Materialien 1999

Betreff: Durchsuchung des Infoladens

- Comic „Adolf, die Nazisau“ von W. Moers beschlagnahmt

Am Donnerstag, dem 21. Januar 1999 wurde der Infoladen von 19.07 bis etwa 22 Uhr von 57 Beamten des Polizeipräsidiums München, Dezernat 14 und dem KHK Sappl durchsucht. Angeordnet wurde sie durch einen Beschluss der Staatsanwaltschaft München 1 nach § 111 der StGB, öffentliche Aufforderung zu einer Straftat. Die Rechtsgrundlage ist nach wie vor unklar. Als schwammige Begründung wurde lediglich die Strafprozessordnung ohne Verweis auf einzelne Paragraphen angegeben. Sie brachen wieder Schlösser auf und während der Durchsuchung war kein Zeuge anwesend.

Sie beschlagnahmten nach § 16 des Pressegesetzes einzelne Flugblätter, z.B. der Ökologischen Linken und der Freien ArbeiterInnen Union (FAU/IAA) u.a.. Alle weiteren Sachen wurden nach § 111 der StGB sichergestellt, wie etwa das Comic-Buch „Adolf, die Nazi-Sau“ von W. Moers, einen Ordner des Ermittlungsausschusses (EA), den Protokollordner der Infoladengruppe sowie zwei Flugblätter gemäß dem Durchsuchungsbeschluss. Außerdem kopierten sie die Daten des Computers. Zusätzlich durchsuchten die Beamten ebenfalls im Keller gelegene Räume, wie den Elektroraum, den Waschraum, den Kellerraum des Lebensmittelgeschäfts „Lebascha“ sowie einen Übungsraum.

Zeitgleich durchsuchte die Polizei die Wohnung einer Privatperson. Sie wurde durch den Beschluss des Amtsgerichts München I vom 14. Januar 1999 nach § 111 mit demselben Aktenzeichen wie oben angeordnet. Als Rechtsgrundlage dienten die §§ 94, 98, 102 und 105 der StPO. Beschlagnahmt wurde dort ein Flugblatt.

Durch die beschlagnahmten Flugblätter vermuten wir, daß es sich dabei um einen Demonstrationsaufruf gegen den NPD-Bundesparteitag am 23./24. Januar 1999 in Mulda (bei Freiberg) vom Leipziger Bündnis gegen Rechts handelt.

Die gesamte Durchsuchung ist für uns rechtlich äußerst fragwürdig und wir werden gegebenenfalls gerichtlich dagegen vorgehen. Denn es wurden wieder Räume aufgebrochen, durchsucht und fotografiert, die nicht zum Infoladen gehören. Ferner ist es unserer Meinung nach rechtlich ebenfalls bedenklich, dass die Anordnung nur von der Staatsanwaltschaft ausgestellt wurde und nicht von einem Gericht. Für eine richterliche Anordnung wäre genug Zeit gewesen. Außerdem ist es nicht nachvollziehbar, warum die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung des Infoladens anordnet, obwohl es hierfür kein Indiz gibt. Das Flugblatt trägt weder die Adresse des Infoladens, noch zeichnet er presserechtlich verantwortlich für den Inhalt.

Durch die beschlagnahmten Sachen wollen sie unserer Meinung nach den Infoladen ausleuchten und nehmen das Flugblatt als Vorwand.

Infoladen München


Haidhauser Nachrichten 2 vom Februar 1999, 4.