Flusslandschaft 1970
Lebenshaltungskosten
„Bierpreiswucher. Die ‚Wies‘n‘ ist dem Namen nach immer noch ein Volksfest. Allem Anschein nach entwickelt sie sich aber noch mehr als bisher zum Fest der Festwirte nach dem Motto ‚Statt 14 Tage Urlaub im Jahr – 14 Tage groß verdienen’. DM 2.75.– ist ein stolzer Preis für eine knappe Halbe. Da war nun in den letzten Tagen viel von einem ‚Preisbrecher‘, von der ‚Preissenkung‘, der wahrhaft patriotischen Tat des Hühnermillionärs JAHN die Rede. Es scheint, als hätte man in den Redaktionsstuben das Rechnen verlernt, denn bisher kostete die Wies’n-Maß (immerhin schon) DM 2.50. Es geht also um 15 oder 25 Pfennig Preiserhöhung, nicht um eine Preissenkung. Das sollte man nicht vergessen, wenn Münchens Regierender am 19. September un 12 Uhr mit ge-
konntem Schlag den Wechsel in die Dividendentrommel der Großbrauereien haut. Sollen sie ihre Fässer anzapfen, nicht jedoch UNSERE GELDBEUTEL!“1
„Wies’nbierpreis zu hoch. – Auch der Vorstand des DGB-Kreises München hat sich mit der geplan-
ten Erhöhung des Bierpreises beim diesjährigen Oktoberfest befaßt. Er ist der Auffassung, daß die Nettoerhöhung um 27 Pfg. in keiner Weise gerechtfertigt ist. Selbst wenn von einer Erhöhung der Löhne und Gehälter gesprochen wird, ist eine Preissteigerung in der beabsichtigten Höhe keines-
wegs gerechtfertigt, sondern dient nach Überzeugung der DGB-Vorstandsmitglieder vor allem der Erhöhung der Gewinnspanne. Der Vorstand stellt es in das Ermessen jedes einzelnen, aus der ge-
planten Preiserhöhung für das diesjährige Oktoberfest selbst die geeigneten Konsequenzen zu ziehen.“2
1 Westendzeitung. Wohngebietsgruppe Westend der Deutschen Kommunistischen Partei Nr. 2 vom September 1970, Sammlung Zingerl, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung
2 Münchner Ausblick. Mitteilungen der Gewerkschaft Handel – Banken – Versicherungen HBV, Ov. München 7/8/9 vom September 1970, 2.