Flusslandschaft 2018
Gedenken
„Am 21. Februar begleitet Michaela Dietl unser Eisner Gedenken zum 99. Todestag mit ihrem Ak-
kordeon. Konstantin Wecker trägt die Gedenkrede von Heinrich Mann anlässlich der Trauerfeier für Kurt Eisner im Münchner Odeon am 16. März 1919 vor und auch Auszüge aus der Proklamation des Freistaates Bayern vom 7.November 1918. Julia Killet trägt einen Text von Felix Fechenbach über die Ermordung des 1. bayerischen Ministerpräsidenten vor. Zur Bekräftigung unserer Forde-
rung nach Umbenennung des Marienhofes tragen wir unser großes Transparent ‚Kurt-Eisner-Platz’ zum Marienhof.“1
„Anlässlich des Jahrestages des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki finden in der ganzen Welt Gedenkveranstaltungen und Proteste gegen die atomare Aufrüstung statt. Noch im-
mer existieren weltweit rund 15.000 Nuklearwaffen. 90 Prozent davon entfallen auf die beiden atomaren Supermächte USA und Russland, von denen etwa 1.800 in ständiger Einsatzbereitschaft gehalten werden. Allein die USA wollen in den nächsten 30 Jahren 1000 Milliarden Dollar für Aufrüstung ihrer Atomstreitkräfte ausgeben. Die anderen Atommächte rüsten ebenfalls auf. Mit der ‘Nuklearen Teilhabe’, den in Büchel stationierten US-Atomwaffen, beteiligt sich Deutschland an der Atomkriegs-Strategie der USA. Dagegen richtet sich unser Protest.“
2
Am 25. Oktober bauen Münchner Künstlerinnen und Künstler in der Rathausgalerie, der ehemali-
gen Kassenhalle, eine Ausstellung zu Erinnerung an den Umsturz vom 7. November 1918 auf.3
Vorderseite
4
Rückseite, 31. Oktober, Lenbachplatz
Am Nachmittag des Mittwoch, 7. November, feiern die Münchner Bezirksausschüsse im Herzkas-
perlzelt auf der Theresienwiese den Umsturz vom 7. November 1918. Um 18.30 Uhr beginnt ein Stadtrundgang auf den Spuren der Revolution in Form einer Demonstration am Fuß der Bavaria. Zur gleichen Zeit findet ein Festakt in der Rathausgalerie statt. Sepp Rauch, der Organisator der Ausstellung begrüßt hier die Enkel und eine Urenkelin von Kurt Eisner. Wolfgang Blaschka (Kurt Eisner) schreibt an Cornelia Naumann (Sarah Sonja Lerch) einen Brief, in dem er ihr berichtet, was im Herzkasperlzelt geschah, nachdem sie weiter in die Rathausgalerie gezogen ist.5
Beim Staatsakt zum 100. Geburtstag des Freistaats Bayern schafft es der bayrische Ministerpräsi-
dent am 7. November, den Begründer des Freistaats, Kurt Eisner, unerwähnt zu lassen und einen Nachkommen der abgesetzten Wittelsbacher als „Eure königliche Hoheit“ zu titulieren.6
Am Samstag, 10. November, findet um 15 Uhr eine Gedenkfeier am Denkmal für die Opfer der Revolution im Ostfriedhof statt.7
Am 11. November jährt sich der Tag des Waffenstillstandsvertrags von Compiègne und damit das Ende des Ersten Weltkriegs zum hundertsten Mal. Aus diesem Anlass verwandelt der Münchner Aktionskünstler Walter Kuhn den Königsplatz in ein Meer von mehreren Tausend großen roten Mohnblumen aus Kunstseide. Er regt damit zum Gedenken an die Millionen Soldaten und zivilen Opfer aller Kriege an, deren internationales – vor allem aber im englischsprachigen Raum verbrei-
tetes – Symbol die Mohnblumen sind. Als künstlerischer Kontrapunkt zu der rot dominierten Flä-
che der Rasenstücke stellt er auf dem Halbrund vor der Glyptothek einen großen schwarzen Hohl-
körper, bestehend aus mehreren verkleideten Baucontainern auf. An dessen Außenwänden ist in großen Lettern der Aufruf NIE WIEDER, NEVER AGAIN, PLUS JAMAIS bzw. никогда in den Sprachen der am ersten Weltkrieg beteiligten Parteien zu lesen. Das Innere dieses Raumes ist be-
gehbar. Dort sind während der ganzen Zeit der Aktion aus kleinen Lautsprechern Lesungen gegen den Krieg zu hören. Es sind Texte von Erich-Maria Remarque, Heinrich Böll, Bertolt Brecht, Wolf-
gang Borchert. Käthe Kollwitz, Kurt Tucholsky, Konstantin Wecker, Stefan Zweig u.a., die dort in immer wieder kehrender Folge zitiert werden. Das Projekt erinnert nicht nur, es dient vor allem als Mahnung und Aufforderung zum Frieden in unserer Zeit und protestiert gegen die Schrecken aller heutigen Kriege und deren Verantwortliche in Syrien, Afghanistan und überall sonst auf der Welt. Es ist zugleich eine stille Demonstration gegen die noch immer stattfindenden Heldenge-
denkfeiern rechtslastiger Traditionsverbände mit militärischem Gepränge und klingendem Spiel. Walter Kuhn: „Gerade in einer Zeit zunehmender globaler Aufrüstung und wieder aufkeimenden revanchistischen Gedankenguts – bis hin zu Nazi-Ideologie in der Bundeswehr – ist eine ästheti-
sche Intervention mit klarer Ausrichtung mehr als nötig.“8
(zuletzt geändert am 13.1.2024)
1 https://www.dasanderebayern.de/aktionen/.
2 Foto: Günther Gerstenberg
3 Siehe die Bilder zum Festakt in der Kunstausstellung „Die Freiheit erhebt ihr Haupt“ von Peter Brüning und das Gedicht „Kapitalverbrechen“von Wolfgang Blaschka.
4 Fotos: Gustl Dittrich – Neben der Installation ist zu lesen: „Franka Kaßner. »Schlaf, Bürger, schlaf!«, 2018, 500 × 500 cm, Digitaldruck. »Schlaf, Bürger, schlaf!« ist eine Neufassung des Kinderliedes »Maikäfer, flieg!« anlässlich der Erinnerung an die Novemberereignisse von 1918. »Schlaf, Bürger, schlaf!« stimmt ein Lied an, das in wenigen Zeilen eine Resonanz von bezwingender politischer Aktualität erzeugt. Die subversive Rahmung des gebannten flüchtigen Mediums sensibilisiert für historische wie heutige Ereignisse und spielt zugleich auf formaler Ebene mit der konsumorientierten, plakativen Ästhetik von Werbetafeln als »Denkmäler unserer Gegenwart« im öffentlichen Raum. Franka Kaßner, geboren 1967 in Oschatz, lebt und arbeitet in München und Leipzig. www.muenchen.de/kunst“
5 Siehe die Bilder von Volker Derlath, die „Kurt Eisner im Herzkasperlzelt“ zeigen. Siehe die Bilder zum „Gedenken an die Revolution“ von Richy Meyer sowie https://youtu.be/x4vUbsKZ8I8. Siehe auch den Brief „Kurt Eisner an Sarah Sonja Lerch“ von Wolfgang Blaschka.
6 Assunta Tammelleo, Wolfram Kastner und Michael Wladarsch veröffentlichen einen offenen Brief: https://bfg-bayern.de/portal/aktuelles-bfg-muenchen?mini=2018-10&page=14
7 Siehe die Bilder der Feier vor dem Denkmal „Den Toten der Revolution 1919“ von Cornelia Naumann.
8 Siehe die Rede vom 11. November 2018 am Königsplatz in München „Never Again“ von Ernst Grube und die Fotos der Aktion „Mohnblumen“ von Cornelia Naumann.