Flusslandschaft 1947
Zensur
Im Kultusministerium ist Ministerialrat Otto Graf tätig. Graf hält sich mit seiner Kritik an der zunehmend konservativ-klerikalen Ausrichtung im Ministerium nicht zurück; vor allem kritisiert er die parteipolitisch motivierte Geschäftsverteilung im Ministerium und scheut auch nicht die Konfrontation mit dem Minister. Kultusminister Hundhammer würde ihn gerne loswerden, da bietet sich eine Gelegenheit. Im Simpl 6 vom April 1947 zieht ein unbekannter Autor auf Seite 57 unter dem Titel „Koalitionsidyll“ über Hoegner und Hundhammer her; beide sind beleidigt und stellen Strafantrag gegen den Herausgeber der Zeitschrift. Und tatsächlich findet sich ein Denun-
ziant, der Otto Graf als Autor bezeichnet; es ist der sozialdemokratische Staatssekretär Claus Pittroff.1 Zwar wird das Strafverfahren eingestellt, Graf aber am 15. November in den Ruhestand versetzt.
Weitere Artikel lassen die Autorschaft von Otto Graf vermuten.2
Filmregisseur Fritz Lang meint in einer us-amerikanischen Zeitschrift im Dezember: „Aber vielleicht ist das die Idee, die hinter der Zensur steht: das Publikum in einem Zustand der
Unreife zu halten, damit es leichter zu beeinflussen und zu beeindrucken ist.“3
1 Siehe „Betreff: Ihr Akt.Z.1c Js 1153-55/47“.
2 Siehe „Der Schrei nach dem Maulkorb“ und „Hoch die Verfassung“.
3 Fritz Lang, Die Freiheit der Leinwand, zuerst veröffentlicht in Theatre Arts, hier: die tageszeitung vom 4. Dezember 1990, 15.