Flusslandschaft 1957

Frauen

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Frauen – das ist zur Zeit ihr Daseinszweck – stehen zur Verfügung. Ihr Verhalten folgt Regeln, ihr Aussehen dem Diktat einer standardisierten schönen Form. Den Anforderungen zu entsprechen, gelingt ja eigentlich nie. Frau ist immer entweder zu klein oder zu groß, zu schmal oder zu breit, zu laut oder zu leise, zu klug oder zu dumm, zu schnell oder zu langsam, zu fein oder zu grob … Nie genügt sie dem Ideal. Deshalb motivieren Frauen ihre Ansprüche, oft verbunden mit eigenen Schuldgefühlen, alles daranzusetzen, die herrschenden Erwartungen zu erfüllen. Diese sind zu ihren eigenen geworden. Erfolg hat nur, wer ständig sich bemüht und den Modediktaten nach-
kommt. Die Ambivalenz der gepanzerten Verlockung erhöht den Reiz, befördert männliches Be-
gehren. Frau ist im Zwiespalt: Spielt sie mit, ist das Versprechen auf Glück beinahe greifbar, erlebt sie hin und wieder auch kurzes Gelingen. Der Absturz ist umso größer, wenn mit der Zeit die Illusi-
onen wie Seifenblasen zerplatzten. Spielt sie nicht mit, steht sie im Abseits. Irgendwann aber, viel-
leicht schon in den 60er Jahren, werden die, die nicht mehr „mitspielen“, immer mehr, machen sich bemerkbar, ändern die Zustände. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.


1 Das Schönste. Die Monatsschrift für alle Freunde der schönen Künste 6 vom Juni 1957, München, 59.

2 Das Schönste. Die Monatsschrift für alle Freunde der schönen Künste 8 vom August 1957, München, 55.

3 Das Schönste. Die Monatsschrift für alle Freunde der schönen Künste 9 vom September 1957, München, 53.

4 Das Schönste. Die Monatsschrift für alle Freunde der schönen Künste 10 vom Oktober 1957, München 68.

Überraschung

Jahr: 1957
Bereich: Frauen