Flusslandschaft 1965
CSU
Zahlreiche Affären um Franz Josef Strauß bewegen die Öffentlichkeit. Jetzt kommt es vor Gericht zu einem Schlagabtausch zwischen FJS und Rudolf Augstein vom Hamburger Spiegel.1
Im Sommer legen die USA bei der Genfer Abrüstungskonferenz den Entwurf eines Vertrages vor, der die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen verhindern soll. Für deutsche Politiker, die die Bundesrepublik als gleichberechtigten Partner in der NATO ersehnen, ist dies prekär. Franz Josef Strauß warnt: „Für jeden vernünftig Denkenden muss ein Deutschland, dem man noch einmal eine Art ‚militärisches Versailles’ aufoktroyieren würde und das dann als drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt diskriminiert zwischen West und Ost stünde, nur als ein Albtraum erscheinen. Allein nach den geschichtlichen Erfahrungen könnte man sich ausrechnen, wann ein neuer Führer-Typ einem derartig behandelten Deutschland Atomwaffen oder Schlimmeres versprechen und wohl auch verschaffen würde.“2
Im August wird Ulrike Marie Meinhof zu einer Geldstrafe von 600 DM verurteilt, weil sie Franz Josef Strauß in der Zeitschrift konkret als „infamsten deutschen Politiker“ bezeichnet hat.
„Anlässlich eines TV-Rückblicks auf 30 Jahre >Lach- und Schießgesellschaft< war im Kabarett-Publikum, es muss um 1965 gewesen sein, mehrfach auch der nachmalige CSU-Spitzenpolitiker Erich Riedl zu erspähen, unausstehlich unansehnlich bereits wie heute, und allzeit heftig hektisch lachend. – Anscheinend gehörte der Besuch zu seiner Karriere. Im nachhinein, im Film, werden viele Dinge noch larvengespenstischer, als sie im Augenblick schon sind.“3
1 Siehe „Wie die CSU zu Geld kam“ von Karl Stankiewitz.
2 Rheinischer Merkur vom 27. August 1965, zitiert nach Der Spiegel 38 vom 15. September 1965, 64. — Der Vertrag von Versailles aus dem Jahr 1919 legte dem besiegten Deutschland Rüstungsbeschränkungen auf, untersagte eine Luftwaffe, den Bau von Schlachtschiffen und begrenzte das Heer auf 100.000 Mann.
3 Eckhard Henscheid, Polemiken, Frankfurt am Main 2003, 477.