Flusslandschaft 1989

Gedenken

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Im Mai gedenkt die „Geschichtswerkstatt“ des DGB-Bildungswerks München mit einer Veran-
staltung und Kranzniederlegung der am 5. Mai 1919 von Weißgardisten im Hofbräukeller ermor-
deten Perlacher Bürger. Erst 1996 wird an der Außenmauer des Biergartens eine Gedenktafel angebracht.

Nachdem die CSU-Mehrheit im Bayrischen Landtag entschieden hat, dass in Dachau lediglich
ein Jugendgästehaus errichtet werden soll, ist beim Förderverein Internationale Jugendbegeg-
nungsstätte Dachau
die Empörung groß. Der Verein hatte jahrelang gefordert, die Jugendbe-
gegnungsstätte auf dem Boden des ehemaligen Konzentrationslagers zu bauen.

Für den 29. Juni lädt der Projektkreis „Revolution und Räterepublik in München 1918/19“ in den großen Saal des DGB-Hauses. Es sprechen Christiane Sternsdorf-Hauck, Thomas Ebermann und Peter Glotz. Als dieser auf die verheerende Rolle der bayerischen SPD in der Revolutionszeit zu sprechen kommt, distanziert er sich von den Positionen der „rechten“ SPD und feiert den „Austro-
marxismus“ der österreichischen Bruderpartei SPÖ. Die Mehrheit im Saal nimmt dem beredten Politiker diese Volte aber nicht ab und protestiert lautstark. – Auch die Zerschlagung der Räte-
republik und der daraus resultierende völkisch-nationalistisch-faschistische Schub thematisiert der Projektkreis:

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Ende April 1945 trieben SS-Männer Zehntausende von Häftlingen aus dem KZ Dachau und aus den Außenlagern Kaufering, Mühldorf, Allach und Riem auf Todesmärschen Richtung Alpen. Im Juli 1989 errichtet die Gemeinde Gauting trotz vieler ablehnender Stimmen in der Gemeinde als erste das „Todesmarsch-Mahnmal“ des Pullacher Bildhauers Hubertus von Pilgrim. In Erinnerung an die grauenhaften Ereignisse der letzten Kriegstage stellen auch die Würmtalgemeinden Gräfel-
fing, Krailling und Planegg identische Skulpturen auf. 2014 stehen in insgesamt 22 Orten zwischen Dachau und Wakirchen solche Denkmale. Eines steht in Jerusalem, eines in der KZ-Gedenkstätte Dachau.2

Wer waren die ersten, die an vorderster Front dem ganz Europa umspannenden feudalistischen Gewaltregime entgegen getreten sind? Es waren die Bayern! Schon 1980 belegte der Redakteur für Politik und Zeitgeschichte beim bayrischen Fernsehen, Henric L. Wuermeling, dass 1705 nicht einige bornierte Bauern gegen die habsburgisch-kaiserliche Besatzung rebellierten, sondern eine alle Schichten der Bevölkerung umfassende Bewegung eine Generalprobe für die Französische Revolution in Szene setzte. Am 21. Dezember 1705 trat in Braunau am Inn ein Kongress aller vier Stände – die Bauern waren zum ersten Mal als vierter Stand anerkannt – zusammen. Dieses „Par-
lament“ hatte bis dato weltweit keine Vorbilder. Allerdings gingen die Meinungen bei diesem Kon-
gress auseinander: Die einen wollten den geflohenen Kurfürsten zurückhaben, andere meinten, „der Kaiser sei dermalen Herr“, dritte erinnern sich: „Die Erhebung geschah nicht zur Landesde-
fension, sondern es war dabei auf die völlige Kassierung des bisherigen Landesfürstlichen Regi-
ments und auf Einführung einer freien Republik abgesehen.“3 – Freilich befanden sich Bayern schon viel früher an der Spitze des Fortschritts: „Die SZ hat in ihrem Aktuellen Lexikon vom 18.7. erneut versucht, den nicht nur von der englischen Ministerpräsidentin kürzlich wiederum so sorgfältig gepflegten Mythos der Magna Charta von 1215 zurechtzurücken, wonach diese der Ur-
sprung der ,ältesten Demokratie der Erde‘ sei. Die SZ legt zutreffend dar, dass in dieser Urkunde die Rechte der Krone und – lediglich – der Feudalherren (also nicht ,des Volkes‘) voneinander abgegrenzt wurden, vor allem in der berühmten Zusage, dass Steuern nur mit ,allgemeiner Zu-
stimmung‘ (d.h. der Barone) erhoben werden dürfen. Vielleicht sollte man aber auch erwähnen, dass Feudalverträge von der Art der englischen Magna Charta – zeitgleich –damals in ganz Europa geschlossen wurden, vor allem z.B; in Spanien oder Ungarn und – natürlich – auch in Bayern. So hatten die oberbayerischen Herzöge am 2.1.1302 in Unterschneitbach/Aichach auf einem Rittertag dem Adel u.a geschworen, dass er … ,chain gemain steur fürbaz‘ geben muss. (Das Original dieser Urkunde ging allerdings leider verloren.) Dagegen liegt im bayerischen Hauptstaatsarchiv immer noch das Originalpergament der sogenannten Ottonischen Handveste aus Landshut vom 15.6. 1311, worin die niederbayerischen Herzöge der Ritterschaft und der Geistlichkeit ebenfalls be-
schwören mussten, dass ausschließlich diesen (und nicht den Herzögen) das Steuerbewilligungs-
recht zustehe und diesen ein Bündnis- und Widerstandsrecht gegen den Landesherrn dann zufalle, falls dieser die beschworenen Pflichten nicht halten sollte. Dies war der – beurkundete – Beginn des sogenannten Ständeparlaments als Ursprung der staatlichen Gewaltenteilung. Max März, Eringerstraße 8, 8000 München 21“4

Anlässlich des 9. Jahrestages des Oktoberfestattentats demonstrieren am 29. September fünf-.
hundert Menschen mit einem Fackelzug vom Platz der Opfer des Nationalsozialismus zur Wiesn.

(zuletzt geändert am 31.5.2020)


1 Plakatsammlung, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung

2 Vgl. Friedrich Schreiber: „Der Todesmarsch von Dachau“ in: Forum Politikunterricht. Hg. von der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung — Landesverband Bayern 1 vom März 2011, 18 ff. Siehe auch „Gedenken“ 1997 und „Gedenken“ 2007.

3 Henric L. Wuermeling, Volksaufstand. Die Geschichte der Revolution von 1705 und der Sendlinger Mordweihnacht, Mün-
chen 1980.

4 Süddeutsche Zeitung 171 vom 28. Juli 1989, 22.