
Gleicher Lohn wie draußen / Freie Arbeitswahl / Kein Zwang zur Arbeit / Mehr Möglichkeiten für unbewachte Arbeit außerhalb der Anstalten / Gleicher Versicherungsschutz wie draußen (Arbeits-
losen-, Renten-, Krankenversicherung, Unfallversicherung) / Einhaltung der Unfallverhütungsvor-schriften / Anspruch auf bezahlten Urlaub / Anspruch auf Sozialhilfe
2. im Bereich der ärztlichen Versorgung
Freie Arztwahl, die jedem bei der AOK Versichertem zusteht / Abschaffung der Anstaltsärzte und Anstaltskrankenhäuser / Auflösung der psychiatrischen Stationen in den Anstalten / Vorlage kon-
kreter, zeitlich festgelegter Pläne zur Auflösung der psychiatrischen Anstalten und Umwandlung derselben in ambulante Stationen
3. im Bereich der Sonderbehandlung
Abschaffung der Einzelisolation / Keine Aufspaltung der Eingesperrten nach Delikt, Alter, Ge-
schlecht, Nationalität, nach körperlichem (z.B. Behinderte) oder psychischem (z.B. Suizidgefähr-
dete) Zustand durch Absonderung, keine speziellen Anstalten, Gebäude, Trakts und Abteilungen / Abschaffung aller Hausstrafen (Arrest, Einkaufssperre, Besuchssperre etc.) / Beseitigung der Sichtblenden und Fliegengitter vor den Fenstern / Keine Zwangsbehandlung durch Psychophar-
maka und andere Medikamente / Keine Zwangsernährung, kein Wasserentzug / Keine Zwangs-
verlegung, vielmehr Berücksichtung der Verlegungswünsche der Eingesperrten / Abschaffung aller Gewaltanwendung (Prügelkommando, Chemische Keule, Beruhigungszelle, Fesselung, Zwangsjak-
ke etc.) / Abschaffung menschenunwürdiger Behandlung (Körperfilzung, Guckloch, Kostklappe, Beobachtung rund um die Uhr etc.)
4. im Bereich Kontakt nach draußen
Unzensierter und uneingeschränkter Briefverkehr (so auch Aufhebung der Briefmarkenbeschrän-
kung in Bayern) / Uneingeschränktes Informationsrecht, (Bücher, Zeitungen, Radiogeräte, Fernse-
her etc.) / Freier Telefonverkehr nach draußen / Jeder hat das Recht auf Urlaub und Ausgang / Freie Sexualität für alle Eingesperrten untereinander wie auch mit allen außerhalb der Anstalt, zu fördern durch mehr Urlaub oder Ausgang, durch die Bereitstellung von Möglichkeiten dazu inner-
halb der Anstalt und durch Besuchsmöglichkeiten in der jeweiligen Unterkunft / Verlängerung der Besuchsdauer auf mindestens 10 Stunden monatlich, über deren zeitliche Aufteilung der Einge-
sperrte selbst entscheiden kann / Ausdehnung der Besuchszeiten auf 6 Stunden täglich / Erweite-
rung der möglichen Besucherzahl bei einem Besuch auf mindestens 5 Personen / Abschaffung der menschenunwürdigen Leibesvisitation von Besuchern / Keine Einschränkung des Empfangsbe-
reichs bei Radiogeräten bzw. bei Fernsehern auf der Zelle / Jeder hat das Recht vierteljährlich ein Paket à 20 kg mit Nahrungs- und Genussmittel, neuer Kleidung und Gebrauchsgegenständen zu erhalten.
5. für Frauen und Kinder
Kein Knast für Frauen während der Schwangerschaft / Haftaufschub für Hauptbezugspersonen von Kleinkindern / Entscheidungsfreiheit für ältere Kinder und Jugendliche, wo und mit wem sie leben wollen
6. für Ausländer
Jeder Ausländer hat das Recht auf einen selbstgewählten, vom Staat finanzierten Dolmetscher / Kein Entzug der Aufenthaltsgenehmigung bei Strafraten / Recht auf eigensprachige Lektüre
7. im Bereich Unterbringung
Jeder hat das Recht auf eine ausreichende Wohnfläche / Freies und individuelles Gestalten der Unterkunft / Freie Entscheidung über Einzel- oder Mehrfachunterbringung / Offene Zellen bis 23 Uhr zur freien Bewegung in den einzelnen Gängen bzw. Stationen / Steckdose, Lichtschalter, Thermostat und Fenster zur eigenen Bedienung in jeder Zelle
8. im Bereich Freizeit
Recht auf Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung; Ausbau des Bildungsangebotes; Bereit-
stellung von Lern- und Ausbildungsmaterial; Recht auf Ausbildungsförderung / Mehr Gemein-
schaftsräume und Anschlagtafeln zum Informationsaustausch / Hof und Gemeinschaftsräume dürfen in der Freizeit uneingeschränkt benutzt werden / Selbstständige Gestaltung des Kulturpro-
gramms (Film, Fernsehen, Hörfunk, Anstaltszeitung, Bibliothek etc.) / Auf jeder Station eine Kochmöglichkeit / Freier Zugang zu den Wasch- und Duschräumen / Ausbau der Sportmöglichkei-
ten
9. im Bereich Einkauf
Breitgefächertes Angebot und Preise, die an den regionalen Durchschnittspreisen draußen orien-
tiert sind / Erhöhung des Einkaufs auf DM 300,– monatlich / Sämtliche Gelder dürfen zum Ein-
kauf verwendet werden; Abschaffung des speziell zum Einkauf bestimmten Geldes / Mindestens einmal wöchentlich Einkauf, bei schnell verderblicher Ware öfter / Eigene Läden in jeder Anstalt / Jeder Gefangene kann selbst zum Einkaufen gehen.
10. im Bereich Essen
Besseres Essen, d.h. gleiches Essen für Bedienstete und Eingesperrte, genügend Eiweiß, genügend Vitamine, genügend Nährstoffe / Abschaffung der Lebensmittelrationierung / Bessere Getränke (Bohnenkaffee und schwarzer Tee)
11. im Gesetzesbereich
Gleiche Ausführungsbestimmungen zu bestehenden Gesetzen für Internierte und einheitliche Aus-
legung der Gesetze und der Ausführungsbestimmungen in allen Bundeslängern / Abschaffung der Sicherheitsverwahrung, der Einweisung auf unbestimmte Zeit und der Jugendstrafe von unbe-
stimmter Dauer (Gummistrafe) / Aktives und passives Wahlrecht für alle / Versammlungs- und Organisationsrecht; Recht auf eine unabhängige, selbstverwaltete Interessenvertretung mit Mit-
bestimmungsrechten im anstaltsinternen Bereich und mit Mitspracherechten im Bereich der Ge-
setzgebung und der Rechtssprechung bezüglich der Haft- bzw. der Verwahrsituation (z.B. bei Be-
schwerden, Drittelgesuchen) / Abschaffung der Pflicht- bzw. der Zwangsverteidigung und Abschaf-
fung des diskriminierenden Armenrechts / Freie Auswahl für alle, auch für Strafgefangene; bei Zahlungsunfähigkeit muss der Staat die anfallenden Kosten (Anwalt, Gutachter, Sachverständiger, Dolmetscher, Zeuge, Verfahren) übernehmen.
Darüber hinaus fordern wir
die sofortige Umwandlung aller geschlossenen Fürsorge- und Erziehungsanstalten in offene Einrichtungen bzw. in unabhängige, selbstverwaltete Jugendwohngemein-
schaften.
Blatt. Stadtzeitung für München 164 vom 25. Januar 1980, 26 f.