Flusslandschaft 2007
CSU
Zur XII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13. Januar in Berlin sendet das ehemalige RAF-Mitglied Christian Klar eine Grußbotschaft. Das bringt CSU-Generalsekretär Markus Söder in Rage. Er fordert, Klars Gnadengesuch (nach 25 Jahren Knast) abzulehnen.
Ministerpräsident Stoiber mag nicht mehr. Am 17. Januar erklärt er auf der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth seinen Verzicht auf die Ämter des CSU-Parteivorsit-
zenden und bayrischen Ministerpräsidenten für den Herbst 2007.
Im September wirft er wegen abnehmendem Rückhalt in seiner Partei und zunehmender Ableh-
nung in der Öffentlichkeit endgültig den Bettel hin und entschwindet nach Brüssel. Seit 1993 hat er Staatsvermögen verkauft. Privatisierung war das Zauberwort. „Gerade mit Immobilienspekulatio-
nen der bayerischen Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft (LWS) versuchte Edmund Stoi-
ber in den Jahren nach der deutschen Einheit zusätzliche Millionen für seine ‚Offensive Zukunft Bayern‘ zu beschaffen: Der Versuch endete als Scherbenhaufen, d.h. mit einem Verlust für die halbstaatliche LWS in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro.“1 Trotzdem oder gerade des-
halb: 1994 hatte der Freistaat Schulden von 14,9 Milliarden Euro, 2007 sind es 23,3 Milliarden Euro.
Nach dem Verzicht Stoibers auf seine Ämter wählen die Delegierten beim Landesparteitag der CSU in der Münchner Messehalle am 29. September den bayrischen Wirtschaftsminister Erwin Huber mit 58,2 Prozent der Stimmen zu seinem Nachfolger als Parteivorsitzender. Er setzt sich gegen Bundesagrarminister Horst Seehofer (39,1 Prozent) und die Fürther Landrätin Gabriele Pauli (2,5 Prozent) durch.
Josef „Seppi“ Schmid, Oberbürgermeisterkandidat der CSU für München, meint beim CSU-Partei-
tag am 29. September: „Ude und Rot-Grün, das ist so im Vergleich zur CSU und zum ganzen Land wie die Made im Speck. Oder man könnte auch sagen: wie die Laus in der Mähne des bayerischen Löwen. Und es ist höchste Zeit, dass wir mit der Entlausung des bayerischen Löwen beginnen.“ Diese Formulierung löst in der Öffentlichkeit nicht nur Kopfschütteln aus. Schmid „entschuldigt“ sich: „Sofern und soweit sich jemand durch das sprachliche Bild beleidigt oder verletzt fühlt, ent-
schuldige ich mich hierfür.“ Ihm sei nicht klar gewesen, dass der Begriff von der Entlausung als Ruf nach der Vernichtung des politischen Gegners verstanden oder mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht werden könne.2
Der bayrische Landtag wählt am 9. Oktober Innenminister Günther Beckstein mit 122 von 180 Stimmen zum neuen Ministerpräsidenten und Nachfolger von Stoiber, der seit 1993 amtiert hatte.
Die CSU erhält in diesem Jahr von der Allianz 60.001 €uro Spenden.3
Siehe auch „Flüchtlinge“.
(zuletzt geändert am 11.9.2020)
1 Albrecht Goeschel und Markus Steinmetz, Bayern: Beckstein musste Stoibers Scherbenhaufen zusammenfegen. Bayern-Saga: Wie man am eigenen Erfolg scheitert – Teil 11, auf: https://www.heise.de/tp/features/Bayern-Beckstein-musste-Stoibers-Scherbenhaufen-zusammenfegen-4870984.html.
2 Siehe „Der ahnungslose Herr Schmid“ von Sebastian Fischer und Florian Gathmann.
3 Bundesdrucksache 2007.