Flusslandschaft 1974

Medien

»Kommunikation / Je mehr ich die Tageszeitung / lese, / desto einsamer / fühle ich / mich« Wolf-Dieter Krämer am 19. Februar

Die Diktatur der Einschaltquote verbannt außergewöhnliche, provokante oder kritische Sendungen in die sehr späten Abendstunden des Fernsehens. Eine negative Begleiterscheinung: Wer bis weit in die Nacht vor der Glotze sitzt, kommt am nächsten Tag zu spät zur Arbeit. Manche sind beim Ar-
beiten unkonzentriert. Arbeitgeber registrieren dies. Karrieren werden abgebrochen, Kündigungen machen arbeitslos. Jetzt können die erwerbslose Kollegin und der erwerbslose Kollege bis spät in die Nacht hinein fernsehen. Sicher sehen sie auch einen Film, der die Diktatur der Einschaltquote kritisch beleuchtet.1

Am 31. Mai beklagt Franz Josef Strauß auf dem CDU/CSU-Medienkongress in München die herr-
schenden Einseitigkeiten: „Mit welch raffinierten Mitteln von Hamburg bis München das Bild unserer politischen Wirklichkeit verzerrt wird, ist beispielsweise aus dem krassen Gegensatz zwi-
schen Wahlergebnissen und Programmtendenzen erkennbar.“2

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Linksalternative kritisieren die bürgerliche Presse als Mainstream-Medien. Letztendlich würden diese alle das Selbe erzählen. Da mache es auch nichts, wenn sich die angeblichen Konkurrenten zusammenschlössen. Probleme bekämen nur die Belegschaften.4

Gehört Opposition zur Demokratie? Oder ist Opposition immer schon die subversive Absicht, Staat und Gesellschaft zu unterminieren und zum Einsturz zu bringen? Frank Kitson, Im Vorfeld des Krieges. Abwehr von Subversion und Aufruhr, Stuttgart-Degerloch, 1974, schreibt: „Wenn aber die Regierung die subversive Partei einschließlich ihrer gesamten bewaffneten und unbewaffneten Ge-
folgschaft ausschalten will, muss sie die Kontrolle über die Bevölkerung gewinnen.”5

(zuletzt geändert am 8.4.2023)


1 Siehe „Das Fernseh-Journal Negativ-Porträt“ von Klaus Eder.

2 Funk Report 11 vom 21. Juni 1974.

3 Blatt. Stadtzeitung für München 24 vom 31. Mai 1974, 7.

4 Siehe „Herr Redaktör, die Zeiten werden schwör!“.

5 Zit. in: Henry Düx, Fliehen wäre leicht. Roman, Weinheim und Basel 1979, 13.

Überraschung

Jahr: 1974
Bereich: Medien

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