Flusslandschaft 1997
Frauen
Seit 1996 gelten in Bayern „Ausführungsgesetze zum Schwangeren- und Familienhilfegesetz“, also Regelungen, die Abtreibungen seit dem 1. Juli 1997 unmöglich machen sollen. Zur Zeit gibt es nur zwei spezialisierte Praxen in Bayern, eine in Nürnberg, die zweite in München. Auch diese dürfen nach den neuen Bestimmungen nur maximal 25 Prozent ihrer Einkünfte aus Schwangerschaftsab-
brüchen beziehen. Der bayerische Sonderweg in der Praktizierung des § 218 veranlasst ein breites Bündnis von Humanistischer Union, Gewerkschaften, Grünen und FDP ein Volksbegehren „Glei-
ches Recht – auch für Bayerns Frauen“ in die Wege zu leiten. Bis Ende Oktober müssen 25.000 Unterschriften gesammelt werden.1
Vom 1. Oktober 1997 bis zum 30. September 1998 dauert die Kampagne „Aktiv gegen Männerge-
walt“, die unter der Patenschaft von Oberbürgermeister Christian Ude und Bürgermeisterin Dr. Gertraud Burkert über zweihundert Initiativen vereint, die sich aktiv an der Kampagne beteiligen.2
In Bayern hatte bis zur Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahre 1900 der Ehemann das verbriefte Recht, seine Gattin zu züchtigen. Seit 1976 kann eine Ehefrau frei entscheiden, ob sie berufstätig sein will und seit 1976 ist Schwangerschaftsabbruch nicht mehr in jedem Falle strafbar. Erst seit 1997 ist Vergewaltigung in der Ehe Straftatbestand. Veränderungen durchzusetzen kostet ein Unmaß an Energie und Ausdauer.
1 Vgl. „§ 218 zum 2. Der bayerische Sonderweg vorerst gestoppt“ in: Westend Nachrichten. Stadtteilzeitung für das Westend und die Schwanthalerhöh’ 43 vom Juni 1997, 8 ff. und „§ 218. Gleiches Recht – auch für Bayerns Frauen“ in: Westend Nachrichten. Stadtteilzeitung für das Westend und die Schwanthalerhöh’ 44 vom Oktober 1997, 14.
2 Siehe „Trotz allem?“.
3 Plakatsammlung, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung