Flusslandschaft 2015
Gewerkschaften/Arbeitswelt
- DGB
- Amazon
- Bauarbeiter
- Deutsche Bahn
- Giesecke & Devrient
- Lufthansa
- Metallbetriebe
- Öffentlicher Dienst der Länder
- Postbank
- Siemens
- Sozial- und Erziehungsberufe
DGB
Die Zahl der Allein-Selbstständigen hat in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Nicht nur haben ehemalige Erwerbslose eine Existenz gegründet, Arbeitgeber „sourcen“ betriebliche Kern-
aufgaben an „externe“ Dienstleister_innen auf der Basis von Honorarverträgen „out“. Damit umgehen sie ihre Pflichten aus der Sozial- und Unfallversicherung, dem Kündigungs- und Mut-
terschutz, der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und boykottieren Mitbestimmungsrechte. Oft werden die gezahlten Honorare den für die Honorarkräfte dadurch entstehenden Risiken und Belastungen nicht gerecht; verhältnismäßig kurze Auftrags-Laufzeiten und die offene Frage der Folge-Beauftragung minimieren überdies für die Betroffenen ihre Planungssicherheit. Es ist nicht einfach für die Gewerkschaften, mit den „neuen“ Selbständigen in Kontakt zu kommen.
125 Jahre Erster Mai. Bei strömendem Regen demonstrieren immerhin 3.000 Menschen vom Gewerkschaftshaus zum Marienplatz.1
Am 24. Juli stirbt Knut Becker. Der Autor dieser Zeilen vergisst nie, dass Becker ihm einmal sagte: „Wir sollten uns nicht fragen, was wir dürfen, wir sollten uns fragen, was wir wollen.“2
AMAZON
Ohne Druck kann ein weltweiter Monopolist wie amazon nicht klug werden. Die aktion./.arbeits-
unrecht ruft deshalb kurz vor Weihnachten zum Konsumverzicht auf: Unterstützen wir die Strei-
kenden in Bad Hersfeld, Leipzig und an anderen Standorten!
BAUARBEITER
7. Mai, Donnerstagnachmittag: 30 bosnische Bauarbeiter, die unter anderem auf der Baustelle des Luxus-Wohnprojekts Glockenbachsuiten gearbeitet haben, demonstrieren wegen ausstehender Löhne, die ein slovenischer Subunternehmer zahlen müsste. Die deutschen Unternehmen, die den Subunternehmer beauftragt haben, wiegen sich in Unschuld. Am Abend werden die Löhne für Februar und März ausgezahlt, Mitte Mai soll der Lohn für April gezahlt werden.
DEUTSCHE BAHN
Bundesarbeitsministerin Nahles (SPD) plant ein „Tarifeinheitsgesetz“, in dem nur noch die Ge-
werkschaft tariffähig sein darf, die bei sich die meisten Mitglieder einer Berufsgruppe organisiert. Damit die im Vergleich zur Branchengewerkschaft EVG kleinere Lokomotivführergewerkschaft GDL überhaupt in der Zukunft eine Chance hat, muss sie, um ihre Zuständigkeit zu behaupten und auszuweiten und ihre Mitgliedschaft zu vergrößern, streiken, bevor das neue Gesetz in Kraft tritt. Auf der anderen Seite hält der Bahnvorstand die GDL mit allen Kniffen und Tricks hin; er weiß, das neue Gesetz wird das Problem von selber lösen. Der Bahn-Streik beginnt in München am Dienstag, 5. Mai, um 7 Uhr in der Frühe. Am Donnerstag, 7. Mai, findet eine Protestkundgebung der GDL statt. Am Mittag des 10. Mai, Sonntag, soll zumindest die S-Bahn wieder regelmäßig fahren.4
GIESECKE & DEVRIENT
Der Banknoten- und Kartenhersteller Giesecke & Devrient will rund 800 Arbeitsplätze streichen. Am 11. Februar protestieren 500 Menschen, die meisten von ihnen Beschäftigte bei G&D, vor dem Münchner Rathaus. Ludwig Hankofer von ver.di sagt: „… In einer Veranstaltung mit dem irrefüh-
renden Namen ‘Dialog mit der Geschäftsleitung’ wurde den Kolleginnen und Kollegen ein gnaden-
loser Plan zur Kostenreduzierung und zum Personalabbau vorgelegt. Allerdings gab die Unterneh-
mensleitung ihre Entscheidung knallhart ohne jeglichen Dialog bekannt … Ich appelliere an die Verantwortlichen unserer Stadt, an die Parteien und an alle Bürger: Lasst die Kolleginnen und Kollegen von G&D jetzt nicht alleine. Schaffen wir Solidarität und unterstützen die Betroffenen im Kampf um ihre Arbeitsplätze.“5
Die Gewerkschaft ruft am Dienstag, 24. Februar, zu einem ersten 24-stündigen Warnstreik in München auf. Am Streik beteiligen sich rund 270 Beschäftigte. Der Banknotendruck und das Dienstleistungszentrum DLC, in dem Chipkarten personalisiert werden, stehen still. Der Bank-
notendruck soll nach Plänen des Unternehmens geschlossen werden, das DLC an einen nicht genannten „kostengünstigeren“ Standort verlagert werden. Die Streikbeteiligung in diesen Produktionsbereichen liegt nahezu bei 100 Prozent.
„Auf einer Betriebsversammlung am Dienstag, 10. März, mussten wir jedoch ganz den Eindruck gewinnen, dass die Geschäftsführung auch mit dem Betriebsrat nicht wirklich verhandeln will, schon gar nicht über den erschreckenden und überraschenden Umfang des Arbeitsplatzabbaus“, meint Sabine Pustet, zuständige Gewerkschaftssekretärin. „Augen zu und durch“ sei offenbar das Handlungsmotto der Geschäftsführung. Im Verlauf der Betriebsversammlung mit rund 900 Teil-
nehmern fordert der Betriebsratsvorsitzende die Anwesenden dazu auf, unter die Sitzfläche ihres Stuhles zu schauen, weil dort ein kleines Geschenk befestigt sei. Jede/r dritte fand eine rote Karte als Symbol für die zu erwartende Kündigung, die anderen fanden ein Pfeiferl. Der Betriebsratsvor-
sitzende bittet die Menschen mit der roten Karte aufzustehen. „Es war ein herzzerreißendes Bild, das sich so ergab. Aber das gellende Pfeifkonzert der Kollegen und Kolleginnen als Meinungs-
äußerung gegen die beabsichtigten Entlassungen lässt hoffen, dass wir den notwendigen Druck für eine Verhandlungsbereitschaft der Geschäftsführung erzeugen können“, sagt ver.di. Die Gewerk-
schaft ruft am Donnerstag, 12. März, zu einem zweitägigen Warnstreik auf. Am 13. März protestiert von 9 bis 11 Uhr eine Menschenkette vom Haupteingang in der Prinzregentenstraße bis zum Tor in der Vogelweidestraße gegen den angekündigten radikalen Arbeitsplatzabbau.
Am 21. April, dem 15. Tag ihres Streiks, versammeln sich 100 Kolleginnen und Kollegen vor dem Museum Fünf Kontinente in der Maximilianstraße. Hier soll ein „Gesellschafteressen“ der Eigen-
tümer und des Vorstands stattfinden. Auf Transparenten steht „Ein Prosit auf Eure Gewinne und unsere Not?“ und „Lasst uns die Butter auf dem Brot!“. Das „Gesellschafteressen“ findet daraufhin in den Verwaltungsräumen des Betriebs statt. Die Demonstrantinnen und Demonstranten rufen: „Sie sind nicht da — wir sind hier — wir haben sie vertrieben!“
Nach 35 Streiktagen hat die Belegschaft zwar einen Stellenabbau nicht verhindern können, aber zumindest einen Tarifvertrag durchgesetzt und einen Sozialplan vereinbart.
LUFTHANSA
Seit Montag, 16. März, streiken die Piloten. Die Vereinigung Cockpit (VC): Bei Verhandlungen der Tarifparteien Mitte vergangener Woche sind keine Fortschritte beim Thema Übergangsversorgung erzielt worden.
Die Gewerkschaft ver.di hat Probleme. Neben ihr gewinnen Spartengewerkschaften an Einfluss: Die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO), die Technikgewerkschaft im Luftverkehr (TGL), die Arbeitnehmergewerkschaft im Luftverkehr (AGIL) und seit Ende September die Indu-
striegewerkschaft Luftverkehr (IGL). Diese so genannten Berufsgewerkschaften kritisieren, dass die DGB-Gewerkschaft mit der Lufthansa ein „Bündnis für Wachstum und Beschäftigung“ abge-
schlossen hat. Dies sei Ausdruck einer „sozialpartnerschaftlichen und keiner kämpferischen Hal-
tung“. Seit Montag, 9. November, streikt das Flugbegleitungsperonal bei Langstreckenflügen.
METALLBETRIEBE
Rund 4.300 Beschäftigte schieben am 28. Januar, Mittwoch, vor der 2. Tarifverhandlung mit einem Demozug und einer Kundgebung unter dem Motto „Wir für mehr“ die Forderungen der IG Metall nochmal kräftig an.6 Bei BMW wird für Dienstag, 3. Februar, um 9.15 Uhr zum Warnstreik aufgerufen. Am 10. Februar streiken 200 bei Siemens in Perlach. Am 13. Februar streiken 150 bei Iwis. An diesem Tag haben in den letzten Wochen insgesamt gut über 100.000 in ganz Bayern gestreikt, am 23. Februar sind es 171.700. Die IG Metall Bayern einigt sich am Dienstag, den 24. Februar, in der vierten Tarifverhandlung mit dem Arbeitgeberverband vbm auf einen Tarifab-
schluss für die bayerische Metall- und Elektroindustrie: 3,4 Prozent Entgelterhöhung, verbesserte Altersteilzeit und guter Einstieg in die Bildungsteilzeit.7
ÖFFENTLICHER DIENST DER LÄNDER
Vor der dritten Verhandlungsrunde, die am 16./17. März stattfindet, ruft ver.di zu einem ganztä-
gigen Warnstreik am Freitag, 13. März auf. Die Kundgebung findet um 10 Uhr vor dem Finanz-
ministerium am Odeonsplatz 4 statt. 3.500 Kolleginnen und Kollegen demonstrieren. Auf dem Transparent der Auszubildenden steht: „Ihr könnt uns mal … übernehmen!“
Donnerstag, 26. März: ver.di fordert für die rund 350.000 Tarifbeschäftigten, Landesbeamten und Kommunalbeamten in Bayern eine Erhöhung der Tarifgehälter und der Beamtenbesoldungen um 5,5 %, mindestens aber um 175 Euro monatlich. Die Bundesländer haben auch in der 3. Verhand-
lungsrunde kein Angebot zur Entgelt- und Besoldungserhöhung vorgelegt. Stattdessen halten sie weiter an ihrem Vorhaben, Eingriffe in das Leistungsrecht in der Altersversorgung durchsetzen zu wollen, fest. Vor der nun schon vierten Verhandlungsrunde, die am 28. März beginnt, ruft die Ge-
werkschaft zu einem ganztägigen Warnstreik am 26. März auf. Die Streikenden demonstrieren um 11 Uhr von der Ludwig-Maximilians-Universität durch die Maxvorstadt und sammeln sich dann vor dem Finanzministerium am Odeonsplatz 4 zu einer Kundgebung.
POSTBANK
Der Vorstand der Deutschen Bank (DB) ist nicht bereit, öffentliche Mutmaßungen über einen Ver-
kauf der Postbank zu dementieren. Dadurch ist die Unsicherheit und die Angst der Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze stark angewachsen. Deshalb fordert ver.di in den diesjährigen Tarifver-
handlungen für die Mitarbeiter der Postbankfilialen auch die Verlängerung des Kündigungs-
schutzes, fordert für die rund 9.500 Beschäftigten der Postbank Filialvertrieb AG fünf Prozent mehr Gehalt bei einer Laufzeit von zwölf Monaten, die Verlängerung des Kündigungsschutzes bis Ende 2020, eine Angleichung der Ausbildungsvergütung auf das Postbankniveau und die Weiter-
führung der Postbankzulage. Für die rund 2.700 Beschäftigten der Postbank AG, Firmenkunden AG und BHW-Gruppe fordert die Gewerkschaft einen Vorruhestand mit Rechtsanspruch sowie den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2020. Nachdem die DB als Eigentümerin der Postbank nicht bereit ist auf die Forderungen der Gewerkschaft einzugehen, ruft ver.di zu
einer Urabstimmung auf, die noch bis 18. April läuft. Damit stimmen die Gewerkschaftsmitglieder darüber ab, ob sie bereit sind, in einen zeitlich unbefristeten Durchsetzungsstreik zu gehen. Am Gründonnerstag, 2. April, ruft die Gewerkschaft die Beschäftigten der Postbankfilialen zu einem ganztägigen Warnstreik auf. Die Protestkundgebung findet um 11.30 Uhr vor der Filiale am Goetheplatz statt.
SIEMENS
Am Freitag, 6. Februar, teilt Siemens mit, dass der Konzern 7.800 Stellen streichen wird, davon 3.300 in Deutschland. Der Konzern beschäftigt weltweit 342.000 Menschen. Vor allem die 400 MitarbeiterInnen am Standort Perlach sind betroffen. Am 14. April verhandeln hier Vertreter des Gesamtbetriebsrats mit Vertretern der Firma. Viele der Beschäftigten nutzen die Gelegenheit zu einer spontanen Protestaktion.
SOZIAL- und ERZIEHUNGSBERUFE
Freitag, 20. März, ganztägiger Warnstreik im Ballungsraum München! Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst werden überwiegend noch von Frauen ausgeübt. „Wenn die gleichwertige Bezahlung von Frauen und Männern kein Sonntagsgeschwätz in Talk-Runden bleiben soll, dann muss die Politik jetzt mit der Bezahlung der Arbeiten im Sozial- und Erziehungsdienst anfangen“, so ver.di-Gewerkschaftssekretärin Merle Pisarz. „Insofern ist es kein Zufall, dass wir ausgerechnet am Equal-Pay-Day zum Warnstreik aufrufen.“ Betroffen sind insbesondere Einrichtungen der Landeshauptstadt München sowie von Städten und Gemeinden in den Landkreisen rund um München. Die Streikenden sammeln sich zur Eintragung in die Streiklisten im Hacker-Pschorr Bräuhaus, Theresienhöhe. 7, 7.30 Uhr. Um 10 Uhr startet der Demonstrationszug, die Kund-
gebung beginnt dann am Stachus ab 11 Uhr.
Die Gewerkschaft ruft für Mittwoch, 8. April, in München zu einem weiteren ganztägigen Warn-
streik bei den Einrichtungen der Landeshauptstadt München auf. Die Streikenden treffen sich ab 7.30 Uhr im DGB-Haus in der Schwanthalerstr. 64 zur Eintragung in die Streiklisten. Von 9 Uhr bis 10 Uhr findet eine Streikdelegiertenversammlung in der Kantine „Salettl“ statt. Parallel dazu bereiten sich ehrenamtlich Aktive in diversen Workshops auf weitere Streik- und Aktionstage vor. Von 10.30 bis 11.30 Uhr versammelt sich eine Abordnung von rund 300 Streikenden auf dem Stachus. Sie informieren dort die Bürgerinnen und Bürger über ihre Forderungen.
Die kommunalen Arbeitgeber hatten in vier Verhandlungsrunden (25.2., 23.3., 8.4. und 16.4.) die Möglichkeit, ihre Bereitschaft, die Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst aufzuwerten, zu erklä-
ren. In der fünften Verhandlungsrunde am 20./21.4. haben sie nochmals eine letzte Chance, auf dem Verhandlungsweg eine Lösung herbeizuführen. Deshalb findet am 20. April bei den Kinder-
betreuungseinrichtungen der Landeshauptstadt München, in Dachau, Olching, Freising und Gras-
brunn sowie bei den Sozialen Diensten der Landeshauptstadt München, des Landratsamts Mün-
chen und des Kreisjugendrings München-Land ein Warnstreik statt. Die Beschäftigten der Kinder-
betreuungseinrichtungen aus Dachau treffen sich um 10 Uhr auf dem Rathausplatz zu einer Kund-
gebung. Daran nehmen auch Streikende aus München teil, die aus familiären Gründen nicht mit zur Großkundgebung nach Stuttgart fahren können. Auf der Kundgebung spricht Heinrich Birner, ver.di-Geschäftsführer für München & Region.
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Winkelement, das auf den Demonstrationen zum Einsatz kommt
ver.di ruft bundesweite zu unbefristeten Streiks in Kitas, Behindertenwerkstätten und Tages-
heimen auf. Städtische Einrichtungen in München werden ab dem 11. Mai, Montag, bestreikt, voraussichtlich für mindestens 14 Tage. Am ersten Streiktag gibt es in München um 12 Uhr eine zentrale Kundgebung auf dem Stachus.
1 Siehe Text und Fotos vom „ersten mai“ von Günther Gerstenberg.
2 Siehe die „Rede für Knut Becker“ am 19. September im Münchner Gewerkschaftshaus von Sepp Rauch.
3 Siehe www.aktion.arbeitsunrecht.de/.
4 Siehe www.gdl-m.de.
5 Siehe www.facebook.com/IGMetallBayern und www.igmetall-bayern.de.
6 Siehe die Fotos von Werner Rauch unter http://www.galerie-arbeiterfotografie.de/galerie/reportage/index.html.
7 Siehe www.facebook.com/IGMetallBayern.
8 Archiv der Münchner Arbeiterbewegung