Flusslandschaft 1949
KPD
Kommunistinnen und Kommunisten haben es immer schwerer. Die Politik wird immer restriktiver und lässt schon das drohende Parteiverbot ahnen. Die Repression nimmt zu.1 Zugleich setzt sich der Führungsanspruch der SED in den westdeutschen Parteizentralen der KPD durch. Der populä-
re Vorsitzende der bayrischen KPD, Georg Fischer, spricht aus, was manche Genossinnen und Ge-
nossen denken. Die beinahe religiöse Verehrung des „großen Stalin“ sei Byzantinismus. Dann kriti-
siert Fischer den westdeutschen KPD-Vorsitzenden Max Reimann, welcher die Tatsache feiert, dass eine KPD-Veranstaltung im Zirkus Krone 2.500 Teilnehmer hatte. Fischer: „Was bedeutete eine solche Zahl in einer Stadt, die auf eine Million Einwohner zusteuerte. Doch keine Besonder-
heit, die als Erfolg herausgehoben werden musste.“2 Das Schlimmste aber ist, dass Fischer darauf beharrt, dass die KP Jugoslawiens nicht, wie es Stalin formuliert, „Verrat an der internationalen Arbeiterbewegung“ geübt habe. Ein Münchner Inquisitionstribunal setzt dem bayrischen KPD-Vorsitzenden zu.3 Mitte September erklärt Fischer entnervt seinen Parteiaustritt. Zwei Tage später besucht ihn der US-amerikanische Generalkonsul Word, um ihm seine Unterstützung anzubieten, und kurz nach diesem der Leiter des amerikanischen Abwehrdienstes für Europa, van der Koorten, der sich als Italiener ausgibt, Grüße von italienischen Partisanen überbringt, mit denen Fischer während des II. Weltkrieges in Kontakt stand, und über die internen Strukturen der KPD sprechen will. Fischer: „Erstaunlich waren seine genaue Kenntnis in Sachfragen, der Organisation, der menschlichen Beziehungen, selbst der Charaktereigenschaften der Parteifunktionäre bis ins Detail, alles Informationen, die nur von Personen stammen konnten, die jahrelang im Parteihaus tätig waren.“4 Fischer informiert darüber den neuen KPD-Vorsitzenden und weist ihn auch darauf hin, dass im innersten Zirkel der Parteiführung ein Spitzel sitzen muss.5 Inwieweit die Parteiführung reagiert und sowohl Parteimitglieder als auch die Öffentlichkeit davon informiert bzw. gegen die Bespitzelung protestiert, ist noch nicht bekannt.
1 Siehe „Sie kamen um 5 Uhr in der Früh’“ von Herbert Hösl.
2 Georg Fischer, Vom aufrechten Gang eines Sozialisten. Ein Parteiarbeiter erzählt, Berlin/Bonn 1979, 239.
3 Siehe „Ich sah rot“ von Georg Fischer.
4 Georg Fischer, Vom aufrechten Gang eines Sozialisten. Ein Parteiarbeiter erzählt, Berlin/Bonn 1979, 243.
5 Siehe „Begegnungen“ von Georg Fischer.