Materialien 1998

Uhl ist weg

Den Augenblick, den viele herbeisehnten, ist endlich eingetroffen: Uhl geht! Dazu im folgenden die Rede von Siegfried Benker, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen – rosa Liste im Münchner Rathaus, am 30.6.1998 bei „Uhl geht – wir feiern“: (joe)

Es ist soweit: die letzten Stunden der Amtszeit Uhl sind angebrochen. Uns ist derzeit nicht bekannt, dass er in dieser Zeit noch weitere Schweinereien vorhaben könnte. Er hat sich ja Mühe gegeben, bis zum letzten Augenblick über AusländerInnen, Asylbewerber oder Wohnungslose herzufallen.

Sicherlich sind die ausländerfeindlichen Strukturen mit der Abwahl Uhls nicht beseitigt. Die auf Ausgrenzung und Diskriminierung aufbauenden Gesetze gelten nach wie vor. Es ist aber beachtlich, wie sehr eine auf Destruktion, Eskalation und Ausgrenzung bedachte Einzelperson einer Stadtgesellschaft schaden kann.

Bekanntlich haben wir Uhl eine Ausweisungsverfügung zukommen lassen.

Diese gilt ab Mitternacht.

Wir haben beschlossen, ihn genauso zu behandeln, wie er in den letzten Jahren AusländerInnen, AsylbewerberInnen, Wohnungslose, Schwule und Lesben und alle Gruppen, die seinem Bild einer sauberen Stadt nicht entsprochen haben, behandelt hat.

Das bedeutet, wir behandeln ihn mit aller Härte, die er auch immer angewandt hat. Dies bedeutet:
* Klares Aufenthaltsverbot in den Grenzen des Kreisverwaltungsreferates ab Mitternacht.
* Zwangsweise Abschiebung über die Grenzen der Stadtverwaltung, falls er nicht freiwillig ausreisen sollte.
* Übergabe an die Abteilung Schubwesen der linken Szene in München, um diese Abschiebung auch wirklich durchzuführen.
Alle Gründe, die vorgebracht werden sollten wie beispielsweise
* Wohnumfeld in München
* Freundeskreis in München
* Ehefrau in München
werden als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

Uhl wurde von uns – und Werner Simon – als administrativer Rassist bezeichnet – und er ist es auch. Er hat ausgegrenzt und gespalten wo es geht.

Und wir; die wir immer für Liberalität, Toleranz und ein friedliches Zusammenleben eintreten, wir haben dies bei Uhl endlich mal vergessen. Im neuen Testament heißt es: wenn euch jemand auf die eine Backe haut, haltet ihm auch die andere hin. Bei Uhl gilt für uns nur das alte Testament: Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Deshalb gilt:
* Wir haben ihn aus vollem Herzen gehasst,
* wir haben alles getan, um ihn auszugrenzen,
* wir haben alles getan, um ihn vom politischen Leben dieser Stadt so weit wie möglich fernzuhalten,
* wir wollen ihn in keinem politischen Gremium mehr sehen,
* wir hoffen, dass er in den Bundestag nicht reinkommt, und wenn er reinkommt, soll er auf der härtesten Hinterbänklerbank versauern, die der Bundestag zu bieten hat,
* wir wollen ihm gerne hinterherwerfen, was hinterherzuwerfen ist.

Wir haben ihn gerne und hoffentlich dauerhaft abgeschoben. Rückkehrversuche werden wir gemeinsam zu unterbinden wissen. Und ansonsten wollen wir ihm nicht den Gefallen tun und noch lange über seine Machenschaften jammern. Wir bestrafen ihn am meisten, indem wir seinen Rausschmiss feiern und ihn dann nicht mehr erwähnen und so rasch wie möglich dem Vergessen anheim fallen lassen. Und wenn jemand fragt, sagen wir um 0.01 Uhr am 1. Juli 1998: „Wer war Uhl?“, dann sollten wir mit der Schulter zucken und sagen: „Uhl? Keine Ahnung, Uhl jedenfalls ist weg.“

Siegfried Benker


Münchner Lokalberichte 14 vom 16. Juli 1998, 3.

Überraschung

Jahr: 1998
Bereich: Schwule/Lesben

Referenzen