Flusslandschaft 2013
Kapitalismus
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Don’t hate the player – hate the game.2
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In der Rüdesheimerstraße in Untersendling im März
„Müssten die Verbraucher nicht ständig neue Produkte kaufen, weil die alten zu früh kaputtgehen, blieben ihnen im Jahr 100 Milliarden €uro übrig.“4
Am 12. April fährt um 11.55 Uhr, also „Fünf vor Zwölf“, ein „feiner Milliardär“ mit dicker Zigarre aus Geldscheinen im Mund in einer Fahrradrikscha über den Max-Joseph-Platz. An der Seite der schwarzen Rikscha steht auf einem Plakat: „I ♥ $ & €“. Die Münchner Mitglieder von umfairteilen veranstalten mit Unterstützung des Selbsthilfezentrums München (SHZ) hier an der Ecke Resi-
denz-/Maximilianstraße mit etwa achtzig Teilnehmern einen Flashmob. Organisiert ist er wie eine Kundgebung mit Transparenten und Schildern. Auf einem Plakat heißt es: „Lieber Krach schlagen als Kohldampf schieben!“5
Am 5. Oktober verteilt Attac München Gutscheine für einen Kaffee und ein Gratis-Muffin. Star-
bucks löst sie aber nicht ein.6
Hundertmal totgesagt, erfindet er sich immer wieder neu. Unersättlich erobert er die Welt. Nichts und niemand ist vor ihm sicher. Was ihm in die Quere kommt, eignet er sich an, weidet es aus, bis nur noch eine leere Hülle bleibt.7
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„Erfolg, Triumph“ in der Zufahrt zum Pathos-Transport in der Dachauer Straße 110 in Neuhausen
Im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung vom 30. November/1. Dezember empört sich ein Herr Beise über den Papst, der in seiner Exhortatio Apostolica „Evangelii Gaudium“ behauptet, dass das herrschende Wirtschaftssystem „tötet“. Dieser „pauschalen Verurteilung“ hält Beise entgegen, dass es „Fehler an einigen Stellen des Ordnungsgerüsts“ gebe, mehr aber nicht. Bernd Schröder ist darüber unzufrieden, schreibt einen Leserbrief und weiß zugleich, dass dieser mit Sicherheit nicht abgedruckt wird: „Wie gut, dass es Marc Beise gibt, / der seit Jahren unverdrutzt / jedermann herunterputzt, / der das Kapital beschmutzt. – Der Papst irrt also, erzählt uns Beise.
So habe Franziskus nicht dahin geschaut, wo ‚die Dinge in Ordnung sind‘, wie beispielsweise in Deutschland. Somit bediene der Papst ‚Ressentiments‘ und ‚führe die Menschen in die Irre‘. Wie gut, dass wenigstens Beise uns nicht in die Irre führt; aber der kennt ja Unternehmer, welche Art. 14 GG ‚praktisch leben‘ – na, wenn da nicht wirklich alles in Ordnung ist! Ach SZ, früher gab es doch z.B. mal einen Volker Wörl, der im Wirtschaftsteil ehrenwerte Kommentare geschrieben hat – heute muss man unentwegt Beises gebetsmühlenartig wiederholte Kapitalismus-Apologien lesen. Bernd Schröder“9
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Im Glockenbachviertel
Konstantin Wecker und Prinz Chaos II. veröffentlichen einen „Aufruf zur Revolte. Eine Polemik“. Lade ihn runter unter: www.randomhouse.de/Aufruf_zur_Revolte_Eine_Polemik_von_Konstantin_Wecker_und_Prinz_Chaos_II/aid48077.rhd?mid=10335
„Bei dem Public Viewing der Marktkurse ergreift die Invisible Hand die im Börsenfieber durchge-
schwitzten Weißhemden und sie tanzen nach ihrer Musik: Algorythm & Blues.“11
1 Grafik: Bernd Bücking. In: Conrad Schuhler, Der Überfall der Banken. Wie die Banken die Gesellschaft ruinieren und wie sie an die Kette zu legen sind, isw-Report Nr. 92, Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung München e.V., April 2013, 15.
2 Siehe dazu auch die Zeichnung von Steve Geshwister unter www.linophil.de/worldwar-z/
3 Foto © Volker Derlath
4 Süddeutsche.de vom 20. März 2013
5 Siehe www.umfairteilen.de, www.muenchen-sozial.de und www.sozialpolitischer-diskurs-muenchen.de.
6 Siehe https://www.attac-muenchen.org/archiv-muenchen/2013-10-05-hunderte-von-gefaelschten-starbucks-gutscheinen-in-muenchen-verteilt.
7 Siehe „Revolution in der BMW-Welt“ von Franz Gans.
8 Foto © Volker Derlath
9 Nachricht vom 17. Dezember 2013
10 Foto © Volker Derlath
11 Manfred Ach, Süßes und Saures. Most vom Mönch, München/Wien 2013, 6546.