Materialien 2016
Ein Jahr Pegida – Bildungskriege zwischen den Welten
11. Januar 2016
Wer die Gnade der privilegierten Geburt erfahren hat, kann sich leicht tun im Beschimpfen von Menschen, bei denen nicht immer klar ist, ob sie wirklich dumm sind oder einfach nur ungebildet. Oder eben beides. Die Pegidas haben Angst. Unter anderem vor Verachtung. Dagegen wehren sie sich. Weil ihnen immer wieder vom arroganten Bildungsbürgertum vorgeworfen wird, sie hätten keine Bildung, zitieren sie wild durcheinander und pressen das Herausgezupfte in ihre eigenen Kontexte. Heinrich Heine, Friedrich Dürrenmatt, Dante Alighieri, Matthias Claudius … Wichtig sind den „besorgten Bürgern“ die Themenstränge „Deutschland“, „Nation“ und „Mannsein“.
Die Exzesse von Köln und das befremdliche Verhalten der Polizei sind Öl im Feuer der Fremden-
feindlichkeit und Abwasser auf alle Mühlen. Was ihnen vorher nicht so wichtig war, kann jetzt ausgeschlachtet werden: Was ist denn das mit den Frauen? Sollen die sich nun unbekümmert im öffentlichen Raum bewegen dürfen oder lieber doch nicht?
Die Erwähnung der sich ermächtigt fühlenden Bürgerwehren wird von anhaltendem Applaus und BRAVO!-Rufen begleitet. Pfeffersprays und Gaspistolen sind die tagesaktuellen Hits. Es geht wie-
der mit rechten Dingen zu im Hause Pegida & Co.
Deutschland stehe am Abgrund. Die „Noch-Bundeskanzlerin“ Angela Merkel sei eine Versagerin und Intrigantin. Gegen sie und Münchens OB Dieter Reiter seien Strafanzeigen wegen Amtsmiss-
brauchs und Rechtsbeugung gestellt worden.
Abartige Abwägungen im öffentlichen Diskurs:
Was ist „schlimmer“? Rassismus oder Sexismus?
Die sogenannte „Zivilgesellschaft“ hinter (bzw. vor) doppelten Gittern
Earnest Hooton war Vertreter einer Rassenlehre und Anhänger der Eugenik. Sein 1943 mit propa-
gandistischem Hintergrund verfasster Aufsatz für das PM Daily wird von rechtslastigen, fremden-
feindlichen Verschwörungstheoretikern in Deutschland wider jede Quellenkritik als tatsächlich umgesetzter Plan („Hooton-Plan“) dargestellt. Hooton plädierte für die Ansiedlung nicht-deutscher Bevölkerung in Deutschland, um „den deutschen Nationalismus und die aggressive Ideologie zu zerstören“. Vor allem plädierte er jedoch dafür, nach dem Krieg deutsche Soldaten in den kriegs-
zerstörten Gebieten in Zwangsarbeit für den Wiederaufbau einzusetzen. Als Eugeniker wollte er dabei die, für ihn biologisch begründeten und angeborenen, räuberischen Neigungen der Deut-
schen durch Kreuzung mit Vertretern anderer Völker wegzüchten. (Quelle: Wikipedia)
Aus den Reden von Pegida: Den jungen Menschen werde vergeben, wenn
sie links seien. Aber Ältere, die links sind, hätten keinen Verstand.
„Schluß mit dem permanenten Rechtsbruch! Merkel muss weg!“
„Wann wird erkannt, dass wir nicht mehr das Jahr 1945 haben?
Es gibt keine Nazis mehr! Die sind alle tot.“
Text und Fotos: Frieda von Bülow