Flusslandschaft 1995

Rechtsextremismus

Im März erhalten verschiedene Menschen und Organisationen mit der Post ein „Deutsches Mani-
fest“ zugesandt. Darin heißt es: „Am 9. Mai 1995 beginnt der Volkskrieg für das freie, selbstbe-
stimmte neue Deutsche Reich. Hebräer, Ihr habt den Krieg gegen unser deutsches Volk im Jahre 1933 begonnen. Ihr habt den Krieg auch nach 1945 rücksichtslos fortgesetzt. Ihr wollt diesen Krieg – jetzt sollt Ihr ihn haben. Bis zum 8. Mai 1995 gewähren wir Euch noch Gelegenheit zum Ver-
lassen unseres Landes. Danach seid Ihr der erklärte Feind unseres Landes, dem wir keine Gnade mehr gewähren können.“1

Am 25. April verbrennt sich der um 1919 im Sudetenland geborene Reinhold Elster vor der Feld-
herrnhalle in München. Der Text des Abschiedsbriefes von Elstner, der das verschwörungstheo-
retische Denken vieler seiner Generation wiedergibt, wird zunächst auf Geheiß seiner Verwandten in Deutschland unter Verschluss gehalten. Alleine eine englische Fassung des Revisionisten Hans Schmidt ist vorhanden. Aus diesem Text wird eine deutsche Fassung rückübersetzt. Altermedia veröffentlicht den Text und schreibt: „Die Veröffentlichung geschieht zu dokumentarischen Zwecken, Altermedia sieht sich daher genötigt, sich von Textpassagen zu distanzieren, die im Widerspruch zur gegenwärtig in der Bundesrepublik herrschenden Rechtsordnung stehen könn-
ten. Im Gegensatz zu Herrn Elstner glaubt sie in puncto Gaskammern und Holocaust alles, was die für sie zuständige Staatsanwaltschaft zu glauben für nötig befindet.“2 Seither kommt es jedes Jahr regelmäßig mehr oder weniger erfolgreich zu Versuchen, mit Gedenkfeiern und Mahnwachen Elstner zu gedenken.3 – Im Oktober 1995 verwendete der österreichische Terrorist Franz Fuchs den Namen Elstners als Absender einer an die Flüchtlingshelferin Maria Loley gerichteten Brief-
bombe.

Am 9. Juni wird ein Anschlag mit einer Briefbombe auf die farbige TV-Moderatorin Arabella Kiesbauer in München verübt, ihre Redaktionsassistentin Sabine Damman wird verletzt. Hinter dem Attentat werden rechtsextreme Täter vermutet.

Von 1990 bis 1995 starben deutschlandweit 69 Menschen durch rechtsextrem motivierte Täter. „Die Kriminalstatistik registriert 1995 für München (mehrfach), Wolnzach, Amberg, Hauzenberg, Neureichenau, Neumarkt und Erbendorf ausländerfeindliche Übergriffe (Beleidigung, Brandan-
schläge, schwere Körperverletzung) sowie weitere Straftaten durch rechtsextremistische Täter in Amberg, Straubing und Plattling; in Fürstenfeldbruck und Regensburg werden Friedhöfe mit NS-
Symbolen geschändet (Auswahl).“4

Siehe auch „CSU“.


1 Münchner Lokalberichte 12/13 vom 22. Juni 1995, 1.

2 Siehe „Deutsche!“ von Reinhold Elstner.

3 Vgl. www.de.altermedia.info/general/einer-ist-anders-erinnerung-an-den-martyrer-reinhold-elstner-250406_5413.html.

4 Robert Schlickewitz, Sinti, Roma und Bayern. Kleine Chronik Bayerns und seiner „Zigeuner“, www.sintiromabayern.de/chronik.pdf.

Überraschung

Jahr: 1995
Bereich: Rechtsextremismus

Materialien