Flusslandschaft 2024

Sicherheitskonferenz

Die 60. Münchner Sicherheitskonferenz findet vom 16. bis 18. Februar 2024 statt, die Münchner Friedenskonferenz am 16. Februar, Kundgebung, Demonstration und Protestkette finden am 17. Februar statt. Zur ersten Protestaktion kommt es am Mittwoch, 14. Februar, um 11 Uhr auf dem Promenadeplatz vor dem Bayerischen Hof.1

Die Gruppe break isolation sieht im Aufruf des „Aktionsbündnisses gegen die Nato-Sicherheits-
konferenz“ am 27. Januar „schreiende Leerstellen und beredtes Schweigen“ sowie eine fehlende Distanzierung von rechten Inhalten.2

Einige Stadträtinnen und Stadträte der SPD Volt-Fraktion und der Fraktion Die Grünen-Rosa Liste stellen am 1. Februar den Antrag, die Förderung der Internationalen Münchner Friedenskonferenz einzustellen: „Das Kulturreferat wird aufgefordert, seine Förderlandschaft im Lichte der erforderli-
chen Konsolidierungen kritisch zu hinterfragen. In diesem Sinne und zur Stärkung seiner Kernauf-
gaben soll die Förderung der ‚Internationalen Münchner Friedenskonferenz‘ ab sofort und künftig nicht mehr erfolgen. BEGRÜNDUNG: Eine kommunale Unterstützung der ‚Internationalen Münchner Friedenskonferenz’ als zivilgesellschaftliches Gegenüber zur ‚Sicherheitskonferenz‘ hat bei einer aufgabenkritischen Hinterfragung im Förderportfolio des Kulturreferats keinen hinrei-
chenden Anknüpfungspunkt mehr. Eine allgemein- bzw. weltpolitisch ausgerichtete Initiative ohne ausreichend erkennbare kommunale Befassung ist in einer Förderung durch die Kulturverwaltung deplatziert.“3 Ein Gegenantrag lautet: „Das Kulturreferat wird aufgefordert, die Förderung der „In-
ternationalen Münchner Friedenskonferenz“ fortzusetzen. Begründung: Mit der vorgeschobenen Begründung der Haushaltskonsolidierung beantragen SPD/Volt und Grüne/Rosa Liste, die Förde-
rung der Münchner Friedenskonferenz in Höhe von 6500 € einzustellen. Dass dies nicht ernst ge-
meint sein kann, zeigt die symbolische Höhe der Förderung. Eine Stunde Stadtratsvollversamm-
lung kommt teurer. Wir befürchten, dass Grün-Rot auch hier in München die „Zeitenwende“ vor-
anbringen will. Es soll nicht mehr über den Frieden gesprochen werden, über Abrüstung oder al-
ternative Vorstellungen von Sicherheit – dabei wäre dies heute und in einer Stadt, deren Oberbür-
germeister Mitglied der „Mayors for Peace“ ist, wichtiger denn je. Die „Sicherheits-Konferenz“ hingegen wird seit eh und je unkritisch gesehen. Gleichzeitig zeigt dieser Antrag ein besonders perfides Vorgehen der Stadtratsmehrheit. Mit den Organisator*innen wurde nicht gesprochen. Eine (vielleicht kritische) inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen der Friedenskonferenz wird umgangen, stattdessen soll über den kalten Entzug von Fördermitteln die Friedenskonferenz liquidiert werden. Initiative: Stadträtin Brigitte Wolf“4

Die Gruppe München International moniert im Februar am Aufruf des „Aktionsbündnisses gegen die Nato-Sicherheitskonferenz“ dessen naive dichotomische Weltsicht. Weder erwähne der Aufruf Putins Angriffskrieg oder das Massaker der Hamas noch das Terrorregime im Iran.5

Am Freitagmorgen des 16. Februar demonstrieren 250 Anhänger des 1981 in Paris gegründeten Nationalen Widerstandsrats des Iran auf dem Odeonsplatz und warnen vor einer neuen Hinrich-
tungswelle. Sie rufen die Vereinten Nationen und die Teilnehmer der Sicherheitskonferenz zu einem konsequenteren Vorgehen gegen die theokratische Staatsführung in Teheran auf. Alleine im Januar seien mindestens 83 Menschen hingerichtet worden seien. Seit Ausbruch des Gaza-Krieges habe es bereits 400 Hinrichtungen gegeben. Die iranischen Revolutionsgarden sollen als „Tötungs-
maschinerie“ in die EU-Terrorliste aufgenommen, die Sanktionsbeschlüsse der Vereinten Nationen gegen das iranische Atomprojekt und die Einstufung der iranischen Regierung als Bedrohung für den Weltfrieden sollen reaktiviert werden. Eine dem iranischen Religionsführer Ali Chamenei nachempfundene, aufblasbare riesige Figur löst beim Betrachter Ekelgefühle aus.

Für Samstag, den 17. Februar, sind 13 Kundgebungen angemeldet. U.a. wird gegen Menschen-
rechtsverletzungen in Bangladesh und Äthiopien demonstriert. Auf dem Stachus hat das Aktions-
bündnis gegen die Sicherheitskonferenz
um 13 Uhr etwa 3.000 Menschen versammelt. Der Ablauf: Auftakt-Kundgebung mit Rede vom Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz, mit Reden von Rihm Hamdan und Shelly Steinberg, Jugendrede von Ronja; Musik: Die Ruam – 14:00 Uhr: Demonstration über Residenzstraße, Dienerstraße, Marienplatz, Tal, Thomas-Wimmer-Ring, Maximilianstraße, Residenzstraße zum Odeonsplatz – 14 Uhr: Protest-Kette: Umzingelung des Tagungsortes über Theatinerstraße, Weinstraße, Kaufingerstraße, Neuhauser Straße, Stachus, Lenbachplatz, Platz der Opfer des Nationalsozialismus, Brienner Straße zum Odeonsplatz; Musik: Münchner Ruhestörung – 15 Uhr Abschlusskundgebung am Marienplatz: Es reden Clare Daly, Mitglied des Europaparlaments der Fraktion GUE/NGL, über die Militarisierung der EU und die Folgen der Kriege, Jürgen Rose zum Krieg in der Ukraine und Yanis Varoufakis über die NATO, deren neues strategisches Konzept und dessen Auswirkungen auf den Süden; Musik: StreetOps Music und Heiter bis Wolkig — Die Protestkette geht mit einer 35 Meter langen Plane, auf der Tau-sende von Opfern des Gaza-Krieges namentlich genannt sind, durch das Karlstor in die Neuhauser Straße. Es wimmelt von Touristen, Flaneuren und Einkaufenden. Ein Passant brüllt den Verant-wortlichen dieser Web-Seite an: „Ihr habts d’ Greana gwäit, jatz habts Eiern Dreck im Schachtal.“ („Ihr habt grün gewählt, jetzt habt Ihr Euren Mist.“) Etwas verdattert erwidert der Angeplärrte: „I net, i hobs no nia net gwäit.“ Die Menschenkette schiebt sich durch die Massen bis zum Marien-platz. Ein Mann zeigt ein Schild mit einem Zitat von John Lennon. Auf der Rückseite der Tafel steht: „Vladimir Putin ist ein feiner Mensch.“ Während eine Polizistin die Personalien des Mannes aufnimmt und mit der Einsatzleitung telefoniert, ob hier strafrechtliches Verhalten vorliegt, schimpft ein Demonstrant: „Wegen Dir haben wir eine schlechte Presse.“ Mehrere Teilnehmer der Menschenkette reagieren aggressiv auf den Provokateur, der schließlich von mehreren Polizisten geschützt wird.6

Während die Linken die NATO als bewaffneten Arm der „Ersten Welt“ kritisieren, steht die NATO für Rechte den deutschen Interessen im Wege. Insofern stehen sich Linke und Rechte diametral gegenüber. Das ändert nichts daran, dass München steht auf eine zweite Demonstration am 17. Februar ab 14 Uhr auf dem Königsplatz veranstaltet. Vor etwa 2.000 Demonstrantinnen und Demonstranten sprechen Ingrid Pflanzelt, Reiner Braun, Jürgen Todenhöfer, Florian Pfaff und andere. Der Österreicher Kilez More rappt Friedenssongs. Der Demonstration schließen sich viele Passantinnen und Passanten an, sodass 5.000 Menschen durch München ziehen. München steht auf spricht sich für Zivilcourage und «wahre, gute, ehrliche Mitmenschlichkeit» aus: «Zuallererst sind wir Menschen, die an die Würde des Menschen als Individuum glauben.» Tatsächlich ist bei näherem Hinhören eine geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Rhetorik ver-
nehmbar. Auch die Nähe zur AfD wird u.a. in Chatgruppen offenbar.7

Zur gleichen Zeit demonstrieren etwa 2.000 Ukrainerinnen und Ukrainer am Odeonsplatz für weitere Waffenlieferungen. Zu ihnen reden u.a. Münchens zweiter Bürgermeister Dominik Krause (GRÜNE), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP-MdB) und der bayrische Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Währenddessen findet in Schwabing ein Autokorso statt. An die Hundert Teil-
nehmer halten kosovarische Flaggen aus den Fahrzeugen, sitzen auf den Dächern der Pkw und tanzen auf den Straßen zur Feier der Unterzeichnung der Unabhängigkeit des Kosovo.

Siehe auch „Internationales“.


1 Siehe https://www.antisiko.de/antisiko-2024/aufruf-2024/. Siehe auch Claudia Wangerin, In: https://www.telepolis.de/features/Zweierlei-Nato-Kritik-Dieser-Unterschied-ist-fundamental-7519258.html. Diverse Artikel zur Anti-Siko-Initiative finden sich in https://www.labournet.de/interventionen/kriege/antimili-all/verhandeln-statt-schiessen-abruesten-statt-aufruesten-auch-2023-demo-gegen-die-nato-sicherheitskonferenz-am-18-februar-und-friedenskonferenz-in-muenchen/. Der „Munich Security Report 2024“, ein Begleitheft zur Konferenz mit außenpolitischen Analysen, warnt vor einer„Lose-Lose“-Dynamik: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9486

2 Siehe „„Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ Eine antimilitaristisch-antifaschistische Intervention“.

3 Ob die „Friedenskonferenzen“ Sinn machten oder nicht, darüber kann sich jede Frau und jeder Mann ein eigenes Bild machen: https://friedenskonferenz.info/archiv/

4 Auch Hans Limmer, Dipl. Politologe und ehemaliger Programmdirektor der Münchner Volkshochschule, protestiert in einem Brief an den Oberbürgermeister. Siehe https://friedenskonferenz.info/wp-content/uploads/2024/02/Protestbrief-an-den-OB-Reiter_VHS-Direktor-Limmer-a.D.pdf. Ebenso protestiert Heidi Meinzolt: „Was will die Friedenskonferenz in Kriegszeiten neben der Münchner Sicherheitskonferenz?“. Siehe auch die Solidaritätsadresse https://www.antisiko.de/aktuelles/solidaritaet-mit-der-friedenskonferenz/.

5 Siehe „Kritik einer jungen internationalistischen Münchner Gruppe am „Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz““.

6 Siehe die drei Filme von Gerhard Hallermayer: – https://www.youtube.com/watch?v=vWTsNas5N7Qhttps://www.youtube.com/watch?v=ou96PdFPTdAhttps://www.youtube.com/watch?v=iAHC7AIDOEI. Siehe die Fotos von Kundgebung und Protestkette der „antiSiko“ von Günther Gerstenberg.

7 Ein Briefwechsel zwischen „München steht“ auf und dem „Aktionsbündnis gegen die Münchner Sicherheitskonferenz“ ist hier zu lesen: https://muenchen-steht-auf.de/briefwechsel-zwischen-2-protestkulturen/ – Die Rede Todenhöfers auf dem Königsplatz: https://www.facebook.com/reel/920671139567429 – Zur Strafanzeige Todenhöfers gegen die Bundesregie-
rung: https://www.facebook.com/reel/414951957858928 — Siehe auch die Rede von Ingrid Pflanzelt: https://www.youtube.com/watch?v=erbAH_WXYPA

Überraschung

Jahr: 2024
Bereich: Sicherheitskonferenz