Materialien 2015

Halt die Fresse!

Die „Rechte“ demonstriert an der Ecke Bayerstraße/Schützenstraße. Auf dem
Weg dorthin gehe ich vom Gewerkschaftshaus aus durch die Schwanthalerstraße.


Es ist kaum ein Durchkommen. Trachtenträger*innen eilen zur Wiesn. Von Balkonen herunter werden Wiesnbesucher freudig begrüßt. Erste Schwaden von Bierdunst und süßlich Erbrochenem wehen herüber.


In der Bayerstraße hat die Polizei ein Karree errichtet. In ihm halten sich etwa dreißig „Rechte“ auf. Gegenüber am Straßenrand demonstriert die Antifa. Polizisten schreiten ein. Die Linken sollen gehen. Ein Argument: Der Publikumsverkehr der Straßenbahn soll nicht gestört werden.


Die Linken wehren sich: „Wieso sollen wir gehen? Auf dem Bahnsteig stehen auch Pegida-Leute. Die dürfen offenbar bleiben!?“


Der kommandierende Polizist fuchtelt herum, will, dass die Linken den Straßenbahnhalte-
stellenbereich verlassen. Ich, alt, weißhaarig mit Brille, sitze auf einer der Wartebänke. Der Polizist: „Sie können hier sitzen bleiben, alle anderen müssen gehen!“


Polizisten drängen die Gruppe mit dem roten Transparent zur Seite.
Der Sprechchor der Linken: „Wir sind friedlich, was seid Ihr?“


Im Durcheinander des Bahnhofsvorplatzes gelingt es immer wieder,
sich durchzuschlängeln. Der gerade geräumte Platz wird wieder besetzt.
Die Polizisten wirken zunächst überfordert, greifen dann aber zu.


Das Scharmützel hat auch sportliche Qualitäten.


Neues Gerangel


Die Rechten amüsieren sich über den forschen Einsatz der Polizei.


Überall passiert entscheidendes. Wohin fotografieren oder filmen?


Ein Gegendemonstrant hat das Dach des Wartehäuschens geentert.


Katz- und Mausspiel


„BeSi“ = Beweissicherung


Die schwarz gekleideten Polizisten mit betont neutralem Gesichtsausdruck demonstrieren Stärke und schüchtern ein, die Polizisten mit Mütze und in Uniform sind ausnehmend freundlich, lächeln und deeskalieren.


Es geschieht so viel, dass kaum jemand sich für die Rechten interessiert. Hasselbach redet von Überfremdung, Sozialabbau, Fremdbestimmung und Familienpolitik. Der Lärm der Gegen-
demonstranten ist ohrenbetäubend.


Inzwischen haben die Polizisten resigniert, den Autoverkehr unterbunden und dort eine neue Absperrung errichtet, wo sie zuvor die Gegendemonstranten vertrieben haben. Ein Beamter sichert die Absperrgitter mit Kabelbindern.


Nachdem ein Redner der „Rechten“ Tatsachen verdreht und gegen Asylsuchende hetzt, rufe ich laut „Halt die Fresse!“. Ein fein gekleideter Herr herrscht mich an: „Ich will diese Rede hören. Ich schlag Dir jetzt gleich selbst in die Fresse. Was machst Du dann?“. Ich: „Dann schlag ich zurück!“ Der gut gebaute, junge Autonome, der neben mir steht, dreht sich jetzt auch um und schreit den Mann an, der sich verdrückt. Danke!


Bedeutungsvoll hängen die bayrischen Fahnen. Der rechte Redner argumentiert „links“, erwähnt den US-Imperialismus, spricht von der Verantwortung des Westens für die katastrophalen Zustän-
de im Nahen Osten, betont die verhängnisvolle Tatsache, dass Deutschland der drittgrößte Waffen-
exporteur der Welt ist, seine Schlussfolgerungen sind allerdings äußerst fragwürdig.


Text und Fotos: Richy Meyer

Überraschung

Jahr: 2015
Bereich: Rechtsextremismus