Flusslandschaft 2019

Umwelt


„Ich will, dass ihr in Panik geratet“, denn „unser Haus brennt … Die Lösung ist so einfach, dass ein kleines Kind sie verstehen kann: Wir müssen den Ausstoß von CO2 stoppen.“ So klar und eindring-
lich formuliert die 16-jährige schwedische Schülerin Greta Thunberg seit August 2018 die Drama-
tik der Klimakrise, bleibt immer freitags ihrer Schule fern und motiviert damit Zehntausende Schüler/innen, mit einem Klimastreik für ihre Zukunft einzutreten. Etwa 750 Münchner Schüle-
rinnen und Schüler boykottieren am Freitag, 18. Januar, den Unterricht und ziehen ab elf Uhr von der Ludwig-Maximilians-Universität zum Maxmonument, um für mehr Klimaschutz zu demon-
strieren. Bundesweit finden in etwa 50 Städten Kundgebungen unter dem Motto „Fridays for Fu-
ture“ statt.

Am Freitag, 1. Februar, demonstrieren Schülerinnen und Schüler, aber auch einige Erwachsene erneut. Sie werben auf dem Marienplatz zugleich für das Volksbegehren „Rettet die Bienen“. Die Initiative fordert mehr Biolandwirtschaft, Blühwiesen und weniger Pestizide. Dafür soll das Natur-
schutzgesetz in Bayern angepasst werden.1


Die Kohlekomission (KoKo) stellt offiziell am 1. Februar ihren Abschlussbericht vor. Darin soll sie eigentlich sagen, wie sie den Kohleausstieg hinkriegen will, so dass das Klima gerettet werden kann. Nach den aktuellen KoKo-Plänen könnten einzelne Kraftwerke noch bis 2038 weiterlaufen. Damit wird das 1.5°-Ziel des Pariser Klimavertrags faktisch aufgegeben. Doch nur bei 1.5° könnte man ungesehene Katastrophen in der nahen Zukunft abwenden. So sieht keine mutige Klimapoli-
tik aus. Die Politiker ducken sich vor dem Problem weg und knicken gegenüber den Interessen der Energiekonzerne ein. Weitere 20 Jahre Kohlekraft sind 20 Jahre Kohlekraft zu viel, sagen die De-
monstrantinnen und Demonstranten am 2. Februar ab 14.30 Uhr auf dem Marienplatz.2

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2. Februar auf dem Marienplatz

Bereits zwei Tage vor dem Ablauf der offiziellen Eintragungsfrist am 12. Februar haben bereits mehr als die gesetzlich erforderlichen zehn Prozent aller Wahlberechtigten in Bayern das „Volks-
begehren Artenvielfalt – Rettet die Bienen!“ unterschrieben.

Am Freitag, 22. Februar, demonstrieren Schülerinnen und Schüler erneut um 11 Uhr auf dem Marienplatz.

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Bürgersteig Ecke Max-Joseph-Platz/Residenzstraße


Am 15. März ziehen Schülerinnen und Schüler um 11 Uhr vom Odeonsplatz zur Bavaria auf der Theresienwiese.5

Mehr als 1,5 Millionen Menschen protestieren beim internationalen Klimastreik von Fridays for Future am 22. März an 2.083 Orten in 125 Ländern, darunter in Städten wie Hongkong, Buenos Aires, Lima und Venedig und an Orten in Kenia, Uganda, Japan, Nepal, auf den Philippinen, in Bangladesch und auf Vanuatu. Sogar in der Antarktis bei der Neumayer-Station kommt es zu einer Solidaritäts-Aktion. Alleine in Deutschland gehen an rund 200 Orten SchülerInnen und Studieren-
de auf die Straße. Auf dem Marienplatz sammeln sich viele Hundert Schülerinnen und Schüler. Einige Erwachsene zeigen, dass sie mit dem Protest der Kinder und Jugendlichen sympsthisieren.6 Auch an den kommenden Freitagen wird demonstriert.

Im November 2016 kam die EU-Kommission in einer lang erwarteten Stellungnahme zu dem Ent-
schluss, dass Pflanzen und Tiere, die aus „im Wesentlichen biologischen Verfahren“ zur Züchtung stammen, nicht patentierbar sind. Im Juni 2017 reagierte das Europäische Patentamt auf diese Forderung und beschloss bei einer Sitzung seiner 38 Vertragsstaaten eine Verschärfung des Pa-
tentrechts. Diese Entscheidung war ein riesiger Erfolg für die Zivilgesellschaft und Ergebnis eines beharrlichen Protestes gegen die gängige Praxis der Patentierung auf Leben. Doch es findet ein Kurswechsel statt. Ende 2018 zieht das EPA völlig überraschend die Verschärfung des Patentrechts zurück. Es kommt zu der Einschätzung, dass die im vorherigen Jahr eingeführte Neuregelung im Widerspruch zum Europäischen Patentübereinkommen steht. Damit stellt sich das EPA gegen die Beschlüsse der eigenen Gremien und folgt einmal mehr den Interessen der Agrarindustrie wie Bayer, Syngenta und BASF. Diese fordern, dass bereits widerrufene Patente erneut in Kraft gesetzt werden sollen. – Über 20 Organisationen rufen zu einer gemeinsamen Protestaktion vor dem Europäischen Patentamt (EPA) auf dem Bob van Benthem Platz 1 am 27. März um 11 Uhr auf. An diesem Tag trifft sich der Verwaltungsrat des EPA, in dem die 38 Vertragsstaaten vertreten sind. Auf der Agenda: Patente auf Pflanzen und Tiere aus herkömmlicher Züchtung. Zu den Beratungen des Verwaltungsrates ist nur die Industrie eingeladen. Im Protestaufruf heißt es: „Ein Beispiel macht deutlich, worum es uns geht: Die Firma Rijk Zwaan Zaadteelt aus den Niederlanden bean-
sprucht ein Patent auf Salat, den Samen, die Pflanzen und jede Ernte davon. Es ist ein Salat, der auch bei höheren Temperaturen angebaut werden kann. Eine Eigenschaft, die auch bei wildwach-
sendem Salat zu finden ist und nicht patentiert werden kann. Wir fordern deshalb: Keine Patente auf Pflanzen und Tiere aus herkömmlicher Züchtung!“

„Ich wundere mich sehr über das Gestöhn über die Erderwärmung. Es ist doch seit langem be-
kannt, dass nach gewaltigen Vulkanausbrüchen Kälteeinbrüche folgten: die riesigen Aschemassen verhinderten die Sonneneinstrahlung, es folgten historische Winter. Also – auf, auf! Mehr Dreck in die Atmosphäre; um einen Sch(m)utzschirm gegen die Erwärmung zu bilden! SUVs subventionie-
ren, Rückkehr zur Kohleheizung etc. etc. Ob wir dann noch atmen können? Abwarten! Uns ist doch immer noch fiir jedes Problem keine Lösung eingefallen. Siehe Atommüll, künftiger Akkumüll etc. pp. Obwohl – für letzteren böte der Marianengraben ein schönes Endlager. Also – was soll’s? Son-
neneinstrahlung vermindern – basta! B. H., München“7

Der deutsche Chemieriese Bayer plant Monsanto zu übernehmen. Der US-amerikanische Konzern stellt Glyphosat her und vertreibt gentechnisch verändertes Saatgut. Ein Grund mehr, darauf auf-
merksam zu werden, wenn kanadische Ureinwohner protestieren.8

Am 5. April fordern die Schülerinnen und Schüler Einhaltung der Ziele des Pariser Abkommens und des 1,5°C-Ziels. Explizit fordern sie für Deutschland:
• Nettonull 2035 erreichen
• Kohleausstieg bis 2030
• 100% erneuerbare Energieversorgung bis 2035
Entscheidend für die Einhaltung den 1,5°C-Ziels ist, die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich stark zu reduzieren. Deshalb fordern die Schülerinnen und Schüler bis Ende 2019:
• Das Ende der Subventionen für fossile Energieträger
• 1/4 der Kohlekraft abschalten
• Eine Steuer auf alle Treibhausgasemissionen. Der Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen muss schnell so hoch werden wie die Kosten, die dadurch uns und zukünftigen Generationen entstehen. Laut UBA sind das 180 € pro Tonne CO2.
Erläuterung:
„Das Pariser Abkommen ist die verbindliche Grundlage für effektive Klimaschutzmaßnahmen, die auf internationaler Zusammenarbeit basiert. Der aktuelle klimapolitische Kurs in Deutschland ist mit diesem Abkommen unvereinbar und muss durch ein auf dem 1,5°C-Ziel beruhendes Klima-
schutzgesetz sowie eine zukunftsorientierte und nachhaltige Zusammenarbeit auf europäischer und globaler Ebene ersetzt werden. In dieser Politik muss sich der Gedanke der Klimagerechtigkeit widerspiegeln. Entscheidungen, die zu Lasten ärmerer Regionen und künftiger Generationen ge-
troffen werden, sind inakzeptabel.
Fridays For Future Deutschland fordert die Regierungen auf Kommunal- Landes- und Bundesebe-
ne auf, die Klimakrise als solche zu benennen und sofortige Handlungsinitiative auf allen Ebenen zu ergreifen. Noch haben wir die Chance und damit die Verantwortung, eine Klimakatastrophe abzuwenden. Für den notwendigen Wandel müssen sektorübergreifend grundlegende Verände-
rungen stattfinden. Vor allem in den Sektoren Energieerzeugung, Wohnen und Bauen, Industrie, Transport und Verkehr sowie Landwirtschaft sind enorme Anstrengungen nötig. Das wirtschaft-
liche Handeln darf nicht weiterhin planetare Grenzen überschreiten.
Die Verwirklichung dieser Forderungen muss sozial verträglich gestaltet werden und darf keines-
falls einseitig zu Lasten von Menschen mit geringem Einkommen gehen. Diesbezüglich müssen die Regierungen entsprechende Konzepte vorlegen.
Der Staat muss seiner Verantwortung gegen über der Umwelt und nachfolgenden Generationen im Sinne von Artikel 20a des Grundgesetzes und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ge-
recht werden.
Uns ist bewusst, dass diese Forderungen ambitioniert sind, doch wenn wir jetzt nicht entschlossen handeln, werden wir das 1,5°C-Ziel verfehlen. Die dadurch entstehenden Schäden werden nicht re-
parabel sein.
Um eine Wende zu erreichen, die von der Gesellschaft mitgetragen werden kann, fordern wir abso-
lute Transparenz und faktenbasierte Aufklärung für alle Bürger*innen. Alle getroffenen Maßnah-
men müssen unabhängigen wissenschaftlichen Kontrollen unterliegen, die ihre Wirksamkeit beur-
teilen. Vorallem junge Menschen müssen wegen ihrer besonderen Betroffenheit stärker in den de-
mokratischen Prozess einbezogen werden.
Es darf nicht die alleinige Aufgabe der Jugend sein, Verantwortung für die Priorisierung des Kli-
maschutzes zu übernehmen. Da die Politik diese kaum wahrnimmt, sehen wir uns gezwungen, wei-
ter zu streiken, bis gehandelt wird!
Wir als Fridays For Future Deutschland sind eine überparteiliche Bewegung gleichgesinnter Kli-
maaktivist*innen und solidarisieren uns mit allen, die sich friedlich für unsere Forderungen ein-
setzen.“9

Am 7. April treffen sich auf dem Königsplatz 15.000 FahrradfahrerInnen. Sie sind aus vier ver-
schiedenen Richtungen gekommen, vom Schloss Nymphenburg, von der Studentenstadt, vom Ostbahnhof und vom Westpark. Viele sind auch aus dem Münchner Umland bis von Ingolstadt oder Landsberg geradelt. Bei der Kundgebung erheben sie die Forderung nach einer besseren Radinfrastruktur. Fahrradverkehr soll dem bis heute bevorzugten Autoverkehr gleichberechtigt werden.10


Auch am Karfreitag, 19. April, versammeln sich Schülerinnen und Schüler diesmal um 11 Uhr auf dem Königsplatz.

»Burn ignorance, not coal« Eine junge Frau hält am Samstag, 20. April, auf dem Odeonsplatz die-
ses Schild hoch. Etwa 300 DemonstrantInnen von der Bewegung »Extinction Rebellion« fordern: Die Regierung erkennt das Ausmaß der Klimakrise öffentlich an, menschengemachte Emissionen werden bis 2025 auf null gesenkt und die Planung und Gestaltung der dafür notwendigen Schritte werden direkt von der Bevölkerung beaufsichtigt.11

Beim Klimaschutz könnte Munich Re, wie die Münchner Rück heute heißt, im Vergleich mit Kon-
kurrent Swiss Re aus der Schweiz noch viel mehr tun als heute. Anfang August 2018 kündigte Kon-
zernchef Joachim Wenning nach einer Kampagne von urgewald, Unfriend Coal und Avaaz an, keine neuen Kohlekraftwerke und Kohleminen mehr in Industrieländern zu versichern. „Wir ha-
ben uns gefreut, dass der Konzern den Klimaschutz ins Kerngeschäft geholt hat. Leider bleiben Schlupflöcher“, kritisiert Regine Richter, Energie-Campaignerin bei urgewald. Der Konzern schließe lediglich die Absicherung von Einzelprojekten wie Kohlekraftwerken oder Kohleminen aus. Fossile Unternehmen können nach wie vor ganze Pakete von Erstversicherungen rückversi-
chern lassen – auch wenn sich darin beispielsweise Kohlekraftwerke oder Erdölprojekte befinden. „Uns läuft beim Klimaschutz die Zeit davon. Munich Re könnte sehr helfen, indem sie hier konse-
quenter wird und ihre Richtlinie ausweitet“, so Richter. Auf der Hauptversammlung des Konzerns konfrontieren am 30. April Vertreter*innen der NGOs urgewald, Dachverband der Kritischen Aktionär*innen und Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit das Management mit den Folgen seiner Geschäfte.

Die Schülerinnen und Schüler lassen nicht locker. Auch am 24. Mai. Anlässlich der nahen Europa-
wahl demonstrieren über die Grenzen Europas hinaus junge Menschen. Mit Sicherheit sind es in München über Tausend, darunter auch einige Erwachsene, die sich diesmal auf der Theresienwiese versammeln. Die Junge Union sucht vergeblich nach neuen Mitgliedern, ein Kommunikationswis-
senschaftler der Universität sagt, er dürfe als Beamter nicht streiken, deshalb habe er heute Urlaub beantragt, und einige Anarchisten verteilen Flugblätter.12

Am Sonntag, 30. Juni, beginnt um 11 Uhr zu Füßen der Bavaria die große Radl-Ring-Demo. Über 6.000 Pedal-Ritter*Innen fahren über gut 20 Kilometer von der Bavaria über Hansastraße, den Mittleren Ring und die Isarparallele wieder zurück auf die Theresienwiese. – Bürgerbegehren „Radentscheid München“: Am Donnerstag, 4. Juli, erhält der Münchner Oberbürgermeister mehr als 160.000 Unterschriften für den Altstadt-Radlring und den Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur bis 2025. Wenige Tage vor der Unterschriftenübergabe haben wir bei der Rad-Ringdemo noch einmal alles gegeben. Trotz der Temperaturen von weit über 30 Grad sind 6.000 Menschen mit uns auf dem Mittleren Ring in München geradelt, um dem Stadtrat zu signalisieren: Wir wollen Vorfahrt für Fahrräder!

Für ihr Umweltengagement haben die Bewegungen Parents for Future und Scientists for Future eine besondere Auszeichnung erhalten: eine Buche aus dem berühmten Kohlerevier Hambacher Forst. Dieser symbolträchtige Baum wird nun am Eingang zum Forst Kasten in Neuried am Sonn-
tag, 7. Juli, um 11 Uhr gepflanzt. Mit der Aktion macht die Bürgerbewegung „Wald Neuried erhal-
ten“ darauf aufmerksam, dass im wunderschönen Forst Kasten alsbald tief gebuddelt werden könnte. Inmitten des Waldes ist eine 9,5 Hektar große Fläche ausgeschrieben, auf der eine Kies-
grube ausgehoben werden soll.


Heißen die Stadtwerke München (SWM) jetzt „Steinkohle-Werke“? Am Freitag, 12. Juli, beginnt ab 11 Uhr eine Demo der Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit dem Bündnis Raus aus der Stein-
kohle.
Sie fordern: Der Bürgerentscheid von 2017 darf nicht in Frage gestellt werden.

Am 15. Juli ketten sich Klimaaktivist*innen am Rathaus fest. Die Schlüssel werden an die Stadt-
ratsparteien und den Oberbürgermeister weitergegeben. Schließlich befreien Stadträte der LIN-
KEN, der ÖDP, der GRÜNEN und sogar der FDP jeweils eine der ans Rathaus geketteten Perso-
nen.

Die Schülerinnen und Schüler von Fridays for future rufen Mitte Juli zur Unterstützung auf: „Wo bleibt ihr, Erwachsene? – Seit Mitte Januar wird jeden Freitag für eure und unsere Zukunft ge-
streikt. Auf den Streiks sind viele junge Menschen vertreten. Von Woche zu Woche kommen auch immer mehr Erwachsene zu den Streiks. Doch das reicht noch nicht. Wir müssen mehr werden, viel mehr. Mehr junge Menschen, aber vor allem auch mehr Erwachsene. Es ist längst an der Zeit die Unverantwortlichkeit und Ungerechtigkeit der aktuellen Situation beim Namen zu nennen und Handlungen einzufordern. Die Klimakatastrophe hat erst angefangen und bereits jetzt sind die Folgen immens: Dürre, Klimaflüchtlinge, Korallen- und Artensterben. Wir alle müssen ausbaden, dass in den letzten Jahren notwendige Maßnahmen immer weiter aufgeschoben wurden. Deshalb fordern wir, Nachhaltigkeit als höchste Priorität in der Gesellschaft zu verankern. Wir fordern, nicht mehr auf Kredit der ärmeren Länder, der kommenden Generationen, und der Natur zu wirtschaften. Dieses Thema ist wichtig und wir brauchen euch! Alleine schaffen wir es nicht, die notwendigen Veränderungen herbeizuführen. Viele Politiker*innen und Industrievorstände nehmen uns junge Menschen nicht ernst genug und halten uns für Blumenkinder. Wir brauchen euch. Jeden Freitag auf den Streiks, in Gesprächen mit Politiker*innen, bei Entscheidungen in Firmen, bei wissenschaftlichem Rückhalt für unsere Forderungen. Lasst uns zeigen, dass wir viele sind. Jede*r ist vom Klimawandel und vom Artensterben betroffen und jede*r muss dagegen etwas tun! Egal ob Schüler, Studierende, Berufstätige oder Rentner: Kommt zu den Streiks, ihr alle seid herzlichst willkommen.“


Es gibt speziell für Erwachsene, die Freitags arbeiten, eine Demo am 21. Juli um 16 Uhr am Odeonsplatz.13 Erstmals gehen an diesem Sonntag mehr als 40 Bündnispartner für den Klima-
schutz in München auf die Straße. Ihr Motto: „Munich for Future!“ Schüler, Eltern, Wissen-
schaftler und andere Engagierte treten auf für besseren Klimaschutz ein. Die Polizei geht davon aus, dass mehr als 11.000 Menschen an der Demo teilnehmen.

Der Bürgerentscheid darf nicht baden gehen! Das städtische Kohlekraftwerk muss so schnell und so weitreichend wie möglich außer Betrieb genommen werden. Statt sich auf die einseitigen An-
gaben der Stadtwerke zu verlassen, sollte der Stadtrat ein unabhängiges Gutachten einholen, wie der Bürgerentscheid bestmöglich umgesetzt werden kann. Innerhalb weniger Tage unterzeichnen mehr als 7.000 Menschen einen Appell an die Stadtratsfraktionen auf der Seite der Kampagnen-
plattform weACT und der Webseite des Umweltinstituts München. Die Unterschriften übergeben die Initiatoren am 23. Juli gemeinsam mit den Scientists for Future München an die VertreterIn-
nen von SPD und CSU. – Mittwoch, 24. Juli: Die-In mit begleitender Demo um 12:15 auf dem Marienplatz, parallel zur Stadtratssitzung. Die Initiatoren: „Wir haben im Bürgerentscheid abge-
stimmt. Wir haben seit sechs Monaten mit Fridays for Future jede Woche demonstriert. Wir haben uns sogar symbolisch in Ketten dem Rathaus ausgeliefert. Doch der Bürgerwille stößt bei SPD und CSU auf taube Ohren!“ In seiner Vollversammlung stimmt der Münchner Stadtrat aber fast ein-
stimmig für den Vorschlag, ein unabhängiges Gutachten darüber einzuholen, wie der Bürgerent-
scheid „Sofortige Still-Legung des städtischen Kohlekraftwerks“ umgesetzt werden kann. Damit ist der Bürgerentscheid vorerst gerettet!14

Flugzeuge stoßen gewaltige Mengen CO2 aus. Die Fluggäste sollen darauf aufmerksam gemacht werden, wie schädlich solche Reisen sind. Am 26. Juli veranstaltet um 15 Uhr Extinction Rebellion am Münchner Flughafen passend zum Ferienbeginn ein Die-In. Treffpunkt: Überdachter Bereich zwischen den beiden Terminals an der Rolltreffe zur S-Bahn.


„Wir möchten, dass Politiker ihren Wahlkampf unterbrechen und Fußballstars ihre Spiele; dass sich Schauspieler abschminken und Lehrer ihre Kreide niederlegen; dass Köche ihre Restaurants schließen und für die Protestierenden kochen und dass die Kirchen die Glocken läuten lassen. Da-
mit unsere führenden Politiker endlich diese Botschaft hören: Jeden einzelnen Tag verursacht unser von Profitgier getriebener Umgang mit Ressourcen eine ökologische Krise, die eine gesunde, sichere Zukunft auf unserem Planeten unmöglich macht. Wir erwarten, dass unsere Politiker end-
lich die Klimapolitik machen, die sie im Pariser Klimaabkommen 2015 versprochen haben. 
Wir erwarten Handeln – jetzt!“15


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Regenwasserabflussrohr in der St.-Paul-Straße

Bei der Demonstration am 20. September nehmen 40.000 Menschen teil.17 Nach der Demo treffen sich einige im EineWeltHaus. Jessica di Rovereto, eine aus südlichen Gefilden zugezogene Neu-
münchnerin, meint beiläufig: „Die paar Inseln mit den Eingeborenen, die da absaufen, sind mir eigentlich wurscht. Ich bin gegen den Klimawandel, weil wenn die Niederlande untergehen, dann kommen die Holländer und verstopfen unsere Münchner Straßen mit ihren Scheiß-Wohnwägen.“ Die Runde schweigt, auf manchen Gesichtern spiegelt sich Empörung. Franz Gans, wie immer harmoniebedürftig, entspannt die Situation: „Wer Ironie nicht versteht, von dem versteht Ironie sehr viel.“

„Dieses Klimapaket ist keine Lösung!“, so lautet die Bilanz von Fridays for Future zum Maßnah-
menpaket der Bundesregierung. Die Jugendlichen rufen deshalb in München für Freitag, den 27. September, erneut von jung bis alt alle zum Protest auf. Unter dem Motto #NichtMeinKlimapaket startet die Demonstration um 12 Uhr auf dem Marienplatz.




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Einige Stunden nach der Fridays-for-Future-Demo eröffnen Aktivisten die „Kritische Ausstellung zur BMW-Unterwelt“ in der BMW-Welt am Mittleren Ring. Rund 30 Aktivist*innen und Künst-
ler*innen bringen anhand verschiedener Exponate die Schattenseiten der Automobilindustrie zum Vorschein. „Bei Sekt und Häppchen sezieren wir das glänzende Image und zeigen die Unterwelt BMWs. Sie steht symbolisch für ein globales Problem. Wenn Profitinteressen weiterhin über allem stehen, gibt es bald keine Welt mehr, sondern nur noch eine Unterwelt!“, 
so Pressesprecherin Sina Reisch. Die Ausstellung „BMW-Unterwelt“ trägt den Titel „Konkurrenz, Profit, Wachstumszwang – Es gibt keinen grünen Kapitalismus“ und wendet sich an einem zentralen Ort automobiler Selbst-
darstellung gegen den Versuch der Automobilindustrie, sich mittels Elektro-Mobilität grün zu waschen. Diese Hauptaussage hängt auf einem acht Meter langem Transparent über der Brücke der BMW-Welt. Reisch: „Weltweit streiken und demonstrieren Millionen von Menschen für einen grundlegenden Wandel angesichts der Klimakatastrophe und ihrer humanitären und ökologischen Folgen. Die Klimaziele dürfen nicht weiter dem Erhalt unserer ausbeuterischen Produktionsweise geopfert werden. Stoppt die Subvention des Autoverkehrs! Die Stadt soll für Menschen gebaut sein und nicht für Autos. Wir müssen unsere Produktion auf den Schienenverkehr ausrichten und brauchen endlich gute Mobilität für alle!“… „Stoppt die Subvention des Autoverkehrs! Die Stadt soll für Menschen gebaut sein und nicht für Autos. Wir müssen unsere Produktion auf den Schie-
nenverkehr ausrichten und brauchen endlich gute Mobilität für alle!“, lauteten einige der zentralen Forderungen. Die Ausstellung zeigt, dass der globale Klimastreik  auch Solidarität mit den  Arbei-
ter*innen bedeuten kann für eine sozialökologisch gerechte Welt. Die Ausstellung fordert deshalb: „Keine Entlassungen für die zukunftslose E-Auto Produktion, sondern kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohn- und Personalausgleich – 30h sofort!“ Die Ausstellung macht klar, dass dieser Kampf auf Dauer nur durch eine gesamtgesellschaftliche sinnvolle, klimagerechte Produktion unter der Kontrolle der Beschäftigten statt für Kapitalerträge gewonnen werden kann: „Boykott der Klima-
wende stoppen – BMW vergesellschaften!“ Eine Demonstrantin meint zu Besuchern, denen vor Staunen der Mund offen steht: „Auf eure Benzinkutschen müsst ihr sowieso verzichten. Wenn ihr es heute nicht freiwillig macht, die Zukunft wird euch sowieso die Karossen nehmen.“19 An der Hackerbrücke wiederum bringt die Gruppe Ende Gelände ein Banner an, auf dem zu lesen ist: „There is no Wiesn on a dead Planet – die Klimakrise kannst Du nicht wegsaufen.“

Am Montag, 7. Oktober, nimmt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, der meinte, ein Tempo-
limit sei gegen jeden Menschenverstand, im Hotel Bayerischer Hof an einer Veranstaltung des Wirtschaftsbeirat Bayern teil. Es kann davon ausgegangen werden, dass Scheuer das sogenannte Klimapaket der Bundesregierung bis zur ineffektiven Unkenntlichkeit verwässert hat. Daher de-
monstrieren die Parents for Future München um 17 Uhr lautstark vom Max-Joseph-Platz zum Treffen des Wirtschaftsbeirats am Promenadeplatz.

Am Freitag, 8. November, strampeln Radlerinnen und Radler auf beiden Seiten der Theresienstra-
ße zwischen Arcisstraße und Luisenstraße von 12 – 12.30 Uhr über symbolisch als Radfahrstreifen ausgerollte Teppiche. Mit der Aktion weisen sie auf die völlig unzulänglichen Radverkehrsbedin-
gungen in diesem von Radfahrer*innen stark frequentierten Uni-Viertel hin.

Über 630.000 Menschen in mehr als 520 Städten zeigen am 29. November, dass sie mit dem „Kli-
mapaket“ der Bundesregierung nicht einverstanden sind. In München demonstrieren 18.000.20 Immer wieder kommt es zu internen Rangeleien. Die Veranstalter haben sich ursprünglich darauf geeinigt, dass weder Nationalflaggen noch Parteifahnen gezeigt werden sollen. Einige Demonstra-
tionsteilnehmer verstoßen gegen diese Vereinbarung. Letztlich hat die Demoleitung keine rechtli-
chen Handhaben, ihre Position durchzusetzen.21

Seit Jahren fordern Naturschutzverbände ein Verbot oder zumindest Einschränkungen des Sil-
vesterfeuerwerks. Hersteller und Einzelhandel beklagen den Verlust von arbeitsplätzen, den Ruin ihres Geschäftszweigs und gehen in die Offensive.22


Münchens Umweltreferentin Stefanie Jacobs will, dass Anträge beim Umweltausschuss im Münch-
ner Stadtrat abgelehnt werden. Laut der aktuellen Beschlussvorlage des Umweltreferats soll die Klimaneutralität erst bis 2050 umgesetzt werden. Extinction rebellion demonstriert am Dienstag, 10. Dezember, um 13.15 Uhr vom Fortunabrunnen am Isartor zum Rathaus am Marienplatz.

Siehe auch „Gewerkschaften/Arbeitswelt

(zuletzt geändert am 5.4.2023)


1 Siehe die Fotos von der Kundgebung „Klimastreik“ von Cornelia Blomeyer.

2 Siehe die Fotos von der Kundgebung „stopp kohle“ von Franz Gans.

3 Foto: Günther Gerstenberg

4 Foto: Franz Gans

5 Siehe https://fridaysforfuture.de/streiktermine/

6 Siehe die Bilder des Protestes am „friday for future“ am 22. März von Günther Gerstenberg.

7 Münchner Merkur 75 vom 29. März 2019, 15.

8 Siehe „TEK-Älteste werden die Regierung vor Gericht bringen“ von Helen Morley.

9 vorgetragen bei der Demonstration am 5. April 2019

10 Siehe https://www.adfc-muenchen.de/

11 Siehe https://extinctionrebellion.de.

12 Siehe den Artikel „Mehr Schule Schwänzen zum Selbstzweck!“. Siehe die Bilder der Kundgebung zum „globalen Klimastreik“ in München von Richy Meyer.

13 Siehe https://munichforfuture.de/#unterstuetzung. Viele Erwachsene haben sich in eine Gruppe Parents-for-Future zusammengetan und bereiten, neben der genannten Demo, weitere Aktivitäten für den Sommer und Herbst vor, siehe https://parentsforfuture.de/de/ und http://fff-muc.de/

14 Siehe www.Raus-aus-der-Steinkohle.de.

15 https://kielaktuell.com/2019/06/24/globaler-klimastreik-am-20-september/ Siehe auch #Klimastreik, #AllefürsKlima
, #1miobalconies
, #munichforfuture, #globalclimatestrike
.

16 Foto: Jessica di Rovereto

17 Siehe die Bilder der Demonstration „alle-fürs-klima_a“ am 20. September von Cornelia Blomeyer und „alle-fürs-klima_b“ von Günther Gerstenberg. Siehe www.klima-streik.org.

18 Fotos: Jessica di Rovereto

19 Siehe einige Bilder der Ausstellung „kritische ausstellung zur BMW-unterwelt“ von Jessica di Rovereto.

20 Siehe die Fotos der Demonstration „neustartklima“ am 29. November von Peter Brüning und die Rede von Hans-Josef Fell unter https://hans-josef-fell.de/heutige-fridaysforfuture-demo-in-muenchen.

21 Siehe „Zu den Rechten von Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei Kundgebungen und Demonstrationen“.

22 Siehe „Nikolaus-Feuerwerk im Gleisdreieck Pasing gefährdet die Tierwelt“ von Heinz Sedlmeier.

Überraschung

Jahr: 2019
Bereich: Umwelt