Flusslandschaft 1987
Alternative Szene
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Am 27. Februar findet die Eröffnungsfete des Infoladen in der Breisacherstraße 12 in Haidhausen statt. Im Herbst treffen sich hier im Keller regelmäßig das Anti-Atom-Büro, der Ermittlungsaus-
schuss, die Antifaschistische Aktion, zwei anarchistische Gruppen, Einzelkämpfer, Arbeitsgruppen zu speziellen Themen und naturgemäß die Crew des Infoladens.
„Der Wissenschaftsladen München stellt sich vor: Wir sind Wissenschaftler/innen verschiedener Fachrichtungen in den Natur- und Sozialwissenschaften. Es ärgert uns, dass Wissenschaft sehr spezialisiert betrieben wird und stark von den Interessen privater und ministerieller Auftraggeber bestimmt wird. Das normale Alltagsleben wird zwar von Wissenschaft und ihrer Anwendung in Technik und Politik stark bestimmt, jedoch ist dieser Zusammenhang für Normalbürger/innen kaum noch nachvollziehbar. Für uns Wissenschaftler/innen selbst ist der Bezug zum Alltag und dessen Problemen auch vielfach nicht mehr durchschaubar. Wir wollen unseren Mitbürgern/innen Zugang zu Ergebnissen und Arbeitsmethoden der verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen ver-
schaffen und gleichzeitig Gewissheit darüber, welche Themen, Fragen im Alltag wichtig sind. Wir haben einen Büroraum, einen Sitzungsraum, Zeitschriften, Bücher, eine Expertenkartei und stehen selbst zur Verfügung. Jede Person kann uns oder schriftliche Materialien im Prinzip unentgeltlich zu Rate ziehen. Wissenschaftsladen, Holzstraße 2, 8 München 3, Tel. 266510.“2
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Die Autonomen feiern den Ersten Mai wieder in der Holzstraße im Gärtnerplatzviertel.
„19. November: Rund 20 junge Leute besetzen das SPD-Büro im Vollmarhaus am Oberanger. Sie geben sich als Sympathisanten der Hamburger Autonomenszene aus und wollen mit der Aktion ‚Solidarität mit der Hafenstraße’ üben. In der Hamburger Hafenstraße sind seit etlichen Jahren Altbauten widerrechtlich besetzt. Die Häuser dort wurden mit Barrikaden versehen und zum ‚Kampf’ mit der Polizei gerüstet. Nach langwierigem hin und her kam es dort jetzt zu einer Eini-
gung, bei der der Senat der Stadt den Rechtsbrechern weitgehend entgegen kam. Die zum Teil vermummten jungen Leute im Münchner SPD-Büro erklären ihre Aktion mit Sympathie für die Besetzer der Hamburger Hafenstraße und hängen entsprechende Transparente aus dem Fester. Nach dem der SPD-Landesvorsitzende Rudolf Schöfberger längere Zeit vergeblich mit den Leuten verhandelt hat, und die sich weigern, die Räume zu verlassen, ruft er schließlich die Polizei. Diese überredet die Besetzer zum Aufgeben. Sie haben mit Verfahren wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Versammlungsgesetzt, Hausfriedensbruch, Nötigung und Zuwiderhandlung gegen das Presse-
recht zu erwarten.“4 – „20. November: Neun der neunzehn nach der Besetzung des SPD-Bundes-
büros am Oberanger festgenommenen Personen sind junge Frauen. Im Gegensatz zu ihren männli-
chen ‚Mitstreitern’ verwüsten sie ihre Arrestzellen. An den Wänden bringen sie eine ganze Anzahl von Parolen mit Fäkal-Ausdrücken gegen Staat und Polizei und Symbole. darunter, SS-Runen, an. Des weiteren verschmieren sie die Wände mit Zigarettenasche und Buntfilzstiften und versuchen, die Matratzen in der Zelle in Brand zu stecken. Wegen der Schmierereien leitet das Polizeipräsidi-
um Ermittlungen wegen ‚Bildung einer kriminellen Vereinigung und Sachbeschädigung’ ein.“5
Von Herbst 1986 bis Frühjahr 1988 beobachten und untersuchen die Diplompsychologin Waltraud Knaier und der Diplompsychologe Wolfgang Kraus neunzehn Münchner Selbsthilfeinitiativen und veröffentlichen ihr Arbeitsergebnis: Waltraud Knaier/Wolfgang Kraus, Selbsthilfeinitiativen und kommunale Förderung, Weinheim 1989.
1 Plakatsammlung, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung
2 Der Stadtbote. Politischer Rundbrief für München 12 vom 15. März 1987, 1.
3 Papiertiger. Archiv & Bibliothek, Berlin
4 1987 – 1989 hat das Münchner Stadtarchiv Chronikeinträge auf Karteikarten angefertigt. Die unter dem Stichwort „De-
monstrationen“ angelegten Einträge sind im Folgenden bis 1989 unter „Stadtchronik, Stadtarchiv München“ eingefügt. Hier: Stadtchronik, Stadtarchiv München; Süddeutsche Zeitung 267, 1, 24; vgl. freiraum — Anarchistische Zeitung 20 vom Winter 1987, 6 f.
5 Stadtchronik, Stadtarchiv München; Süddeutsche Zeitung 268, 1, 10.