Flusslandschaft 2020

Sicherheitskonferenz

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Am 12. Februar fahren schon die ersten Gäste beim Bayerischen Hof vor. Noch ist der Promenade-
platz nicht abgeriegelt. Einige Unentwegte demonstrieren hier um die Mittagszeit und marschieren dann um 13 Uhr zum Presseklub. Hier hält Siko-Chef Wolfgang Ischinger um 13.30 Uhr eine Pres-
sekonferenz. Zwischen Marienplatz und Rindermarkt findet bei eisigem Wind ein satirisches Schauspiel statt: Was gibt es zu reden zwischen Kriegsbrandstiftern, Waffenlobbyisten und autori-
tären Potentaten?2

Am Abend des 12. Februar marschieren etrwa 1.600 Menschen vom Gärtnerplatz zu Stachus. Auf-
rufer ist das neue Bündnis „Keine Sicherheit diesen Verhältnissen“. Unterstützt wird die Demo von Ende Gelände, der Karawane, der Seebrücke München, dem Bündnis noPAG, der Antifa NT und weiteren Gruppen. Fred Heussner, Pressesprecher des Bündnisses „Keine Sicherheit“: „Die Münchner Sicherheitskonferenz steht symbolisch für eine Welt, in der gesellschaftliche Probleme mit Gewalt beantwortet werden. Weltweit beobachten wir Aufrüstung und Brutalisierung von Po-
lizei, Militär und Grenzschutz. Diese sind direkt mit dem Aufstieg der extremen Rechten verknüpft. Rechte Regierungen sind nicht nur die mächtigsten Klimawandelleugner*innen, sie sind es auch, die immer brutaler gegen Migrant*innen und Aktivist*innen vorgehen. Rechtsruck und Klimakrise müssen weltweit bekämpft werden!” Die Polizei stoppt am Oberanger die Demo und setzt Schlag-
stöcke ein, vier Menschen werden festgenommen.3

„Das Ökubüro unterstützt den Aufruf für einen antirassistischen Block auf der Demonstration ‚Für ein Ende der Gewalt’ gegen die Münchner Sicherheitskonferenz am 14. Februar um 18:30 Uhr am Gärtnerplatz. Mit dem antirassistischen Block auf der Demo ‚Für ein Ende der Gewalt‘ wollen wir ein Schlaglicht darauf werfen, wie sich die Verhandlungen und Hinterzimmergespräche auf der SIKO – und die Herrschaftsmechanismen, die sie repräsentieren – auf die Lebenswirklichkeit von Migrant*innen auswirken. Wir wollen den schmutzigen, flüchtlingsfeindlichen Charakter und die Gewalt der vermeintlichen Sicherheitspolitik der Herrschenden entlarven. Diese Politik begegnet Migrant*innen auf vielen Etappen ihres gefährlichen Weges – Gewalt durch militärische Interven-
tionen und Konflikte in den Herkunftsregionen. Gewalt durch militarisierte Abwehrtechniken an Europas Außengrenzen. Gewalt durch staatliche Überwachung, Polizei und Sicherheitsdienste in Europa selbst.“4

Am Samstag, 15. Februar, versammeln sich etwa 2.000 Menschen um 13 Uhr auf dem Stachus. „Gegen 13.20 Uhr übergoss sich plötzlich ein 50-jähriger, in München wohnhafter, Iraker am Rand der Versammlung mit Benzin und lief in die bereits gut besuchte Fläche der Auftaktkundgebung. Dabei hatte er bereits ein Feuerzeug in der Hand. Anwesende Polizeibeamte bemerkten den durchnässten und stark nach Benzin riechenden Mann und konnten ihn rechtzeitig zu Boden bringen sowie gleichzeitig den Gebrauch des Feuerzeuges verhindern. Der Mann wurde umgehend aus dem Versammlungsbereich gebracht. Er wurde im Anschluss aufgrund inhalierter Benzol-
dämpfe medizinisch versorgt und danach in polizeilichen Gewahrsam genommen. Er wurde in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. In Bezug auf sein Motiv laufen noch die Ermitt-
lungen. Es deutet aktuell aber daraufhin, dass er mit dem Selbstverbrennungsversuch auf seine persönliche Haltung in Bezug auf sein Heimatland hinweisen wollte.“5 Dann demonstrieren etwa 5.000 Menschen zum Marienplatz.6 Sevim Dagdelen hält eine beeindruckende Rede.7 Die Men-
schenkette, die zeitgleich vom Stachus bis zum Marienplatz reicht, hat ca. 500 Teilnehmer.

Der Einsatzleiter Norbert Radmacher rekapituliert: „Ich bin mit dem bisherigen Verlauf des Ge-
samteinsatzes rund um die Sicherheitskonferenz und auch mit dem Ablauf der Versammlungen sowohl am Freitag als auch am Samstag sehr zufrieden. Gerade das Engagement der eingesetzten Kräfte möchte ich hervorheben. Hier wird für Sicherheit auf einem sehr hohen Niveau gesorgt. Auch den friedlichen Verlauf der Versammlungen möchte ich noch herausstellen und mich ebenfalls für das gerade in den letzten Tagen oft gezeigte Verständnis unserer Bürgerinnen und Bürger bedanken.“8

Wolfgang Ischinger: „Es ist ja gesagt worden, die EU muss die Sprache der Macht erlernen. Ja. Wenn Deutschland aber nicht bereit ist, selber die Sprache der Macht zu lernen und zu sprechen, dann wird’s nichts werden.“9


1 Siehe https://sicherheitskonferenz.de/

2 Siehe „war starts here“.

3 Siehe https://keinesicherheit.blackblogs.org/

4 http://karawane-muenchen.org/

5 Pressestelle des Polizeipräsidiums München

6 Siehe die Bilder der Demonstration „alles muss sich ändern 1“ von Peter Brüning und „alles muss sich ändern 2“ von Günther Gerstenberg. Siehe dazu auch https://www.ossietzky.net/artikel/problembaeren-in-muenchen/.

7 Siehe https://www.redglobe.de/der-rote-kanal/1-germany/detail/420-anti-siko-2020-rede-von-sevim-dagdelen-mdb-die-linke-15-2-2020-am-marienplatz-in-muenchen?tmpl=compo. und https://www.antisiko.de/. Ein Video der Demo ist hier zu sehen: https://youtu.be/Wu37sDLrGi4, ein Bericht über die Demo hier: https://youtu.be/hGGmiTmTqPI. Reiner Brauns Rede ist hier: https://youtu.be/787Qt1GHnxA. Weitere Fotos: https://c.gmx.net/@329896325963322658/Mcca8o4BRS6KRjJd2OfHVA. Anja Ufermanns Resümee: www.mskveraendern.de

8 Pressestelle des Polizeipräsidiums München

9 Radiosender Bayern 2 am 26. Juni 2020

Überraschung

Jahr: 2020
Bereich: Sicherheitskonferenz