Flusslandschaft 1979
Internationales
- Iran
- Amerika
- Kampuchea
- Vietnam und VR China
- Argentinien
- Guatemala
- Türkei
- Zentralafrika
- Uganda
- El Salvador
- Südkorea und USA
- Nicaragua
- VR China und Taiwan
- Afghanistan, UdSSR und USA
IRAN
Am 2. November 1978 besetzten fünfzehn persische Staatsangehörige das Iranische Kaiserliche Generalkonsulat in der Prinzregentenstraße 78 und fanden dabei Schriftstücke, die sie übersetzen und jetzt im Blatt veröffentlichen.1
Studenten demonstrieren am 14. September im iranischen Generalkonsulat gegen Praktiken der neuen Regierung.2
Studenten aus den USA demonstrieren am 16. November für Geiselfreilassung im Iran.3
AMERIKA
Frühjahr: Beteiligung an der Konferenz der Indianerarbeitsgruppen in Essen (19 – 21.1.) Regel-
mäßige Informationsstände an der Münchner Universität. Im Mai Beteiligung an einem Stadt-
teilfest.
Sommer: Illustrationen für drei Apache-Schulbücher für die White River Apache Community School. Erstellung einer ausführlichen, kommentierten Literaturliste deutschsprachiger Indi-
anerbücher. Kleinere Film- und Informationsabende.
Herbst: 19. – 21.10. Beteiligung an einer Veranstaltung der Stadt München: „Kinder in Lateiname-
rika“ mit Informationsstand, Kindermalaktion, Filmvorführungen, Unterschriftensammlung gegen Zwangssterilisation indianischer Frauen, Geldsammlung für Survival Schools. Verteilung von Peti-
tionen zur GfbV-Veranstaltung in Bergen-Belsen. Mithilfe bei einer Indianerbuchwoche der Uni-
versum-Buchhandlung und Filmabend. Mitveranstalter einer Indianerfilmwoche in Freising
Gesellschaft für bedrohte Völker, c/o Ursula Wolf, Kagerbauerstraße 12, 8023 Pullach
KAMPUCHEA
1975 kamen die Roten Khmer in Kambodscha an die Macht. Im Land wohnen knapp acht Millio-
nen Menschen. Unter dem Pol-Pot-Regime sterben bis Anfang 1979 zwischen 750.000 und einer Million. Andere Zahlen sprechen von zwei bis drei Millionen Opfern.
VIETNAM und VR CHINA
Am 19. Februar finden Kundgebungen gegen den Einmarsch Chinas in Vietnam statt.4
ARGENTINIEN
1978 sagte die Bundesregierung zu, fünfhundert politische Gefangene aus Argentinien aufzuneh-
men. Nichts ist geschehen. Am 24. März protestiert das Münchner Lateinamerika Komitee da-
gegen in der Fußgängerzone und fordert auch die Landeshauptstadt München auf, sich um das Schicksal des Münchners Klaus Zieschank zu kümmern, der am 26. März 1976 in Argentinien spurlos „verschwunden“ ist.5
GUATEMALA
Manuel Lopez Balam, Generalsekretär der Gewerkschaft der Arbeiter in der Getränkeindustrie, wird am 5. April beim Getränkeausfahren erschossen.
TÜRKEI
Am 14. April demonstriert der rechtsextreme „Türkische Idealistenverein“ für die NATO.6
Türken demonstrieren am 23. Juni gegen die rechtsextreme türkische Organisation Graue Wölfe.7
Im Herbst versuchen zwei Türken ein Plakat zum Wahlboykott beim türkischen Konsulat in der Menzingerstraße 3 zu kleben. Ein Konsulatsangehöriger feuert 7 bis 8 gezielte Schüsse und verletzt dabei einen unbeteiligten Passanten.8
ZENTRALAFRIKA
Auf Befehl des autokratischen Kaiser Bokassa werden im April über 100 Schulkinder erschossen, weil sie ohne vorgeschriebene Uniformen die Schule besuchten.
UGANDA
Präsident Idi Amin, der „Schlächter von Afrika“, wird im April gestürzt. Schätzungen über die Opfer seines Regimes zwischen 1971 und 1979 belaufen sich auf 300.000 bis 400.000 Menschen.
EL SALVADOR
Im Mai zwingt ein Volksaufstand die Regierung, inhaftierte Oppositionelle freizulassen.
SÜDKOREA und USA
US-Präsident Carter will am 30. Juni den südkoreanischen Diktator Park Chung-Hee besuchen. In dessen Land vegetieren Arbeiterinnen und Arbeiter unter dem Existenzminimum, wird jede freie politische und gewerkschaftliche Betätigung unterdrückt, politisch Andersdenkende werden ver-
haftet, gefoltert und ermordet. Die Münchner Ortsgruppe des Korea-Komitees protestiert mit Flugblättern.9
NICARAGUA
Unter Führung der 1961 gegründeten Sandinistische Front der Nationalen Befreiung (FSNL) siegt nach über vier Jahrzehnten Diktatur im Juli der Volksaufstand in Nicaragua. Am 17. Juli 1979 flieht Anastasio Somoza Debayle mit seinen Schergen ins Ausland. Ein breites Bündnis von konser-
vativen Kräften bis zur FSLN übernimmt die Regierung, wobei die FSLN bald tonangebend ist und sich die wichtigsten Machtpositionen sichert.
Zu den ersten Maßnahmen der neuen Regierung gehören die Enteignung des Besitzes der Familie Somoza, die Verstaatlichung der Banken und Minen, die Abschaffung der Todesstrafe, die Etablie-
rung der Meinungsfreiheit, umfangreiche Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen sowie eine Agrarreform zu Gunsten landloser Bauern.
1981 beginnt die USA-Administration damit, die geflüchteten Nationalgardisten zu sammeln, um eine Contra-Guerilla aufzubauen, und errichtet in den Nachbarstaaten El Salvador, Honduras und Costa Rica Interventionsbasen. Mitte der 80er Jahre befinden sich 12.000 bis 17.000 Contras in Honduras. International und auch in München laufen Solidaritätsaktionen für das revolutionäre Nicaragua an.
VR CHINA und TAIWAN
Taiwan-Chinesen protestieren am 26. Oktober gegen den Besuch von Chinas Partei- und Regie-
rungschef Hua Guofeng.10
AFGHANISTAN, UDSSR und USA
Seit 1978 stellt die Demokratische Volkspartei Afghanistans (DVAP) die Regierung im Lande.
Ihr Ziel ist eine Alphabetisierungskampagne, die Emanzipation der Frau, Säkularisierung, eine Landreform und gleiche Rechte für alle Volksgruppen im Lande. Die mittelalterlich anmutenden, feudalen Gesellschaftsstrukturen stehen diesem Modernisierungsprogramm im Wege. Die be-
nachbarte Sowjetunion unterstützt das Programm der neuen Regierung. Islamisten, Volksgruppen und Feudalherrn, die um den Bestand ihrer Privilegien fürchten, beginnen dagegen mit Sabotage-
aktionen.
Für die US-Administration ist alles, was die Sowjetunion unterstützt, des Teufels. Ihre führenden Strategen imaginieren Planspiele, in denen die Destabilisierung der afghanischen Regierung die Regierung der Sowjetunion zu einem militärischen Eingreifen provoziert und naturgemäß damit schwächt. Ab Juli 1979 beginnt die US-Administration noch inoffiziell und unter Geheimhaltung mit der Unterstützung der Islamisten.
Die Sowjetunion lehnt zunächst eine militärische Unterstützung der in die Defensive gedrängten afghanischen Regierung auch auf Bitten der DVPA hin ab. Erst nach einer weiteren Eskalation und einem Putsch innerhalb der DVPA marschieren sowjetische Soldaten im Dezember in Afghanistan ein.
(zuletzt geändert am 18.9.2020)
1 Siehe „Dokumente der Kollaboration“.
2 Vgl. Süddeutsche Zeitung 213/1979.
3 Vgl. Süddeutsche Zeitung 267/1979.
4 Vgl. Süddeutsche Zeitung 42/1979.
5 Vgl. Blatt. Stadtzeitung für München 143 vom 6. April 1979, 37.
6 Vgl. Süddeutsche Zeitung 88/1979.
7 Vgl. Süddeutsche Zeitung 143/1979.
8 Vgl. infodienst münchen 19 vom 14. Mai 1990.
9 Sammlung Südkorea, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung
10 Vgl. Süddeutsche Zeitung 249/1979.