Flusslandschaft 1989

Armut

Arme haben kein Geld, sich gegen Armut zu versichern. Nur wer Geld hat, kann sich versichern. Bei Versicherungen, die Geld haben. Arme haben kein Geld, um sich Aktien zu kaufen. Und in eine Bank gehen sie selten. Eine Stadtrundfahrt erzählt vom Reichtum.1

München ist eine „im Luxus erstickende Stadt“, in der mit zunehmender Tendenz immer mehr Menschen gezwungen sind, an der Armutsgrenze zu existieren. Hier werden etwa 16.000 Obdachlose gezählt und leben etwa 100.000 Menschen in relativer Armut. Sie haben weniger oder nur wenig mehr als den Sozialhilfesatz zum Lebensunterhalt. 55.000 Erwerbslose sind im Jahresdurchschnitt registriert. Mehr als 50.000 weibliche Lohnabhängige sind in ungeschützten Arbeitsverhältnissen. Das Mietniveau liegt 53 Prozent über dem Bundesdurchschnitt … In einer Neuerscheinung2 wird der Zusammenhang zwischen Verarmungs- und Modernisierungsprozessen mit der Auseinanderentwicklung von erstem und sekundären Arbeitsmarkt auch am Beispiel Münchens hergestellt. Diese Entwicklung beschleunige „Polarisierung und Spaltung der Lebensräume“.3 — Im Oktober wird die Ausstellung „kir social“ in den Pasinger Ritterwerken eröffnet. Achtunddreißig Künstlerinnen und Künstler thematisieren die „neue Armut“ in München.

Siehe auch „Lebenshaltungskosten“.


1 Siehe „Münchner Fremdenrundfahrt“ von Wolfgang von Weber.

2 I. Breckner/H. Heinelt/M. Krummacher/ D. Oelschlägel/Th. Rommelspacher/K.M. Schmals, Armut im Reichtum: Erscheinungsformen und Handlungsstrategien in ausgewählten Großstädten der Bundesrepublik, Bochum 1989.

3 Siehe „München: Nur glänzende Fassade?“, „Immer mehr Obdachlose“ von Robert Rossmann und „Schlichtweg arm“ von Franz Kotteder.