Flusslandschaft 1962

CSU

Im Vorjahr hat der Spiegel berichtet, dass die Baufirma Fibag den Auftrag zum Kasernenbau für die in der Bundesrepublik stationierte 7. amerikanische Armee erhalten hat. In diesem Zusammen-
hang habe Verteidigungsminister Franz Josef Strauß sich eine Vorteilsnahme im Amt zuschulden kommen lassen. Schließlich bezweifelt im Spiegel 41 vom 8. Oktober 1962 Redakteur Conrad Ahlers die Sinnhaftigkeit des Verteidigungskonzepts der Bundeswehr. Strauß’ Verstrickungen im Zusammenhang mit der Durchsuchung der Redaktionsräume des Spiegel und der Verhaftung des Herausgebers Rudolf Augstein sowie weiterer Redakteure bringen ihn in Erklärungszwang, so dass er damit beginnt, die Fassung zu verlieren. „In einem Zustand, dessen Schilderung die Verletzung der Intimsphäre bedeuten könnte, hatte Franz Josef Strauß sich bei einem Empfang der Abgeord-
neten durch Bundespräsident Lübke im Schloß Brühl am Mittwochabend in ungewöhnlicher Art über einige seiner Parlamentskollegen geäußert. Auf den SPD-Abgeordneten Jahn (Marburg) kamen tags darauf spontan gleich drei seiner Parteifreunde mit dem Strauß-Zitat zu, wonach Vizepräsident Carlo Schmid längst ins Gefängnis gehöre, der Hamburger SPD-Senator Helmut Schmidt fürs Zuchthaus reif sei und er selbst – Jahn – aufgehängt oder erschlagen werden müßte. Die SPD-Abgeordneten soll der Minister schließlich noch beschimpft haben: ‚Ihr seid der verlän-
gerte Arm des »Spiegel«.’“1 Nachdem die fünf FDP-Minister aus Protest gegen die Rücktrittswei-
gerung von Strauß die Zusammenarbeit im Kabinett Adenauer aufkündigen, erklärt Strauß am 30. November, dass er in der neuen Regierung Adenauer nicht mehr als Minister antreten werde. — Erich Kuby veröffentlicht „Im Fibag-Wahn oder Sein Freund, der Herr Minister“ bei Rowohlt. Er beschreibt darin die Abhängigkeiten, Absprachen und halbseidenen Beziehungsgeflechte um den CSU-Vorsitzenden und Verteidigungsminister und löst damit sowohl Proteste gegen Strauß als auch gegen die eigene Person aus.

Siehe auch „Medien“.


1 Volkmar Hoffmann: „Der Schlag in den Spiegel“ In: Frankfurter Rundschau vom 29. Oktober 1962.

Überraschung

Jahr: 1962
Bereich: CSU

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