Flusslandschaft 2016

Sicherheitskonferenz

Mit dem Einsatz der Bundeswehr am Krieg in Syrien beteiligt sich Deutschland wieder an einem Krieg, der weitere Tausende zivile Opfer kosten wird. Alle bisherigen Kriege der NATO-Staaten hinterließen verheerende Verwüstungen und haben Hunderttausenden Menschen das Leben ge-
kostet. Der sogenannte Krieg gegen den Terror hat den Terrorismus nicht geschwächt, sondern gestärkt. In Afghanistan sind heute die Taliban stärker denn je. Das Erstarken des IS ist eine der Folge des US-Krieges im Irak, des NATO-Krieges in Libyen und der Rüstungsexporte in die Regi-
on, u.a. von deutschen Waffenlieferungen an Saudi-Arabien, Katar und die Türkei. Die aktive Unterstützung des IS durch Saudi Arabien und die Türkei sind ein offenes Geheimnis.

Das alles ändert nichts daran, dass ein Bösewicht die Weltbühne beherrscht. In beinahe allen Me-
dien heißt es: „Stoppt Putin jetzt!“ Sie behaupten, der Westen verhandele, Russland bombe, Syrer sterben. „Dass der »Westen« gar nicht verhandelt, weil seine Kampftruppen die Genfer Verhand-
lungen verlassen haben, dass außer Russland (seit drei Monaten) auch der »Westen« (seit drei Jahren) »bombt« und seitdem in Syrien massenhaft gestorben wird – geschenkt. Soviel Komplexi-
tät lässt sich in einer Überschrift ja auch nicht rüberbringen, zumal online, kurze Aufmerksam-
keitsschwelle und so, also kurz und knackig das Narrativ, die Botschaft channeln: der Westen bombt nicht, sondern verhandelt (gut!), Russland verhandelt nicht, sondern bombt (böse!), und deshalb sterben Syrer (schlimm!). Man darf die Leserinnen und Leser schließlich nicht verunsi-
chern. Wir sind immer die Guten, Fakten sind zweitrangig.“1

Nach einer Auftaktkundgebung am 13. Februar um 13 Uhr am Münchner Stachus wird der Ta-
gungsort der Siko, des Hotel Bayerischer Hof, mit einer Demonstration und einer gleichzeitigen Aktionskette durch die Münchner Fußgängerzone umzingelt.

News vom 12. Februar, zusammengestellt von Claus Schreer:

Geheimdienstchefs auf der SIKO: Erstmals werden Geheimdienstchefs auf der Bühne im Bayeri-
schen Hof auftreten, verkündet SIKO-Konferenzleiter Ischinger stolz auf seiner Homepage. Ihre Lügen – wie die von den Massenvernichtungswaffen im Irak – sind heiß begehrt bei den Kriegs-
planern und gut für die Waffengeschäfte der Rüstungskonzerne. Sicherheit für die Menschen auf dem Globus, Frieden und Gerechtigkeit stehen gar nicht auf ihrer Agenda der Geheimdienste. Dass Ischinger auf ihre Ratschläge setzt, zeigt, dass es auf der SIKO nicht um die friedliche Lösung von Konflikten geht, sondern um das Gegenteil.

Mit einem gigantischen Rüstungsprogramm von 130 Milliarden Euro will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Bundeswehr hochrüsten. Noch höhere Rüstungsausgaben, mehr und bessere Waffensysteme für die Bundeswehr heißt nichts anderes als mehr Krieg. Das werden wir nicht widerstandslos hinnehmen.

Abschiebungen nach Afghanistan: Noch in diesem Monat will die Bundesregierung damit begin-
nen, Flüchtlinge nach Afghanistan abzuschieben. Kabul habe ihm die Rücknahme zugesagt, er-
klärte der Bundesinnenminister gestern.

Komplizenschaft Deutschlands mit dem despotischen Regime der Türkei – Bei einer Operation der türkischen Armee sind vor wenigen Tagen, am 7. Februar mindestens 60 Menschen in Cizre er-
mordet worden. Staatliche Medienzensur, Verhaftungen von Regimekritikern, Belagerungen kurdi-
scher Städte und Massaker der türkischen Armee an der Zivilbevölkerung sind für die „Europäi-
sche Wertegemeinschaft“ aber kein Thema. Die „privilegierte Partnerschaft“ im Kampf gegen die Flüchtlinge kennt keinerlei Moral. Die Türkei ist derzeit der wichtigste Bündnispartner bei der Flüchtlingsabwehr Deutschlands und der EU. Drei Milliarden Euro erhält das Erdoganregime, um Schutzsuchende von den EU-Außengrenzen fernzuhalten.

NATO Einsatz gegen Flüchtlinge: Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind vom 1. bis 28. Januar mindestens 244 Menschen beim Versuch, nach Europa zu gelan-
gen, im Mittelmeer ertrunken. Das sind drei mal so viele wie im gleichen Zeitraum 2015. Auf Initi-
ative der Türkei und Deutschlands beschloss gestern die NATO, einen Marineverband unter deut-
scher Führung ins östliche Mittelmeer zu entsenden, um das Seegebiet zwischen Griechenland und der Türkei zu blockieren. Ziel sei es, die „illegale Migration zu erschweren und unmöglich zu ma-
chen“, erklärte Verteidigungsministerin von der Leyen. Flüchtlingsboote sollen durch NATO-
Kriegsschiffe aufgehalten und an die türkische Küste zurück getrieben werden, zurück in einen Polizeistaat, der schwerste Menschenrechtsverletzungen begeht. Wenn nicht weiterhin Tausende Menschen im Mittelmeer ertrinken sollen
> dann brauchen die Schutzsuchenden legale Einreise-Möglichkeiten nach Europa.
> Sie brauchen ein gesichertes Bleiberecht – ohne Diskriminierung und ohne Angst vor Abschie-
bungen.
> Die Türkei muss die Grenzen für Flüchtlinge aus Syrien öffnen.
> Sie müssen auf regulären Fähren legal nach Europa einreisen können.

Syrien: SIKO-Chef Wolfgang Ischinger betätigt sich wieder einmal als Scharfmacher. Syrien wird das zentrale Thema auf der SIKO sein, aber es wird nicht um eine friedliche Lösung gehen, auch wenn Konferenzleiter Ischinger immer wieder mit diesem Etikettenschwindel hausieren geht. Ischinger fordert seit Wochen „glaubwürdige militärischen Handlungsoptionen“ im Syrienkrieg. Deutschland müsse die NATO und EU-Staaten „militärisch unterstützen“, sagt er. Auch den Ein-
satz von Bodentruppen will er nicht ausschließen. Er setzt auf Eskalation in einem Krieg, an dem vier Atommächte beteiligt sind. Dazu wird die SIKO das Propagandaforum sein, ein Propaganda-
forum für die Kriegspolitik der NATO.

Dagegen richtet sich der Protest am kommenden Samstag. Die Forderungen lauten:
> Schluss mit allen Bombenangriffen in Syrien!
> Keine Beteiligung der Bundeswehr am Syrien-Krieg!

Und: WOB trägt bei der Kundgebung einige Verse vor, Konstantin Wecker hält eine Rede.2

Etwa 4.000 Menschen demonstrieren. Unter anderem verteilen die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und das Munich American Peace Committee verteilen Flugblätter.3 Pegida-Mitglieder werden gesichtet und erhalten einen Platzverweis.

(zuletzt geändert am 10.3.2019)


1 Siehe https://www.broeckers.com/2016/02/12/unsicherheitskonferenz/ Mathias Burchardt: „Unter »Narrativ« verstehe ich eine interessengeleitete Erzählung, die Ereignisse in eine Sinnklammer einbettet und dadurch das Denken, Handeln und Wahrnehmen von Gesellschaften lenkt. Narrative haben dabei weniger Wahrheitswert als vielmehr eine Steuerungs-
funktion. Sie funktionieren, weil sie permanent wiederholt werden und virale Ausbreitung finden, ohne dass die Frage nach der Autorenschaft und den blinden Flecken gestellt würde. Die Verfänglichkeit der Narrative resultiert dabei aus dem legi-
timen Bedürfnis der Menschen nach Sinnzusammenhängen.“ https://wort-meldungen.de/?tag=mathias-burchardt

2 Siehe „Umzingelung“ von Wolfgang Blaschka und Konstantin Weckers Rede unter www.wecker.de/de/weckers-welt/item/694-Nicht-in-unserem-Namen.html. Siehe Fotos in „Antisiko-Demo I“ von Hans-Peter Rosinski und Fotos und Text in „Antisiko-Demo II“ von Günther Gerstenberg.

3 Siehe „Krieg bringt keine Sicherheit“ sowie www.munich-american-peace-committee.de/Letter_to_U.S._Secretary_of_State.html. Weitere Fotos von Werner Rauch sind unter http://www.galerie-arbeiterfotografie.de/galerie/reportage/index.html zu sehen.

Überraschung

Jahr: 2016
Bereich: Sicherheitskonferenz