Materialien 2015

herbsttristesse


Am Odeonsplatz demonstrieren aufgerufen von „München ist bunt“ ab 17 Uhr 2.000 Menschen. Zur gleichen Zeit wird die Münchner Freiheit sehr weiträumig für Pegida abgesperrt, die für 19 Uhr ihre Kundgebung angemeldet hat.


Die Behörden hoffen, dass sich die Gegendemonstranten im weiten Umfeld verlieren.
Für Pegida ist es auch nicht schön. Auch sie verlaufen sich auf diesem Platz.


Von weither ist eine Trompete zu hören.


Die Alternative Liste der Hochschule für Politik singt „Die Moorsoldaten“,
die „Edelweißpiraten“, „Bella Ciao“ und „Let it be“ von den Beatles.


Ganz allein auf weiter Flur flaniert eine Dame gegen den Ungeist der Zeit, bis sie …


… endlich die ersehnte Aufmerksamkeit gefunden hat.


Ein Beamter meint zu seinem Kollegen, es handele sich bei ihr sicher um eine narzistische Störung.


Einige Nachzügler kommen. Schließlich sind etwa 100 Pegida-Anhänger versammelt.


Gegen 18 Uhr begann mit 750 Kundgebungsteilnehmern am Sendlinger-Tor-Platz eine weitere Versammlung gegen Krieg und Rassismus. Deren Demo führt über den Marienplatz zum Geschwi-
ster-Scholl-Platz. Die Gegendemonstranten wollten weiter nach Norden marschieren und wurden am Siegestor von Polizeiabsperrungen gestoppt. Einige Demonstrantinnen und Demonstranten verschwinden daraufhin in der U-Bahn-Station „Universität“ und fahren von dort eine Station weiter zur Münchner Freiheit. Hier werden die Gegendemonstranten immer mehr.


Auf einem Pegida-Plakat heißt es: „Die bunten Pfeifen, von den Lügen der Medien und Politik in ihrer Meinung versklavt, sind link, billig und mit den zwei Windungen zu kognitiven Fähigkeiten nicht in der Lage. ‘Falls Freiheit überhaupt irgendetwas bedeutet, dann bedeutet sie das Recht darauf, den Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen.’“


Unter den Pegida-Fahnen fallen zwei israelische auf. Der Redner erinnert unter anderem an
die „Reichskristallnacht“ und versichert allen Jüdinnen und Juden die Solidarität der Kund-
gebungsteilnehmer.


Unterdessen wurde die Blockade am Siegestor aufgehoben. Die Demonstration vom Odeonsplatz trifft unter lautem Applaus der AntifaschistInnen auf der Münchner Freiheit ein. Die Menge skandiert: „We say loud and we say clear, Refugees are welcome here.“


Auf einem weiteren Pegida-Plakat heißt es: „Heiliger Karl von Lothringen,
Seliger Jan Sobieski, Edler Ritter Eugen – bittet für uns jetzt wie 1683“


Die Überzahl der Gegendemonstranten – es sind etwa 3.000 – verhindert,
dass Pegida seine Demonstration zum Siegestor durchführt.


Der Abmarsch der Kundgebungsteilnehmer wird von Polizeikräften gesichert.
Etwa 400 Polizistinnen und Polizisten sind im Einsatz.


Die Enttäuschung über die verhinderte Demonstration ist manchen anzusehen.


Solange Pegidisten die U-Bahnstation betreten und sich dort aufhalten,
ist der Zugang für Gegendemonstranten versperrt.


Text und Fotos: Franz Gans

Überraschung

Jahr: 2015
Bereich: Rechtsextremismus