Flusslandschaft 2004

CSU

Der Bund der Vertriebenen (BdV) erwartet für seine Kundgebung am 23. April 1.000 bis 2.000 Teilnehmer. Tatsächlich sind es etwa 200, die sich auf dem Marienplatz verlaufen. In einem Falt-
blatt der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL) ist eine Karte des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ abgebildet, die suggeriert, dass Böhmen und Mähren schon immer zu Deutsch-
land gehörten; auf einem Faltblatt der Schlesischen Landsmannschaft heißt es „Schlesien – Deutschlands Osten“. Grußworte bringen ein Abteilungsleiter aus dem bayrischen Arbeits- und Sozialministerium sowie der CSU-Bundestagsabgeordnete Johannes Singhammer, 1945 vertrieben und 1953 in München geboren. Singhammer fordert die Aufhebung der Beneš-Dekrete sowie das Heimat- und Selbstbestimmungsrecht der Vertriebenen und erwähnt dabei den bevorstehenden Beitritt Polens und Tschechiens: „Es ist nicht selbstverständlich, dass wir in einer Zeit, in der erstmals die deutschen Renten nicht mehr steigen, über Brüssel den Aufbau der Infrastruktur in den Beitrittsländern finanzieren.“ Dann spricht BdV-Vorsitzender Christian Knauer (CSU), 1945 vertrieben und 1952 in München geboren.

„Das zweitberühmteste Dossier ist dasjenige, das die Strauß-Tochter Monika Hohlmeier am 16. Juli 2004 in einer Sitzung des Münchner CSU-Vorstandes auf den Tisch knallte. Es ging um die Affäre Stimmenkauf und gefälschte Aufnahmeanträge von Mitgliedern. Als man ihr den Rücktritt als Bezirksvorsitzende nahe legte, erklärte sie: ‚Wenn das so ist, gibt es gegen jeden von euch auch etwas!’ So die Aussage des CSU-Landtagsabgeordneten Ludwig Spaenle vor dem Hohlmeier-Untersuchungsausschuss des Landtags. Zu ihm selbst habe sie gesagt: ‚Deine Frau hat eine Wahl gefälscht.’ Dabei habe Monika Hohlmeier einen Zettel aus ihrem Ordner genommen. Den CSU-Landtagsabgeordneten Thomas Zimmermann habe sie angefahren: ‚Bei dir wissen wir ja, was dich belastet.’ Der CSU-Politiker Aribert Wolf bestätigte dies und fügte hinzu, sie habe zum damaligen CSU-Bezirksgeschäftsführer gesagt: ‚Über deine Frau habe ich auch was.’ Aus den Umständen habe sich ergeben, dass sie mit einem Dossier erschienen sei, das sie schon vorbereitet hatte. – Ähnlich verhielt sich die gelernte Hotelkauffrau, als sie im Februar 2004 die Oberstudiendirektoren von sechs Gymnasien wegen deren Gegnerschaft zur achtjährigen Gymnasialausbildung ins Kultusmi-
nisterium vorlud. Im Hohlmeier-Untersuchungsausschuss sagten die Schulleiter aus, die Ministe-
rin habe sie mit einem Ordner konfrontiert, der ‚personenbezogene Mitteilungen’ enthalten haben soll. Sie habe mit Disziplinarverfahren gedroht und gesagt: ‚Wir können auch anders!’ Sie habe ein wahres Schreckensszenario aufgebaut. – Dennoch schaffte der Untersuchungsausschussvorsitzen-
de Engelbert Kupka in seinem Bericht das Kunststück, die Strauß-Tochter von allen Vorwürfen zu entlasten. Daraufhin warf ihm der CSU-Landtagsabgeordnete Spaenle öffentlich vor, seine Glaub-
würdigkeit und die anderer Zeugen infrage zu stellen. Vergeblich. Die Verpflichtungen gegenüber der Familie Strauß waren offenbar stärker.“1

Die CSU erhält in diesem Jahr von der Allianz 60.001 €uro und von der Deutschen Bank 25.000 €uro Spenden.2

(zuletzt geändert am 12.11.2019)


1 Wilhelm Schlötterer, Macht und Missbrauch. Franz Josef Strauß und seine Nachfolger. Aufzeichnungen eines Ministerialbeamten, Köln 2009, 400 f.

2 Rechenschaftsberichte der Parteien nach dem Parteiengesetz (1998 – 2006), Berlin 2007.

Überraschung

Jahr: 2004
Bereich: CSU