Flusslandschaft 1974

Gewerkschaften/Arbeitswelt

DGB

- Angestellte im Öffentlichen Dienst
- Bundespost
- Handel, Banken und Versicherungen
- Münchner Merkur
- Süddruck
- Zündapp


DGB

Zwanzigtausend Menschen demonstrieren beim Ersten Mai. Vor allem kommt es zu Protesten gegen den Militärputsch in Chile vom September 1973 und zu Solidaritätsbekundungen für die gerade stattgefundene „Nelkenrevolution“ in Portugal. Beschäftigte beim Münchner Merkur und bei Siemens bilden eigene Blöcke. Der Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD führt eine eigene Maiveranstaltung im Schwabinger Bräu, Leopoldstraße 82, mit etwa achthundert Besu-
chern durch.

Vom 16. bis 17. Mai findet in München die DGB-Konferenz „Humanisierung der Arbeit als gesell-
schaftspolitische und gewerkschaftliche Aufgabe“ statt. Erich Frister, der Vorsitzende der Gewerk-
schaft Erziehung und Wissenschaft
meint hier: „… so sehr auch Möglichkeiten der Gesetzgebung und des Abschlusses von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen bestehen mögen, entschei-
dend wird doch sein, ob bei den Arbeitern in den Betrieben eine Auflehnungsbereitschaft gegen
die inhumanen Arbeitsbedingungen vorhanden ist oder nicht. Denn die Gewerkschaften sind ohne eine solche Auflehnungsbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen schließlich nichts als Apparate, die zwar Forderungen auf Kongressen vortragen, aber nicht in der Lage sind, das, was Wissen-
schaft erkannt hat und was politisch theoretisch mögiich ist, in politische Praxis umzusetzen. Der Wille zur Veränderung muß bei den Arbeitern in den Betrieben vorhanden sein, denn eine formale kollektive Interessenvertretung allein ist nichts. Eine kollektive Interessenvertretung ist erst dann wirksam, wenn sie als gebündelter Wille von vielen einzelnen auftreten kann …“1

MÜNCHNER MERKUR

Am 20. Januar gegen 14.15 Uhr werden zwei Schüler, die vor dem Verlagsgebäude des Münchner Merkur in der Ludwigsvorstadt den „Roten Aufmucker“ verteilen, von der Polizei abgeführt. Ein Passant, der sich nach dem Grund der Verhaftung erkundigt, wird ebenfalls gleich ins Polizeiprä-
sidium mitgenommen und dort „erkennungsdienstlich behandelt“.

BUNDESPOST

Postbeamte demonstrieren am 25. Januar für höhere Löhne.2

ANGESTELLTE IM ÖFFENTLICHEN DIENST

1. Februar: Großkundgebung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Transport und Verkehr (ÖTV).3 – Vom 11. bis 13. Februar streiken 4.860 Kolleginnen und Kollegen in folgenden Dienst-stellen: Bundeswehr-Standortverwaltung: Heizwerke, Autobahnmeisterei München-Nord, Staatsoper, Staatsoperette, Residenztheater, Städtische Müllbeseitigung, Verkehrsbetriebe, Münchner Kammerspiele, Kfz-Zulassungsstelle. Bei Tarifabschluss wird die „10 Prozent-Hürde“ genommen.

HANDEL, BANKEN un VERSICHERUNGEN

Am 14. Mai demonstriert die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) für höhere Löhne.4

SÜDDRUCK

8. November: Autokorso gegen die Schließung der Süddruck GmbH.5

ZÜNDAPP

Im Januar erscheint der „Rote Widerdruck“ 30, herausgegeben von der Druck-Betriebsgruppe des Arbeiterbundes für den Wiederaufbau der KPD (AB). Er berichtet, dass ein in die AB-Betriebs-
gruppe bei Zündapp eingeschleuster Spitzel 32 Namen geliefert habe, was zu drei Entlassungen führte.6


1 Heinz Oskar Vetter (Hg.), Humanisierung der Arbeit als gesellschaftspolitische und gewerkschaftliche Aufgabe. Protokoll der Konferenz des Deutschen Gewerkschaftsbundes vom 16. uns 17. Mai in München, Frankfurt am Main/Köln 1974, 77.

2 Vgl. Süddeutsche Zeitung 22/1974.

3 Vgl. Süddeutsche Zeitung 28/1974.

4 Vgl. Süddeutsche Zeitung 112/1974.

5 Vgl. Süddeutsche Zeitung 259/1974.

6 Siehe das Flugblatt auf www.mao-projekt.de/BRD/BAY/OBB/Muenchen_IGM_Zuendapp.shtml.