Flusslandschaft 2016
Internationales
- Allgemeines
- Russische Föderation
- Mali
- Türkei und Kurdistan
- Demokratische Republik Kongo
- Peru
- Frankreich und Belgien
- Großbritannien
- Honduras
- Israel und Palästina
- Syrien
- Afrika
- USA
Allgemeines
Nach der Hauptversammlung von Siemens am 26. Januar in der Olympia-Halle steigen die Aktien. Chef Joe Kaeser verspricht den versammelten Aktionärinnen und Aktionären eine glänzende Zu-
kunft. Ab 8.30 in der Frühe versuchten Kritische Aktionärinnen und Aktionäre, das Ökumenische Büros für Frieden und Gerechtigkeit, Pro Regenwald und GegenStrömung die Besucher auf das problematische Engagement des Konzerns hinzuweisen. Sie forderten ein sofortiges Umsteuern beim Konzernhandeln. Die meisten Besucher interessierte das aber nicht, sie interessierte nur der Aktienkurs und die Ausschüttung. Die NGOs: Siemens-Staudammgeschäftspartner bedrohen Men-
schen und Umwelt – Im Zentrum der Kritik steht seit 2013 die Siemens-Beteiligung am Wasser-
kraftturbinenhersteller Voith Hydro. Siemens verstößt nach Auffassung der NGOs durch seine Be-
teiligung gegen die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, gegen die Konventio-
nen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die Empfehlungen der Weltstaudammkom-
mission und vor allem gegen die eigenen Corporate Governance-Richtlinien. „Voith Hydro liefert unseren Recherchen zufolge an solch katastrophale Projekte wie Belo Monte, Jirau, Santo Antonio und Teles Pires (alle Brasilien), Cambambe II (Angola), einer Pressemeldung zufolge künftig auch an Gilgel Gibe III (Äthiopien) oder etwa an den Xiluodo-Staudamm in China“, so Caroline Kim von der Initiative GegenStrömung. „Allein beim Xiluodo-Damm geht es um die Zwangsumsiedlung von bis zu 180.000 Menschen.“ Voith Hydro – in Komplizenschaft mit Auftragskillern? – Brisant bleibt auch das Projekt „Agua Zarca“ in Honduras, aus dem sich der Weltbank-Ableger CAMIF und der chinesische Staudammbauer SINOHYDRO nach der Ermordung eines indigenen Gemeinde-
führers und den erbitterten Protesten der lokalen Bevölkerung 2013 zurückgezogen haben. „Dort kursiert seit Oktober 2015 eine Todesliste lokaler Auftragskiller mit den Namen von über 20 Stau-
dammgegner/innen“, berichtet Andrea Lammers, Honduras-Referentin des Ökumenischen Büros für Frieden und Gerechtigkeit in München. Die Praktiken der Betreibergesellschaft Desarrollos Energéticos S.A. (DESA), also des honduranischen Partners von Voith Hydro, sind mittlerweile auch bei europäischen Botschaften in Honduras und im deutschen Außenministerium aktenkundig geworden. Am 2. Dezember 2015 wurde ein Menschenrechtsbeobachter aus Spanien vom Sicher-
heitschef der DESA fotografiert und wenig später von zwei Männern mit dem Tod bedroht: „Sie guckten auf ihr Handy, sprachen mich als Spanier an und sagten, wenn ich jetzt nicht das Land verließe, dann müsse ich für immer bleiben. Dabei zeigten sie mir eine Waffe“, so der Bericht des Menschenrechtsbeobachters Luis Diaz de Teran. – Rohstoffe aus menschenrechtlich zweifelhafter Produktion und die eigene Zuliefererolle in der Kritik – Siemens bezieht Rohstoffe z.B. von der Firma Lynas, einem Aufbereiter Seltener Erden von dessen Werk in Malaysia, das die Gesundheit der Anwohner/innen gefährdet, oder verarbeitet Wolfram aus zwielichtigen kolumbianischen Minen. Nur zwei Beispiele einer langen Kette, bei denen der Mangel an Sorgfaltspflicht bei Sie-
mens sich konkret manifestiert. „Es ist der Unwillen von Siemens, sich endlich der Verantwortung für die Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu stellen“, kritisiert Christian Russau von den Kritischen Aktionären. „Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette darf nicht an einem falsch verstandenen Kosten-Nutzen-Verhältnis scheitern“, so Russau. Nicht weni-
ger skandalös ist die Siemens-Lieferung von Förderbandsystem an Glencores Kupfermine Tintaya Antapaccay in Peru. Im Rahmen einer staatlichen Untersuchung entnommenen Blut- und Urin-
proben der Anwohner/innen der Minen enthielten erhöhte Schwermetallkonzentrationen von Blei und Quecksilber. „Siemens interessiert dergleichen wohl erst, wenn die Aufträge aus den angren-
zenden Krankenhäuser zum Erwerb von Computertomographen bei Siemens Healthcare einge-
hen“, so Russau. – Ausbeutung von Teersanden ist extrem klimaschädlich – Zudem beteiligt sich Siemens als Ausrüster und mit neuen technologischen Lösungen an der Ausbeutung der kanadi-
schen Ölsande. So soll das Bitumen aus den Teersanden per kupferdrahtinduziertem Magnetfeld herausgeschmolzen werden. Siemens nennt diese Lösung besonders „nachhaltig“. „Doch die Aus-
beutung der Teersande und deren spätere energetische Nutzung sind besonders klimaschädlich“, meint Martin Glöckle von Pro Regenwald aus München. „In Zeiten des Klimawandels sind Ge-
schäfte, die auf der extrem klimaschädlichen Ausbeutung fossiler Rohstoffe beruhen, unzeitgemäß und nicht zu verantworten“, so Glöckle.1
Am 5. Februar wollen USA, Kanada, Chile, Peru, Mexiko (Kolumbien, Costa Rica) und auf der an-
deren Pazifikseite Australien, Japan, Malaysia, Neuseeland, Singapur, Vietnam (Südkorea, Taiwan, Philippinen, Indonesien, Indien, Thailand, u.a.) das Transpazifische Handels- und Investitions-
abkommen (TPP) verabschieden. Das Abkommens erleichtert Rohstoffausbeutung sowie Ausbeu-
tung des geistige Eigentums, verschlechtert die Gesundheitssysteme und verringert die Chancen der Länder, die eigene Bevölkerung vor grenzenloser Ausbeutung durch Großkonzerne zu schüt-
zen, wenn diese z.B. wegen Vorschriften zum Umweltschutz, für Regenwalderhalt oder für Arbeits-
rechte bei geheimen Schiedsgerichten auf astronomische Schadenersatz-Zahlungen klagen.
Im Juni eröffnet in München das „Innovationszentrum“ des UN-Welternährungsprogramms. Man-
che AktivistInnen sind davon nur mäßig begeistert.2
Am Mittwoch, 13. Juli, gehen Menschen von über 40 Organisationen vom Marienhof auf den Mari-
enplatz, schreiten über einen roten Teppich und unterschreiben das Volksbegehren gegen das EU-Kanada-Handelsabkommen CETA. Mit CETA käme TTIP durch die Hintertür und würde großen Konzernen weitere Privilegien geben. Umwelt- und Verbraucherschutz, Arbeitnehmerrechte und auch der Datenschutz werden zu „Handelshemmnissen“ erklärt. Bereits 2017 soll CETA in Kraft treten – möglicherweise ohne dass die Parlamente der Mitgliedsländer darüber abstimmen kön-
nen. Es droht Parallel-Justiz durch Investitions-Schiedsgerichte, Datenfreihandel und eine enorme Machtverschiebung zugunsten großer Konzerne. Bei der Kundgebung am 16. Juli unterschreiben Hunderte für ein Volksbegehren gegen CETA.3 Innerhalb von zwei Wochen erhält es bayernweit 70.000 Unterschriften. 25.000 wären nötig gewesen.
„Wenn die Europäer so leichtgläubig, unbedarft und untätig bleiben, wie sie derzeit sind, werden sie mit dem gesamten Westen untergehen. Wenn die Völker Europas aber endlich aufwachen, sich aus den Fesseln befreien, die Washington ihnen angelegt hat, und gegen die Agenten Washingtons, die sie regieren, revoltieren, könnten sie nicht nur sich selbst, sondern die ganze Welt retten.“ Paul Craig Roberts, unter Ronald Reagan einst Assistant Secretary of the US Treasury for Economic Po-
licy4
Am 17. September wird in sieben Städten, auch in München, gegen TTIP und CETA demonstriert. In München stehen bei der Auftaktkundgebung zwischen 23 und 25.000 Menschen zwischen der Feldherrnhalle und dem Siegetor.5 Im Frühjahr 2017 könnte es zum Volksbegehren kommen. Dann müssen mindestens 10 Prozent der Wahlberechtigten dafür ihre Stimme abgeben. Ist dies der Fall, kann der bayrische Landtag einen Volksentscheid anordnen. Dann entscheidet die einfa-
che Mehrheit.
Der Herausgeber dieser Seite »protest-muenchen« bekommt Ende November einen Brief von seinem italienischen Freund Leo. Dieser teilt ihm mit, dass es eine Talkshow gebe, die anders sei als die von Will, Lanz und Maischberger. Er schreibt: „Mein alter Freund, der über 80jährige Fulvio Grimaldi, streitet in dieser Reihe mit drei Deutschen über »Strukturen der Macht«. Schau mal rein und urteile selbst. Saluti!“6
Donald Trump wird Präsident der USA, Indien wird vom Hindu-Faschisten Modi regiert, auf den Philippinen übt Diktator Duterte Lynchjustiz, in Japan bestimmt der Reaktionär Abe seit Jahren die Politik, der Türke Erdoğan bekennt sich zu Hitler als Vorbild und in Europa sind reaktionäre und auch faschistische Kräfte auf dem Vormarsch … Noam Chomsky meint in seinem aktuellen Werk „Wer beherrscht die Welt? Die globalen Verwerfungen der amerikanischen Politik“: „Wer sich in den Dienst des Staates stellt, wird in der Regel von den Mainstream-Intellektuellen gelobt; wer diesen Dienst verweigert, muss mit Strafe rechnen.“
RUSSISCHE FÖDERATION
Für kurze Zeit hat vor dreißig Jahren die „Gorbi-Manie“ das alte Feindbild des „bösen Russen“ verdrängt, dann erneuerten sich die alten russophoben Reflexe. Da schaukelt sich heute etwas auf. Tatsächlich streuen russische Trollarmeen im Internet gezielt Desinformationen, um deutsche Institutionen zu destabilisieren, deutsche Dienste bringen sich im hybriden Krieg in Stellung, deutsche Leitmedien enttarnen Putins Absicht, Kanzlerin Merkel zu stürzen.7
MALI
Am 28. Januar beschließt der Bundestag, weitere Soldatinnen und Soldaten nach Mali zu schicken, „um den Terror einzudämmen“. Mali ist ein reiches Land. Der drittgrößte Goldförderer hat auch große Phosphatreserven, Erdöl, vermutlich Uran und zahlreiche Mineralien. Mali ist ein sehr ar-
mes Land. Die Bevölkerung hat nichts von den Bodenschätzen. Nur eine kleine Elite lebt in Saus und Braus. Goldabbau und Land-Grabbing durch internationale Agrarkonzerne entlang des Niger-Flusses entvölkern die Region und schaffen Elend, Armut und Perspektivlosigkeit. Da wird klar, dass militärische Mittel nur Symptome bekämpfen und nicht die Ursachen. Ganz im Gegenteil: Die bisherigen französischen Kampfeinsätze in Mali haben nicht zu einer Dezimierung der dschihadi-
stischen Anschläge geführt, sondern zu ihrer Ausweitung sogar in den Süden Malis und nach Bur-
kina Faso.
TÜRKEI und KURDISTAN
Am Samstag, 13. Februar, findet vor dem türkischen Generalkonsulat in der Menzinger Straße 3a um 11 Uhr eine Protestkundgebung gegen die aktuelle türkische und deutsche Regierungspolitik statt. Die Demonstrierenden fordern:
- Schluss mit der terroristischen Politik der türkischen Regierung nach Innen und Außen
- Demokratie für die Türkei
- Freiheit für alle Volksgruppen
- Weg mit Recep Tayyip Erdoğan und seinen Clan
- Gegen die Zusammenarbeit Deutschlands mit der Türkei
- Schluss mit der Unterstützung der terroristischen islamistischen Banden in Syrien, im Irak, in Jemen, in Afrika, in der Ukraine usw.
- Schluss mit der Unterstützung Deutschlands von Terrorismus unterstützenden Organisationen und Staaten
- Nieder mit allen Imperialisten
- Deutsches Militär, Deutsche Geheimdienste, raus aus allen Krisengebieten, speziell aus Syrien und dem Nahen Osten
Eine viertel Stunde vor 11 Uhr steht der Lieferwagen gegenüber dem türkischen Konsulat. Polizi-
sten wollen genau wissen, was auf der leeren schwarzen Fläche stehen wird. Die Demonstranten wollen „Erdoğan Terrorist“ schreiben. Nach einer angespannten Diskussion einigt man sich darauf, dass ein Fragezeichen die Aussage zu relativieren hat. Die Polizei nimmt Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft. Diese gibt grünes Licht.
Schon bald ist die kleine Kundgebung beendet.8 Die Leute wollen die Demonstration gegen die so genannte Sicherheitskonferenz nicht versäumen. Auch hier wird vor allem auf die Rolle der türki-
schen Regierung hingewiesen.9
10
Auf der arabischen Flagge steht „ya Hussein“, also „O Hussein!“ Hussein war ein Enkelsohn Mo-
hammeds und wurde mit einer kleinen Gruppe seiner Gefährten von den damaligen Islamisten im Jahre 680 nach der Zeitenwende abgeschlachtet.
Am Mittwoch, 17. Februar, werden in Ankara bei einem Terroranschlag 28 Menschen ermordet; 64 Menschen werden verletzt. Die türkische Regierung nutzt diesen Anschlag, dessen Täter und Hin-
tergründe noch überhaupt nicht aufgeklärt sind, als Vorwand, um massiv militärisch gegen die Be-
völkerung in Rojava und den kurdischen Befreiungskampf vorzugehen. Sie plant, mit Truppen ein-
zumarschieren. Sie scheint nur auf einen Vorwand gewartet zu haben, um ihre Pläne zur Aggressi-
on gegen den Kampf um Demokratie und Freiheit zu verwirklichen. Sie verbietet im Radio und Fernsehen jegliche Berichterstattung und Aufklärung über den Anschlag und lässt nur ihre Version zu, dass der Anschlag von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten Rojavas (YPG) verübt wor-
den wäre. Diese hat noch nie einen Anschlag in der Türkei verübt und distanziert sich eindeutig von dem Anschlag in Ankara.
Seit dem Putschversuch vom 15. Juli rollt eine Welle von Verhaftungen und Entlassungen über die Türkei hinweg. Mitte August werden 40.000 Festgenommene gezählt, davon bleiben über 20.000 in Haft, 79.000 Personen wurden aus ihren Berufen „entfernt“, 35 Privatkliniken, 1.060 Schulen, 800 Studentenwohnheime, 129 Stiftungen, 1.125 NGOs, 15 Universitäten, 19 Gewerkschaften, 130 Sender und Zeitungen und 29 Verlage wurden geschlossen.
Erdoğan ist dabei, in der Türkei eine Diktatur zu errichten und die gesamte Opposition auszuschal-
ten. Während er de facto ein Präsidialsystem durchgesetzt hat, tausende Menschen mit einer ande-
ren Meinung als Erdogan im Gefängnis sitzen und der Ausnahmezustand tobt, werden KritikerIn-
nen seiner Regierungspartei AKP auch hierzulande verfolgt. Zehn linken AktivistInnen wird in München weiterhin der Prozess gemacht. Er hat am 17. Juni vor dem OLG München als Mammut-Prozess mit 20 AnwältInnen und 23 Verhandlungstagen begonnen. Es handelt sich um den größ-
ten Staatsschutzprozess in Deutschland seit Jahrzehnten. Die Angeklagten waren Mitte April 2015 verhaftet worden. Der Vorwurf: Sie sollen das so genannte Auslandskomitee der TKP/ML (Türki-
sche Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten) gebildet haben. Die TKP/ML ist jedoch nur in der Türkei verboten. In Deutschland ist sie legal und steht auch auf keiner internationalen Terror-
liste. Zum Prozesstermin am Freitag, 23. September, findet ab 11.30 Uhr eine Solidaritätsdemon-
stration statt. Sie führt vom Münchner Gerichtsgebäude, Nymphenburger Straße 16, zum Stachus.
Am Freitag, den 4. November, findet eine Demonstration zum türkischen Generalkonsulat statt. Die Demonstrantinnen und Demonstranten fordern die Bundesregierung auf
• sich für die Freilassung der Inhaftierten und die Wiedereinsetzung der rechtmäßig gewählten BürgermeisterInnen, die verhaftet worden sind, einzusetzen,
• den völkerrechtwidrigen Flüchtlingsdeal sofort aufzukündigen,
• die Waffenlieferungen stoppen und die Bundeswehr aus der Türkei abzuziehen,
• die Beitrittsverhandlungen zur EU zu beenden,
• Sanktionen gegen Mitglieder der Regierung Erdoğan zu verhängen,
• das PKK-Verbot aufzuheben und
• die Verfolgung kurdischer Exilpolitiker durch die deutsche Justiz zu beenden.
Siehe auch Fotos vom „Internationalen Frauentag“ von Cornelia Blomeyer.
DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO
Vor 24 Jahren hat die diktatorische Regierung Mobutu Kongolesinnen und Kongolesen, die fried-
lich für die Fortsetzung des Demokratisierungsprozesses Zaires (heute: Demokratische Republik Kongo) demonstrierten, ermordet. Jetzt, nach einem Viertel des Jahrhunderts, steht das Land er-
neut vor einem Scheideweg: Entweder wird der eingeschlagene Demokratisierungsprozess weiter-
geführt oder es kommt zu einer neuen Diktatur wie unter der Herrschaft Mobutus. Bei der Wahl am 28. November 2011 gewann Präsident Kabila nur mit Hilfe eines massiven Wahlbetrugs. Wäh-
rend immer mehr Menschen im Kongo zur Verteidigung der kongolesischen Verfassung aufrufen, bewaffnet sich 2016 die Regierung und bereitet sich darauf vor, jeden Kampf gegen die dritte ver-
fassungswidrige Amtsperiode Kabilas mit militärischen Mitteln niederzuschlagen. Viele junge poli-
tische Aktivisten werden heute willkürlich festgenommen, ohne dass die Regierung dafür zur Re-
chenschaft gezogen wird. Die internationale Gemeinschaft, besonders Deutschland, sollte nicht da-
rauf warten, bis syrische Verhältnisse im Kongo herrschen. Und: Die Kongolesen, die es geschafft haben, vor dieser neuen Diktatur Kabilas zu fliehen, sollten den gleichen Schutz genießen, wie auch flüchtige Menschen aus Syrien. Die Union pour la Nation congolaise (UNC) veranstaltet am Sams-
tag, 27. Februar, um 11 Uhr einen Gedenkmarsch für die Märtyrer, die 1992 im Kongo ermordet wurden.11
PERU
Zur Präsidentschaftswahl in Peru 2016 tritt Keiko Fujimori an, die Tochter des ehemaligen Präsi-
denten Alberto Fujimori. Am 31. Mai demonstrieren Peruanerinnen und Peruaner.12 Fujimori unterliegt im zweiten Wahlgang knapp dem ehemaligen Ministerpräsidenten Kuczinski.
FRANKREICH und BELGIEN
Die französische wie auch die belgische Regierung wollen unter dem Druck der EU und von der Religion der Wettbewerbsfähigkeit angetrieben eine „Reform des Arbeitsrechts“ durchsetzen, wie es bereits in Italien, Spanien, Griechenland, Bulgarien, Rumänien, im Vereinigten Königreich und in Deutschland seit 2004 geschehen ist. Hinter dieser „modern“ klingenden Bezeichnung verbirgt sich aber in Wirklichkeit das Vorhaben, die Gesetze zum Schutz der abhängig Beschäftigten durch neue Regeln zum Vorteil der Unternehmer zu ersetzen: Abschaffung der für die Arbeitnehmer/-in-
nen günstigeren Bestimmungen, Verschärfung der Flexibilität, Verlängerung der Arbeitszeit und Kürzung der Reallöhne und der Freizeit; außerdem sollen die Gewerkschaften durch innerbetrieb-
liche Abstimmungen umgangen werden, wodurch die Arbeitnehmer/-innen mit der Drohung des Abbaus von Arbeitsplätzen erpresst werden können. Während die Fussball-Europameisterschaft alle Kanäle der Medien beherrscht, kommt es zu oft auch militanten Demonstrationen im Gastge-
berland der EM. Zur Unterstützung für die, die in Frankreich für ein NEIN zu den so genannten Reformen kämpfen und die Rücknahme des „Loi Travail“ fordern, ruft Attac München zu Solidari-
tätskundgebungen „Nuit Debout“ am 14. Juni, ab 16 Uhr vor dem französischen Generalkonsulat, Heimeranstr. 31, und am 28. Juni ab 18 Uhr am Rindermarkt auf.
GROSSBRITANNIEN
Der konservative Premier David Cameron versucht die absolute Mehrheit im Lande zu behaupten und lässt deshalb in einem Referendum über den weiteren Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union am 23. Juni abstimmen. Der Slogan der EU-Gegner „take back control“ zeigt, dass die Wut auf die EU vortrefflich von der verfehlten Politik der nationalen Eliten ablenkt. Einwanderer vom Kontinent ermöglichten es den Arbeitgebern in den letzten Jahren, durch die Einstellung von billigen Arbeitskräften vor allem aus Polen die Löhne zu drücken. Große britische Banken hatten mit den Einlagen kleiner Bürger riskante Wetten getätigt und wurden schließlich mit Steuergeldern gerettet. Vieles, was in Großbritannien schief lief, wird nun der EU angelastet. Natürlich sind bei den EU-Gegnern auch Menschen, die es ablehnen, dass die EU im großen Kräf-
tespiel der Supermächte erstarkt, sich aufrüstet und noch mehr Militär in fremde Länder schickt, um dort mittels regime change „westliche Werte“ zu implantieren. Aber: Die EU-Gegner mit Boris Johnson und Nigel Farage an der Spitze führen einen Wahlkampf, der auf Lügen und Angst aufge-
baut ist. Vor allem das Thema Migration nutzt die „Leave-Bewegung“, um Europa als Feind von innerer Sicherheit und geregelter Grenzpolitik hinzustellen. Außerdem machen sie den Briten un-
mögliche Geldversprechen. Der Chef der rechtsextremen Seite „Breitbart News“, Steve Bannon, berät die „Leave“-Kampagne, die die neuen (un-)sozialen Medien in einem vorher nicht gekannten Ausmaß auch mit Hilfe der Firma Cambridge Analytica für ihren Erfolg einsetzt. Der Sieg der Bre-
xiteers ist für Donald Trump, der ein halbes Jahr später zum US-Präsidenten gewählt wird, ein Testlauf für seine eigene Kampagne. Großbritannien verlässt nach endlosem Hin und Her im briti-
schen Parlament die EU am 31. Januar 2020.
HONDURAS
Öku-Büro München: „Ein halbes Jahr nach der Ermordung unserer Freundin und compañera Berta Cáceres Flores in Honduras sind die Forderungen ihrer Organisation COPINH (Rat zivil-
gesellschaftlicher und indigener Organisationen von Honduras) unerfüllt – die Einsetzung einer internationalen, unabhängigen Untersuchungskommission zur umfassenden Aufklärung des Verbrechens und der endgültige Rückzug des Wasserkraftprojektes »Agua Zarca«. COPINH und Angehörige von Berta werden nicht gehört, stattdessen sind sie in den vergangen sechs Monaten konfrontiert mit erneuter Verfolgung, Drohungen, Raub von Daten ihrer Anwälte, gewaltsamer Niederschlagung ihrer Proteste, Attentaten und weiteren Morden. Wir ehren am kommenden Freitag, 2. September (11 – 12 Uhr) auf dem Wittelsbacher Platz in München vor der Siemens-Zentrale das Andenken von Berta Cáceres. Berta war für uns weit mehr als die – nach ihrem Tod – viel zitierte »renommierte Umweltaktivistin«: Sie war eine unermüdliche Kämpferin, die sich Tag für Tag in zäher Kleinarbeit glaubwürdig und leidenschaftlich für die gemeinsame Konstruktion einer anderen, antipatriarchalen, antikapitalistischen und antirassistischen Welt einsetzte. Wir solidarisieren uns mit den Forderungen des COPINH und wir erinnern den Münchner Weltkon-
zern Siemens erneut an seine Verantwortung! Über sein Joint-Venture Voith Hydro hat Siemens Anteil daran, dass Projekte wie »Agua Zarca« mit Morden an ihren Kritiker*innen gewaltsam durchgesetzt, Gemeinden auf Generationen gespalten, soziale Strukturen zerstört und das Recht auf vorherige, freie und informierte Konsultation der betroffenen Bevölkerung unterlaufen wird. All dies im Bündnis mit den interessierten, herrschenden Kreisen, die diesen Machenschaften den Anschein von »Legalität« garantieren. Der britische Guardian publizierte am 21. Juni 2016 einen Artikel über eine Todesliste des honduranischen Militärs, auf der nach Aussage eines desertierten Soldaten Bertas Name aufgetaucht war. Berta selbst hatte in den Monaten vor ihrer Ermordung zahlreiche Todesdrohungen angezeigt, die meisten davon im Zusammenhang mit dem Wasser-
kraftprojekt »Agua Zarca«. Und sie hatte, ebenso wie weitere COPINH-Mitglieder, in diesem Zu-
sammenhang auch die Existenz von Todeslisten des Militärs erwähnt. Berta Vive! Berta-Cáceres- statt Werner-von-Siemens-Straße!“13
ISRAEL und PALÄSTINA
Am 23. September will Abraham Melzer in Zusammenarbeit mit dem Verein Salam Shalom Arbeitskreis Palästina-Israel e.V. im EineWeltHaus einen Vortrag mit dem Titel „Antisemitismus heute“ halten. Nach einer Intervention des Münchner Kulturreferenten, welcher meint, „dass in der Veranstaltung die Grenze zwischen Israelkritik und Antisemitismus überschritten wird“, zieht das Kulturzentrum seine Raumzusage zurück.
Am 30. September will der australische Pianist Michael Leslie ein Benefizkonzert für Gaza in der Schwabinger Erlöserkirche geben. Einführende Worte soll die Geschäftsführerin des Bündnisses für die Beendigung der israelischen Besatzung (BIB), Nirit Sommerfeld, sprechen.
Daraufhin erhalten kirchliche Amtsträger das folgende Schreiben: „… Wir gehen davon aus, dass die Raumvermietung an den antizionistischen Verein »Salam Shalom« ein Versehen ist. Eine anti-jüdische Veranstaltung, als Musikveranstaltung angekündigt, wo der Erlös an Medico bezahlt wird, einer Institution die »an unmoralischen Kampagenen gegen Israel beteiligt ist« s.u. Cicero, kann jedenfalls nicht Teil der jüdisch-christlichen Verständigung sein. Sie legitimieren diesen Verein mit ihrem guten Ruf, wodurch der Antisemitismus gestärkt wird. Dann können Sie ab jetzt ihre Räume ebenso den Nazis, der NPD vermieten. Beide Lager – rechts oder links agieren mit den gleichen Hassparolen gegen Juden und Israel …“
Nun schreitet die evangelische Landeskirche ein. Leslie ist solidarisch: „Nach Weisung des Kir-
chenvorstandes hat mir Herr Pfarrer Raabe eine Kompromisslösung für das Konzert am 30.9. dargelegt – Begrüßung, Musik, Menschenrechtslesung, Applaus, Ende. Kein Beitrag von Nirit Sommerfeld. Die Begründung, dass Frau Sommerfeld keine einführenden Worte spricht, lautet: Ein Benefizkonzert ist keine politische Veranstaltung und darf nicht in eine solche ausarten. Für mich ist es nicht akzeptabel, dass in die Gestaltung meines Benefizkonzertes in dieser Weise ein-
gegriffen wird. Ich bin nicht bereit, ein Spielball in irgendwelchen Machenschaften zu werden, faule Kompromisse einzugehen oder gar mir vorschreiben zu lassen, mit wem ich bei meinen Be-
nefizkonzerten zusammenarbeite. Aus diesem Grund sehe ich mich veranlasst, das Benefizkonzert im Gemeindesaal der Erlöserkirche abzusagen. Ich werde es in dieser Konzeption zu anderer Zeit und Ort auf jeden Fall aufführen.“14
Sibylle Stier schreibt in einem offenen Brief an den Münchner Oberbürgermeister am 28. Septem-
ber: „… Ich verstehe, dass es Ihnen als Vertreter der Stadt München nicht leicht fällt, gegen solch massiven Druck – gerade wegen unserer Geschichte – anzugehen. Dennoch sehe ich eine wirkliche Gefahr in diesem Verhalten. Bei vielen Mitgliedern der israelischen Kultusgemeinde handelt es sich, was ich erlebt habe, um wirklich radikale Meinungen, sowohl in Bezug auf die politische Situ-
ation in Israel als auch über die Auseinandersetzung mit kritischen Themen hier vor Ort. Mit dem Statement des Antisemitismus werden wir in die Knie gezwungen, obwohl wir doch alle genau wis-
sen, dass das eine mit dem anderen nicht das mindeste zu tun hat. Sogar anders: durch dieses Ver-
halten und die moralische Erpressung der Stadt München wird ein neuer Antisemitismus geschürt. Ich kann nicht nachvollziehen, welche Macht eine solch kleine Gruppe hier bekommt …“ Auch Ni-
rit Sommerfeld und Abi Melzer wehren sich.15
Am 13. Oktober spricht in der Evangelischen Stadtakademir M. Darawshe über die Situation der palästinensischen Minderheit in Israel. Judith Bernstein moderiert. Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinde bezeichnen Frau Bernstein als Antisemitin.
SYRIEN
Mit Bomben und Bodentruppen erobert das syrische Regime mit russischer Unterstützung Ost-Aleppo von den Rebellen zurück. Nach einer Kundgebung am Freitag, den 14. Oktober, um 18.30 Uhr am Europaplatz (Ostseite Friedensengel) verbindet eine Lichterkette die beiden Konsulate Russlands und der USA.
Afrika
Anlässlich des Welthungertags am Sonntag, 16. Oktober, weist das globalisierungskritische Netz-
werk Attac auf die erwarteten Auswirkungen der in dieser Woche in Kraft getretenen Wirtschafts-
partnerschaftsabkommen (EPAs) der EU mit Namibia, Botswana, Swasiland, Südafrika und Leso-
tho hin: Durch die Freihandelsabkommen werden Entwicklungschancen, Lebensgrundlagen und Märkte zerstört, wodurch weiter Menschen in die Flucht getrieben werden. Weitere afrikanische Länder, die noch nicht unterzeichnet haben und Einwände erheben, werden durch die EU massiv unter Druck gesetzt.
Die Auswirkungen der EPAs ist bereits aus anderen afrikanischen Ländern bekannt: Durch die erzwungene Öffnung der jeweiligen Märkte für europäische Produkte verdrängen EU-Importe lokal produzierte Waren, da sie meist wettbewerbsfähiger und teils stark subventioniert sind. Dies führt zu einer existenziellen Bedrohung und Zerstörung der schwächeren kleinindustriellen und landwirtschaftlichen Produktion. „In Deutschland und Europa werden Menschen, die aufgrund von Perspektivlosigkeit, Hunger und Armut die Flucht antreten, abgewiesen, obwohl die EU mit ihrer Handelspolitik viele Gründe für die Flucht der Menschen schafft“, kritisiert Thomas Eber-
hardt-Köster, Mitglied im Attac-Koordinierungskreis. Des Weiteren führt der Zollabbau für 86 Prozent der Einfuhren zu finanziellen Lücken in den jeweiligen Haushalten.
Noch nicht alle afrikanischen Länder haben sich dem erpresserischen Verhandlungsdruck der EU gebeugt. So gibt es beispielsweise in Tansania Widerstand gegen eine Unterzeichnung der EPAs. „Zu den umstrittenen Klauseln gehört die sogenannte Meistbegünstigungsklausel, die strategische Partnerschaften Ostafrikas mit Schwellenländern faktisch verhindert“, stellt Roland Süß, Attac-Handelsexperte, fest. „Vor allem die Liberalisierung des industriellen Sektors würde alle Bemü-
hungen um eine weitere Industrialisierung in Ostafrika zunichtemachen“, führt Süß fort. Dabei falle vor allem der erpresserische Umgang der EU mit den Ländern auf, die Einwände gegen eine Unterzeichnung der Freihandelsabkommen erheben. „Immer wieder legte die EU einseitig neue Fristen fest, bis zu denen die Verhandlungen abgeschlossen sein mussten und drohte den präferen-
ziellen Zugang zu Europas Märkten zu entziehen“, so Süß. Dass Tansania kein Einzelfall sei, zeigen auch die Verhandlungen mit Nigeria, das sich noch gegen eine Unterzeichnung wehrt.
USA
Donald Trump am 14. Oktober: „… die Zentrale der globalen politischen Macht befindet sich direkt hier in den USA. Und gerade unser korruptes politisches Establishment ist die treibende Kraft hin-
ter den Bemühungen um eine radikale Globalisierung und die Entmündigung der Werktätigen. Ihre finanziellen Ressourcen sind geradezu unbegrenzt. Ihre politischen Ressourcen sind unbe-
grenzt. Ihre medialen Ressourcen sind unerreicht. Und am Wichtigsten, ihr Mangel an jeder Moral ist völlig grenzenlos.“16
(zuletzt geändert am 31.1.2020)
1 Siehe www.kritischeaktionaere.de/hv2016.html.
2 Siehe den Brief „für eine welt ohne hunger“ an das „Innovationszentrum“ von Heinz Schulze.
3 Siehe die Fotos von der Kundgebung „gegen CETA“ von Richy Meyer.
4 Das Krokodil. Grundsatzschrift über die Freiheit des Denkens, bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch 18 vom September 2016, Köln, 67. Siehe auch http://www.paulcraigroberts.org/.
5 Siehe www.ttip-demo.de. Siehe die Fotos von der Kundgebung „stop CETA & TTIP“ von Franz Gans.
6 Siehe https://kenfm.de/positionen8-strukturen-der-macht/
7 Siehe Hannes Hofbauer, Feindbild Russland. Geschichte einer Dämonisierung, Wien 2016.
8 Eine der Reden ist zu finden unter www.anarchie.de/main-77376.html.
9 Siehe „Sicherheitskonferenz“.
10 Fotos: Franz Gans
11 Siehe Bilder von der „UNC“ von Günther Gerstenberg.
12 Siehe „Nichts hat sich geändert!“
13 Siehe www.oeku-buero.de.
14 https://bibjetzt.wordpress.com/2016/09/29/bib-geschaeftsfuehrerin-wird-redeverbot-erteilt/#respond
15 Siehe http://niritsommerfeld.com/solidaritaet-gefordert-ich-werde-diffamiert und http://der-semit.de/was-ist-eigentlich-mit-muenchen-los-brief-an-protestantische-bischoefe-und-pfarrer/
16 Das Krokodil. Grundsatzschrift über die Freiheit des Denkens, bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch 19 vom Dezember 2016, Köln, 13.