Flusslandschaft 1972

Frieden/Abrüstung

Die ersten Antikriegslieder im heimischen Idiom entstehen.1

„Als er gemustert wurde, riet ihm der Musterungsarzt: ,Geh’ in die Zone, du Drückeberger!‘ Der Kriegsdienstverweigerer Werner Fortisch, 24, blieb in der Bundesrepublik, trat im Münchner Krankenhaus Schwabing seinen Ersatzdienst als Krankenpfleger an und erhielt alsbald von einem bettlägerigen Bundeswehroffizier diesen Bescheid: ,Verschwinden Sie, Mann! Von einem Vater-
landsverräter laß ich mich nicht pflegen. Sie haben kein Recht, in diesem Staat zu leben!‘ Der langhaarige Fortisch – ,Bin ich denn ein Monster?‘ – hat sich unterdessen von der Betreuung kranker Menschen abgewandt, jetzt transportiert er Leichen. Seine Erfahrungen sind typisch: Auf Kriegsdienstverweigerer reagiert man in Deutschland neurotisch. In den Köpfen der militanten Mehrheit lebt die Vorstellung: Wer den Kriegsdienst verweigert, ist diesem Staate feind.“2

1. September: Kundgebung der Gewerkschaftsjugend anlässlich des „Antikriegstags“.3


1 Siehe Reicherts „xangl“.

2 ZEITmagazin 19 vom 12. Mai 1972, 4.

3 Vgl. Süddeutsche Zeitung 201/1972. Siehe auch „Gewerkschaften/Arbeitswelt“ und „Olympische Spiele“.

Überraschung

Jahr: 1972
Bereich: Frieden/Abrüstung

Materialien