Flusslandschaft 1988

Bäuerinnen und Bauern

„6. Februar: Der Bayerische Bauernverband macht innerhalb einer vom Deutschen Bauernverband bundesweit veranstalteten Großinformation auf die Existenzsorgen der Landwirte aufmerksam, wenige Tage vor einem EG-Sondergipfel in Brüssel, bei dem Bundeskanzler Kohl handeln müsse, um das ‘Bauernsterben’ endlich zu stoppen. Die Bauern verteilen Flugblätter. auf denen sie erklären, seit 1960 hätten in Bayern 150 000 Bauernhöfe aufgeben müssen.“1 Auf Tafeln steht „Europa macht die Bauern kaputt“, „Wir wollen Bauern bleiben“ und „Es leben unsere deutschen Bauern“. Auf einem Flugblatt heißt es: „Seit 1960 mussten in Bayern 150.000 Bauernhöfe aufgeben. In der Bundesrepublik waren es 683.000, das sind 71 pro Tag. So darf es nicht weitergehen!“

„18. Mai: Rund 500 Landwirte demonstrieren auf den Straßen in der Umgebung des Viktualienmarkts gegen die ‘existenzbedrohende Lage auf dem Schlachtviehmarkt’. Die Demonstranten führen neben Transparenten auch Mastbullen mit. Ursprünglich sollten bei dem Protestzug auch Schweine dabei sein, doch wurde dagegen vom Kreisverwaltungsreferat ein Verbot ausgesprochen, da Schweine als empfindlich gelten. Der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes kritisiert die ‘unzumutbare Situation’ der betroffenen Landwirte. Pro Mastschwein müssten die Bauern im Schnitt 20 Mark, pro Bulle etwa 200 Mark draufzahlen.2

Der eher konservativ ausgerichtete „Bauernverband“ versteht sich als Interessenvertreter der üblicherweise eher konservativ eingestellten Bauernschaft. Immer häufiger ertönen aber auch kritische Stimmen mit ökologischen Anklängen.3


1 Stadtchronik, Stadtarchiv München; Süddeutsche Zeitung 31, 1, 5, 11.

2 Stadtchronik, Stadtarchiv München; Süddeutsche Zeitung 115, 1, 5; Fotos: Stadtarchiv Standort ZB-Ereignisfotografie-Politik-Demonstrationen 7879 – III.

3 Siehe „Noh samma wer!“ von Anton Kammerl.