Materialien 1976
Franz und Josef
F.J. Strauß hat früh erkannt,
daß man auch im Bayern-Land
mit der wortgewandten Lippe
schnell hinkommt zur Futterkrippe.
Pauker wollte er nicht sein
und zog in den Landtag ein.
Hier fand er den rechten Ton
für die Christ-Sozial-Union.
Bald bedeckte schwarze Farbe
oftmals eine braune Narbe
und es zeigte sich als Christ,
wer es nie gewesen ist.
Dazu holte man herbei
schnell noch des Kolumbus Ei
dadurch, daß man schlichtweg stahl
bei Karl Marx das Wort ,sozial’.
,Christlich’ und ,sozial’ gerüstet,
hatte man sich dann gebrüstet,
man sei auch noch ,national’
und dazu recht ,liberal’.
Kinder, wenn man jetzt so sieht,
wessen Weizen förmlich blüht,
stellt man fest und das mit Schrecken:
Hitler grinst aus allen Ecken
in der Hauptstadt der Bewegung,
das zeigt hier so manche Regung.
Desperados, Potentaten
und die Kopf-ab-Demokraten
heulen wieder wie die Wölfe
fünf Minuten vor halb Zwölfe,
und sie merken selbst es nicht,
weil es an Verstand gebricht.
So belastet, so geformt
und vom Kardinal genormt,
zog Franz Josef an den Rhein,
um in Bonn dabei zu sein,
wo man Bundespolitik
mauschelt oft mit Ungeschick.
Wo man in dem Hohen Haus
seine Fahne hängt heraus.
Wo man mit Theaterdonner
zeigt sich als ,gestand’ner’ Bonner.
Wo man im Parteienstreit
in der Regel geht zu weit.
Wo man Geist oft sehr vermißt,
gegenseitig sich bepißt.
Wo man schließlich sich dann wundert,
wenn der Bürger kunterbuntert
und so mancher Terrorist
es durch Bonn geworden ist.
Im Orchester der Nation
blies Franz einst das Saxophon.
Unter Konrad Adenauer
wurde er dann schließlich schlauer,
schlug die Pauke mit Elan
und kam so dann rasch voran.
Aus dem gestrigen Philister
wurde ein Ressort-Minister.
Bei der lieben Bundeswehr
machte er die Kassen leer.
Mancher Freund aus der Partei
erntete recht gut dabei.
Starfighter und Panzerwagen
schlugen ihm hart auf den Magen.
Einer sah schon im Visier
echt und recht ein Darmgeschwür.
Wehner wollte operieren
aber nicht den Tod riskieren.
Doch der eit’rige Gestank
machte nur die andern krank.
Franz dagegen blieb gesund
und blieb weiterhin beim Bund.
Eines, das ist heute sicher:
Strauß ging ran wie weiland Blücher.
Seine größte Heldentat
war des SPIEGEL’s Land’sverrat.
In den Knast schob er schnell ab
Augstein mit dem ganzen Stab.
Dieser Wankel-Journalist
stocherte in seinem Mist
immerhin schon manches Jahr
und das hieß für ihn: Gefahr!
Deshalb mußte er vom Fenster,
denn Franz sah nur noch Gespenster.
Diese rieten ihm gelassen:
Deine Feinde mußt Du hassen!
Und das merkte sich Franz wohl.
Heute spürt es Helmut Kohl,
denn auch dieser steht im Weg
auf dem Bundeskanzler-Steg.
Jetzo glaubten wieder viele
aus sei es mit Franzens Spiele.
Mancher sah ihn schon im Loch.
Aber Pfeifendeckel doch,
aus dem ,Bundeswehr-Tournister’
kroch bald ein ,Finanzminister’.
Viele glaubten, daß er sterbe
mitten im Finanzgewerbe.
Diese freuten sich zu früh.
Jene, die schon viel besaßen
ließ er auf dem Steuer-Rasen
progressiv die Beutel füllen,
und so schuf er sich im Stillen
Freunde, die ihm sehr viel nützen
und ihn bei den Wahlen stützen.
Diesen doch, den vielen Kleinen
ließ er auch die Sonne scheinen.
Wenigstens auf dem Papier,
so erscheint die Sache mir.
Er ließ sie im Dunkel tappen
und gleich wiederum berappen.
Die erhöhte Mehrwertsteuer
kam den Kleinen ziemlich teuer.
Aber ach, sie merkten’s nicht
Franz bewahrte sein Gesicht.
Plötzlich war man überrascht
und man frug sich: ob er hascht? …
Aus New York kam üble Kunde:
Franzl hätt in schwacher Stunde
nicht gefunden sein Hotel
sondern so ein Top-Bordell.
Und hier hätte eine Nutte
mit der Bajuwaren-Putte
heiß geliebt und unverfroren
ihm die Brieftasch’ ausgeschoren.
Dann Franz Josef ohne Geld
in die heile Welt gestellt.
Wenn man das so überdenkt
und nicht mauschelt und vermengt,
diplomatisch nicht verziert,
streng nach Freud analysiert,
muß man offen schlichtweg sagen:
Unchristlich ist solch’ Betragen!
Zwar soll man den Nächsten lieben
aber keine Nutte schieben.
Vorab, wenn man schon als Christ
grundsätzlich dagegen ist.
Auch im Alten Testament
sprach der Herr sehr vehement,
daß man fremdes Fleisch verachte,
tugendsam stets danach trachte,
daß man männlich immer bleibe
gegenüber jedem Weibe.
Ausgenommen, sagt er schlau,
sei stets nur die eig’ne Frau.
Wenn man sich daran nicht schere,
ginge durch die Nadelöhre
eher ein Kamel mit Füßen
als Gerechte, die nicht büßen.
Ob er nun gebüßt, ob nicht,
sagt kein Polizeibericht.
Nur das eine sagt er bieder:
Franz hat seine Brieftasch’ wieder,
und die Nutte Mary Kast
sitzt dafür 3 Jahr im Knast.
Ludwig Börst-Reidel
{Ludwig Börst-Reidel, geboren 1912, „einer jener, die nach dem III. Reich ins große Schweigen traten, ist wieder da und das gleich mit mehreren Buchtiteln“. Aus der „STAR-fighter von Bayern, BIO-Grafisches um Franz Josef Strauss in Versen“ bringen wir einen Auszug als Vorabdruck.}
kürbiskern. Literatur, Kritik, Klassenkampf 3/1976, 157 f.