Materialien 1969

das andere kino

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was wollen wir mit diesem kino wir die sog unabhängigen filmmacher wir wissen dass es unsinn ist zu glauben ein apparat wie der des üblichen kinos ließe sich durch irgendwelche bedenken neu gruppieren wenn man um geld zu erlangen menschen anderer meinung einfach vernichten lässt und dies ist möglich wie kann man dann von einem mächtigen apparat verlangen durch angemel-
dete bedenken das noch immer so gut mit der unwissenheit und heuchelei florierende geschäft aufzugeben wenn auch nur zu einem teil um die wenigen auch zu wort kommen zu lassen verständ-
lich

druck von außen wenig verständnis keine finanziellen mittel publikum das wartet wittert um zu verachten es riskiert ja nichts dabei alles keine gründe um nicht die filme zu machen die man ma-
chen möchte und neben den eigenen konzessionen auch noch darauf zu achten andere nicht zu verletzen denen sie nicht in das konzept passen der die macht zur verfügung hat wird sie sowieso dagegen gebrauchen nichts ist so gewiss

wie soll man sie formulieren die unruhe gegen diese eingespielte bis zur langweile perfekte filmin-
dustrie improvisieren im kino hilflosigkeit toleranz gegenüber anderen meinungen filme die nichts mehr mit film zu tun haben gehen kommen ungebunden ohne zwang kritisieren und vor allem die voraussetzung selber filme zu machen und sich der kritik und den missverständnissen aussetzen

die technik ermöglicht es filme billig und praktisch für jedermann erschwinglich herzustellen ein ganz wichtiger umstand der schon bedeutend mehr freiheit garantiert als es das übliche kino mit schwerfälligen vertriebsapparaturen je könnte finanzielle mitbeteiligung geht auf kosten der per-
sönlichen meinung darum müssen wir die wir filme außerhalb des etablierten kinos machen wollen selbst dafür sorgen dass wir sie machen können frei ohne zwang und ohne uns anzulügen und dass sie dorthin gelangen weshalb wir sie überhaupt machen

ein ort an dem wir uns frei mit den dringlichsten anliegen auseinandersetzen jeden zu wort kom-
men lassen jeder kritik üben und man für sich persönlich wertvolles entdecken kann

wir werden versuchen keine richtlinien aufzustellen wie man filme machen sollte äußerungen von heute können morgen sich als falsch herausstellen so sollten sie die ganze sache auch sehen jeder der unzufrieden ist kann versuchen etwas neues hier zu entdecken nur muss er mit einkalkulieren dass er es nicht findet eine sache die immer in bewegung ist hat den vorteil der immer neuen mög-
lichkeiten jedoch ohne garantien

dem filmmacher gehört das kino was zum vorführen seiner filme notwendig ist und realisiert wer-
den kann wird getan jeder kann kommen und verlangen dass seine filme gezeigt werden unser persönlicher standpunkt kann sich nur im kino widerspiegeln alles andere sind immer nur mei-
nungen einzelner und sollen es auch sein eine entscheidung nimmt einem niemand anderer ab der sie gefällt hat muss sie auch verantworten auch kritiker sollen beachten dass sie nur ihren stand-
punkt vertreten falls sie das überhaupt noch können gefährlich wird es wenn für unwissende der eindruck entsteht was sie sagen sei allgemeingültig

viele haben uns vor beginn den ratschlag gegeben nie so schweinische filme zu zeigen na ja schwei-
nisch so glauben wir kann vieles sein vietnam biafra cssr griechenland amerika deutschland udssr oder andere schweinereien


Beigabe zum Infozettel des undependent film center vom 7. Juni 1969, Flugblattsammlung, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung

Überraschung

Jahr: 1969
Bereich: Alternative Medien