Materialien 2005

noch mal Hausdurchsuchung

Am 31. März, zwei Tage vor dem Naziaufmarsch auf der Theresienwiese in München, wurde die Druckerei druckwerk durchsucht und zwei der BetreiberInnen der „Beihilfe zur öffentlichen Aufforderung zu Straftaten beschuldigt“.

Am Morgen des 31. März drängten sich ein Staatsanwalt und einige Staatsschutzbeamte in Begleitung einer Horde uniformierter PolizistInnen in das Büro des Druckerei-Kollektivs druckwerk und verlangten die sofortige Einstellung aller Arbeiten.

Sie legten einen Hausdurchsuchungsbeschluss vor, in dem zwei der KollektivistInnen beschuldigt werden, „Beihilfe zur öffentlichen Aufforderung von Straftaten“ geleistet zu haben, in Form des Druckes einer Serie von Aufklebern gegen den Naziaufmarsch am 2. April in München. Ins Visier geriet das druckwerk, da es „bislang als Druckerei auch für linksgerichtete Organisationen tätig geworden ist. Da Aufmachung und Fertigung der Aufkleber einen hochwertigen Eindruck erwecken ist davon auszugehen, dass die Aufkleber dort gefertigt … wurden.“ (Zitat)

Der Dorn im Auge des Staatsschutzes ist ein Aufkleber, der einen „stilisierten Molotow-Cocktailwerfer“ zeigt und die Aufforderung an die Nazis sich zu verpissen.

„Dieser Aufkleber enthält die Aufforderung gegen Faschisten und im Hinblick auf den Zusammenhang mit den anderen verteilten Aufklebern auch konkret gegen die Teilnehmer der für den 02.04.05 angemeldeten Versammlung mittels Werfen von Molotowcocktails vorzugehen, also zu einer Straftat der gefährlichen Körperverletzung nach §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB.“ (Zitat)

Obwohl sich gleich zu Beginn herausstellte, dass die Aufkleber im druckwerk produziert worden waren – die Druckplatten waren noch vorhanden- dauerte die Durchsuchung fast drei Stunden. Die uniformierten Polizisten verteilten sich in den Räumlichkeiten und beschäftigten sich mit der Lektüre frisch gedruckter linker Publikationen, während Staatsanwalt und die Beamten des K14 (Staatsschutzdezernat der Kripo München) versuchten den Auftraggeber zu erfahren.

Nachdem vom druckwerk kein Name genannt wurde, drohten Staatsanwalt und K14 zunächst mit der Beschlagnahme sämtlicher Computer und der Buchhaltungs- und Auftragsordner der letzten zehn Jahre. Dass einer Druckerei ohne Rechner jegliche Arbeitsgrundlage entzogen ist und damit den (unbefristeten) Ausstand sämtlicher MitarbeiterInnen bedeutet, schien dem Staatsanwalt zu denken zu geben und er entschied, die Computer da zu lassen. Die konfiszierten Ordner beschränkten sich schließlich auf das letzte und das laufende Jahr.

Nach knapp drei Stunden sammelten die Einsatzleiter ihre Leute wieder ein und zogen mit Druckplatten, 19 Ordnern und stapelweise CDs mit Kunden-Druckdateien ab.

Die ganze Zeit konnte nicht gearbeitet werden und die nicht beschuldigten Mitarbeiter wurden als Zeugen einzeln verhört.

Diese Aktion bestätigt erneut die beliebte Praxis des Staatsschutzes, im Vorfeld von linken Demonstrationen AktivistInnen einzuschüchtern und linke Infrastruktur zu durchleuchten. Die Begründung ist, wie zumeist mehr als fadenscheinig, wenn in linke Symbolik der Aufruf zu schwerer Körperverletzung hineingedichtet wird.

Tatsächlich wird sich auf diese Weise Einblick in die Kundenstruktur des druckwerkes verschafft, zu denen viele fortschrittliche Menschen und Organisationen zählen und Daten eingesehen, die mit den Vorwürfen nicht das Geringste zu tun haben. Außerdem wird die Arbeit in der Druckerei durch das Fehlen von Dateien und Unterlagen massiv behindert und erschwert. Das ist nicht nur eine Bedrohung für die Menschen, die von dieser Arbeit leben, sondern auch ein Angriff auf einen Teil der linken Struktur in dieser Stadt.

Eine Mitarbeiterin des druckwerkes: „wir lassen uns doch nicht zur Zensuranstalt machen. Wir werden rechtliche Schritte gegen die Durchsuchung und Beschlagnahme einleiten.“


info der Roten Hilfe e.V., Ortsgruppe München vom Mai 2005, 2 f., Archiv der Münchner Arbeiterbewegung.