Flusslandschaft 2020

Frieden/Abrüstung

„Defender Europe 2020“, der größte Einsatz von US-Streitkräften in Europa seit mehr als 25 Jah-
ren, plant von Februar bis Mai 37.000 Soldat*innen aus 18 Nationen, darunter 20.000 US-Solda-
ten mit Material und Fahrzeugen, an die Ostflanke der NATO zu verlegen. Mitglieder der Friedens-
bewegung warnen davor, dass dieses Militärübung von der russischen Regierung als Bedrohungs-
szenario empfunden wird. Zudem sei der ökologische Fußabdruck des Manövers verheerend. Diese Proteste werden von den Verantwortlichen mit einem Schulterzucken abgetan. Erst die anschwel-
lende Corona-Pandemie veranlasst die Militärstrategen, ihr Vorhaben Mitte März abzusagen und die schon angelaufene Übung abzuwickeln.


Der Ostermarsch wird in der realen Corona-Welt behördlich untersagt, dafür findet er sich im Netz: https://www.muenchner-friedensbuendnis.de/aktuelles/A20/OM/Spezial-Aktion-Ostermarsch-2020.mp4

„Das bundesweite Friedensbündnis hat alle aufgerufen, an Ostern vor Ort und zu Hause etwas für den Frieden zu tun. Auch wir Ruam wollen einen kleinen Beitrag dazu leisten. Dazu haben wir ein kleines Video gemacht. Ansehen, und natürlich weiterempfehlen. www.youtube.com/watch?v=aLIDb7uuoco Ansonsten frohe Ostern, und dass wir uns recht bald bei der nächsten Friedensaktion wiedersehen. Eure Ruam aus Regenburg“


Virtuelle Ostermärsche genügen einigen Aktivist*innen nicht. Am 11. April, Karsamstag, treffen sich kurz vor 12 Uhr mehr als ein Dutzend Personen am Fischbrunnen auf dem Marienplatz, fast alle mit Schal oder Maske verhüllt. Bei gehörigem Abstand geben sie sich gegenseitig als Demon-
stranten zu erkennen. Mitgebrachte Plakate werden verteilt und der Platz choreographisch be-
spielt. Passanten, die an zwei Händen abgezählt werden können, sind erstaunt. Eine Stunde, nach-
dem der analoge Ostermarsch längst beendet ist, biegt ein Polizeiauto aus der Dienerstraße kom-
mend langsam auf den Marienplatz ein. Zugleich fährt ein Radler über den Platz in Richtung altes Rathaus. Nur noch etwa fünf Menschen stehen völlig vereinzelt auf dem Platz. Ein Bettler wäscht sich und trinkt aus dem Fischbrunnen. Da tönt der Polizei-Lautsprecher laut und blechern: „Sie auf dem Rad, steigen sie ab!“ Der Radfahrer erschrickt und fällt beinahe von seinem Drahtesel. Wer auf dem Platz steht, verdrückt sich schnell in die Seitenstraßen. Am Fischbrunnen liegt eine Frau. Das Polizeiauto hält, zwei Beamte steigen aus, nähern sich der Obdachlosen vorsichtig und sprechen sie an. Diese richtet sich mühsam auf und sagt den Beamten offenbar, dass alles in Ord-
nung sei. Die Beamten fahren langsam weiter Richtung Kaufingerstraße. Der Platz ist geräumt. Nicht einmal leere Sitzbänke sind vorhanden. Die abgerissen gekleidete Frau kippt zur Seite. Jetzt liegt sie wieder in den warmen Strahlen der Frühlingssonne.1

In harten Zeiten hat Konstantin Wecker immer seinen alten Freund Willy um Rat gefragt: Bei sei-
nem Konzert am Ostersamstag stellt der Musiker eine aktuelle Version seines Kultliedes von 1977 vor. Konstantin Wecker erzählt darin seinem alten Freund vom globalen Ausnahmezustand in Zei-
ten von Covid-19 und vom Grauen der Kriege und den Profiten der Rüstungskonzerne und Waffen-
händler, aber auch von seinen Träumen und Hoffnungen auf seiner Suche nach einer besseren und herrschaftsfreien Welt: „Ich will in keiner Gesellschaft leben, in der all jene am miesesten entlohnt werden, die die wirklich wichtige Arbeit verrichten: KrankenpflegerInnen, HospizarbeiterInnen, MüllarbeiterInnen und ach so viele mehr. Und vielleicht verstehen jetzt viele Menschen in dieser Krise, dass die Güter und Ressourcen dieser Welt allen gehören sollen: Bildung, Gesundheit, Woh-
nung, sauberes Wasser, Essen.“ Neben seinem neuen Willy/2020 spielt Konstantin Wecker u.a. bekannte Lieder wie den Waffenhändlertango, Wenn der Sommer nicht mehr weit ist, Bella Ciao, Fangt mi wirklich koana auf oder SoScheeSchoA. Hört mal rein: https://www.youtube.com/watch?v=53ugtANRKNs

Die Panzerteststrecke auf dem Areal der Firma Krauss-Maffei Wegmann in Allach darf von Mon-
tag bis Samstag von 7 bis 20 Uhr benutzt werde. Mitte Juli protestieren knapp zwei Dutzend Men-
schen vor der Sitzung des Bezirksausschusses. Sie haben den Lärm der Fahrprüfungen und Test-
fahrten satt, sind aber auch der Meinung, dass Panzerbau heutzutage überflüssig sei. Der Münch-
ner Wirtschaftsreferent von der CSU hält dagegen: Die Firma habe 2.000 Beschäftigte. Sollten Proteste überhand nehmen und die Politik die Firma mit Auflagen oder gar Schlimmerem behelli-
gen, könnte diese nach Frankreich abwandern.

Am Dienstag, 4. August, plant die Friedensbewegung eine Radl-Demo, die um 10.30 Uhr vom CSU-Büro in der Adamstraße 2 (Nymphenburgerstraße) zur CSU-Zentrale in der Mies-van-der-Rohe Straße (Leopold-/Schenkendorffstraße) bei strömendem Regen führt. Dort findet eine kurze Mahnwache um „5 vor 12“ statt.2


Hiroshima und Nagasaki mahnen – Beitritt zum UN-Atomwaffenverbots-Vertrag jetzt! Donners-
tag, 6. August, von 18 bis 21 Uhr auf dem Marienplatz!3



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Eisenbahnunterführung der Lerchenauerstraße am 12. August

Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr die Ausgaben für Militär und Rüstung drastisch er-
höht. Von 38,5 Mrd. Euro jährlich auf 43,2 Mrd. Euro — die größte Erhöhung seit Ende des Kalten Krieges. Wenn es nach der NATO geht, sollen bis zum Jahr 2024 sogar 2 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung für das Militär ausgegeben werden. Was sich zunächst gering anhört, wären aber ca. 85 Mrd. EUR — die jährlich für Panzer, Raketen, Kriegsschiffe und Kriegswaffen jeglicher Art verschwendet werden sollen. Dagegen protestieren über zweihundert Menschen am 1. Septem-ber um 17 Uhr auf dem Stachus. Nach einer Kundgebung ziehen sie zum Gewerkschaftshaus. Dort sprechen Simone Burger und Ingrid Greif.5

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Verteilerkasten in der Bergmannstraße im Westend am 15. November

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer spricht am 17. November an der Bundeswehr-Uni-
versität in München. Sie meint: „Russland setzt … unbeirrt seine stetige Aus-, ja Aufrüstung mit konventionell und nuklear bestückten Raketensystemen fort – in direkter Nachbarschaft der Europäischen Union, unmittelbar an der Ostgrenze der NATO.“ Als ob sich russische Raketen zur NATO-Grenze bewegt haben und nicht die NATO-Grenze zu Russland! Die Ministerin ist für weitere Aufrüstung.7

Anlässlich des bundesweiten Aktionstag findet am Samstag, 5. Dezember, ab 13 Uhr eine Aktion „Abrüstung und neue Entspannungspolitik“ auf dem Marienplatz statt. HP Berndl spielt einen Mi-
litär, der vom Nikolaus (WOB) gemaßregelt wird. Berndl trägt hierzu eine „Anscheinswaffe“, ein aus Holz zusammengeschraubtes Gestell. Bei der Anmeldung der Aktion verlangten die Behörden eine Fotografie des Objekts sehen zu können, „bevor sie die Genehmigung der Kundgebung ertei-
len können“. Nachdem der Nikolaus dem Soldaten die Leviten gelesen hat, holt ein grimmiger Krampus mit seiner Rute aus, während mehrere „Engel“ Kriegsgerät und Drohnen in einem Müll-
sack verschwinden lassen. Musik von Sam Rasta und Redebeiträge von Andrea, Tommi, Walter und Konstantin Wecker sind beeindruckend konzentriert und tragen zur positiven Stimmung bei: Die Friedensbewegung lebt. Bei der Kundgebung liegt ein Brief an Münchner Bundestagsabgeord-
nete zur Unterschrift auf: „ Sehr geehrte Frau Tausend, sehr geehrter Herr Post, wir fordern Sie und alle Ihre SPD-Genoss*innen dringend auf, der Bewaffnung der Bundeswehr mit Killerdrohnen NICHT zuzustimmen.Die USA führen seit fast 20 Jahren mit zunehmender Tendenz völkerrechts-
widrige Kriegseinsätze mit Kampfdrohnen, denen vor allem Zivilisten zum Opfer fallen. Vorausset-
zung dafür ist deren Einsatz als Überwachungsdrohnen, was von der Zivilbevölkerung in den be-
troffenen Regionen als ständige Lebensbedrohung wahrgenommen wird. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer will jetzt auch die Bundeswehr mit Kampfdrohnen ausrüsten. Damit droht eine weitere Eskalation zum automatisierten Töten durch Killer-Roboter, wozu Kampfdrohnen die entscheidende Vorstufe sind. Wir fordern: Keine Beschaffung von Kampfdrohnen für die Bundes-
wehr. Die Beendigung der völkerrechtswidrigen Drohnenkriegsführung der USA über die US Air Base Ramstein durch Kündigung des Truppenstationierungsabkommens. Ächtung des Einsatzes von Kampfdrohnen als Kriegsverbrechen, weil dadurch größtenteils unschuldige Zivilisten getötet werden. Keine Beteiligung Deutschlands an der Entwicklung europäischer Kampfdrohnen.“ Es kommen rund Hundert Unterschriften zusammen.8


In diesem Jahr gaben die USA 778 Milliarden US-Dollar für Rüstung aus, 39 Prozent aller welt-
weiten Militärausgaben. Russland wendete rund 61,7 Milliarden US-Dollar auf.


1 Siehe die Bilder der Kundgebung „abrüsten!“ am 11. April von Günther Gerstenberg.

2 Siehe https://www.muenchner-friedensbuendnis.de/Fahrraddemo-Atomwaffen-abschaffen-nukleare-Teilhabe-beenden_4.8.2020.

3 Siehe die Bilder der Kundgebung „nie wieder!“ am 6. August von Günther Gerstenberg.

4 Fotos: Franz Gans

5 Siehe die Rede „Wir brauchen den Streik!“ von Ingrid Greif und die Bilder der Kundgebung zum „antikriegstag“ am 1. September von Richy Meyer.

6 Foto: Franz Gans

7 Siehe https://www.blautopf.net/index.php/politik/krieg-und-frieden/item/102-unser-ruestungziel-eine-position-der-staerke-in-alter-deutscher-tradition.

8 Siehe Konstantin Weckers Beitrag unter https://www.youtube.com/watch?v=lSjuUagfCxw&feature=youtu.be, die mo-
derne Weihnachtasgeschichte unter https://youtu.be/ur7gHUir0c0, die Rede von Walter Listl unter https://youtu.be/fdu1NAadzcM, die Rede von Andrea für das Anti-Siko-Bündnis unter https://youtu.be/zIvyJ2xSheY und die Bilder der Kundgebung „lockdown für rüstung und militär“ am 5. Dezember von Günther Gerstenberg.

Überraschung

Jahr: 2020
Bereich: Frieden/Abrüstung