Flusslandschaft 1963
CSU
Für ein freiwerdendes CSU-Mandat im Bundestag steht Alt-Nazi Dr. Max Frauendorfer als Nach-
rücker bereit. Im Januar demonstrieren Studentinnen und Studenten unter dem Motto „Im Bun-
destag ist kein Platz für alte Kämpfer“, Wütende Briefe wie dieser landen in der Parteizentrale: „Ich gehöre nicht zu jenen Leuten, die jedem kleinen Nazi bis zum Nimmerleinstag die alten Sünden vorrechnen wollen. Aber es empört mich zutiefst, in der Führung der CSU einen Mann zu wissen, dessen publizistisches Organ [die »Schulungsbriefe« der NSDAP] unserem Volk jahrelang das Gift des Nazismus, des Rassenwahns, der ‚völkischen’ Überheblichkeit und des Atheismus injiziert hat … Es ist … für mich völlig belanglos, ob Herr Frauendorfer mittlerweile ,die Kurve gekriegt‘ und seinen alten … Nazi-Vorstellungen abgeschworen hat. Ein Mann seines Schlages darf, wenn wir unsere Partei nicht selbst zur Farce machen wollen, unter keinen Umständen zu einem Repräsen-
tanten der CSU gemacht oder gar in das hohe Amt eines Bundestagsabgeordneten berufen werden. Wenn der ehemalige Himmler-Adjutant unangefochten den Schatzmeister der CSU spielen darf, dann … sehe ich nicht ein, warum wir uns nicht beizeiten darum kümmern sollen, wie wir dem-
nächst auch Baldur von Schirach oder Rudolf Hess gut in der Partei unterbringen können.“1
Franz Josef Strauß: „(Der Spiegel) ist die Gestapo des heutigen Deutschlands. Es gibt dort Tau-
sende von Personalakten. Wenn man die Nazi-Vergangenheit Deutschlands betrachtet, so hat fast jeder etwas zu verheimlichen. Das ermöglicht Erpressungen. Ich war gezwungen dagegen vorzu-
gehen.“2
(zuletzt geändert am 12.9.2025)
1 Zit. in: Thomas Schlemmer, Grenzen der Integration. Die CSU und der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit – der Fall Dr. Max Frauendorfer, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 4/2000, 714.
2 Interview in der Ha`Aretz vom 2. Juni 1963.