Flusslandschaft 2023

Umwelt

Der Energieversorgungskonzern RWE fördert im rheinischen Revier westlich von Köln Braunkoh-
le. Dort liegt auch die Ortschaft Lützerath. Das inzwischen unbewohnte Dorf soll abgebaggert wer-
den, weil RWE den Tagebau Garzweiler ausdehnen und die unter dem Ort liegende Kohle fördern will. Kohle, die NICHT benötigt wird. Klimaschützer kämpfen seit Monaten für den Erhalt des Dor-
fes. Im Januar wird es ernst. Auch aus München machen sich Menschen auf den Weg, um vor Ort mit einem „Dorfspaziergang“ gegen den Abriss des Ortes zu demonstrieren. Am Mittwoch, 4. Janu-
ar, findet um 18 Uhr eine Protestkundgebung auf dem Münchner Marienplatz statt.1

Bayrische Politiker wie CSU-Chef Söder, sein Innenminister Herrmann und die erwiesen unfähi-
gen CSU-Politiker Dobrindt und Scheuer polemisieren gegen die Letzte Generation und diffamie-
ren sie als „neue Klima-RAF“. In vielen Medien werden die Aktivistinnen und Aktivisten vom be-
quemen Bürostuhl aus als „Klima-Terroristen“ und als „Klima-Kleber“ diskreditiert. Der Verant-
wortliche dieser Web-Seite attestiert den Aktivistinnen und Aktivisten dagegen Zivilcourage. Zi-
vilcourage gibt es dann, wenn die eigene Meinung und die eigene Handlung mit einem persönli-
chen Risiko verbunden ist (und das für eine harmlose Forderung nach 100 km/h und einem weite-
ren 9-Euro-Ticket). Das trifft auf die Schmierfinken der Medien nicht zu.

Meyer bekommt am 4. Februar Post. Von einer guten Bekannten. Sie schreibt ihm: „Lieber Richy, vielleicht sind die folgenden Links interessant für Dich: https://www.merkur.de/deutschland/kleber-aktivisten-letzte-generation-gehaelter-details-protest-bezahlung-wandelbuendnis-klima-92006980.html und https://www.heute.at/s/wer-bezahlt-klima-kleber-aktivisten-jetzt-unter-druck-100249673“ Meyer antwortet. „Liebe XXX, dass die meisten Kleber bezahlt werden, habe ich längst von anarchistischen Medien erfahren. Dass sie in autoritären Strukturen professionell ge-
brieft werden auch. Dass also die meisten von ihnen nicht aus eigener Überzeugung heraus aktiv sind, dass sie der bürgerlichen Doppelmoral genauso verhaftet sind wie die meisten ihrer Lands-
leute und dass sie keine Engel sind, das ist mir klar. Aber was solls!!! Es gibt richtiges Handeln gegen Bezahlung und ohne Bezahlung. Es gibt falsches Handeln gegen Bezahlung und ohne Bezah-
lung. Reaktionäre Medien stürzen sich begeistert auf jeden Fall, der bei ‚linkem‘ Engagement auf ‚unmoralische‘ Motivation und/oder auf ‚finanzielle Impulse‘ hinweist. Wie billig! Meine Vermu-
tung: Es geht darum, das eigene Gewissen zu bereinigen. Weil diese ekelhaften Kleber auf widerli-
che Weise bezahlt werden, bin auch ich aus dem Schneider: Solange diese Linken nicht wie der heilige Franziskus im härenen Gewand barfuß und hungrig herumlaufen, sind sie genau die glei-
chen Arschlöcher wie wir. Sorry, die ‚liberale‘ Mainstream-Presse ist unerträglich, die chauvinis-
tisch-identitären Medien aber sind indiskutabel. Weil ich mich gegen die ersten wende, lege ich mich doch nicht zu den zweiten ins Bett. Manchmal zweifle ich an Deinem Verstand, obwohl Du viel klüger bist als ich. Das verstehe ich nicht. Gruß“


In München gehen mehr als 25.000 Menschen für den Klimaschutz auf die Straße, in Würzburg und Regensburg sind es nach Polizeiangaben 1.200, in Erlangen 800. Und das, obwohl streikbe-
dingt in den meisten Städten der öffentliche Nahverkehr brach liegt.2

Am Freitag, 24. März, blockieren sieben Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation ge-
gen 8 Uhr vier Fahrspuren der Abfahrt vom Mittleren Ring (Brudermühlstraße) zur Plinganser-
straße stadtein- und stadtauswärts. Je zwei von ihnen kleben sich auf der Straße fest. Auf dem Mittleren Ring staut sich der Verkehr bis zur Brudermühlbrücke bzw. bis zum Heckenstallertun-
nel.

Nachdem sich 2021 aus Protest gegen die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) Menschen von einer Autobahnbrücke über die A9 bei Freising abgeseilt hatten und dafür strafrechtlich ver-
folgt wurden, wird nun erneut am Sonntag (25. März 2023) gegen 12 Uhr auf einer über die A9 führenden Fußgängerbrücke unmittelbar bei der Anschlussstelle München/Schwabing (Mittlerer Ring) protestiert. Zunächst hat die Landeshauptstadt München interveniert. Der Bayerische Ver-
waltungsgerichtshof (BayVGH) erklärt aber am Freitagabend (23. März) in einem Eilverfahren ein für die Demonstration ausgesprochenes Versammlungsverbot für rechtswidrig. Allerdings muss die Demo von 90 auf 45 Minuten verkürzt werden. Dafür wird die A9 stadteinwärts zwischen dem Autobahnkreuz München-Nord und der Anschlussstelle München/Schwabing und stadtauswärts zwischen den Anschlussstellen München/Schwabing und Frankfurter Ring gesperrt.


„Klimaziele abgeschafft🤯 Demo Freitag, 31. März, 17 Uhr, Goethestraße 17🚨🔥
 Die Ergebnisse des Koalitionsauschusses sind total fatal:
❌ Klimaziele für einzelne Sektoren (Verkehr, Energie etc.) werden abgeschafft.
❌ Jährliche Klimaziele werden abgeschaft – Klimaschutzgesetz ausgehebelt.
❌ Statt Bahn-Ausbau werden 144 Autobahnprojekte beschleunigt.
❌ Klimaschutz soll aus Fonds für sozialen Ausgleich bezahlt werden. 
❗️ Wir können das nicht einfach so durchgehen lassen!  
Fridays for Future zieht von Parteibüro zu Parteibüro, denn auf die Regierung ist beim Klima-
schutz kein Verlass.“3 Etwa 250 Menschen ziehen vom Parteibüro der FDP zu dem der SPD.

Seit Monaten fällt kein Tropfen Regen in Ostafrika. Die Böden sind ausgetrocknet, Wasserläufe gibt es schon lange nicht mehr. Eine Krise, die die Welt vergessen hat – bittere Realität in Somalia, Kenia und Äthiopien. Die anhaltende Dürre hat den Menschen ihre Tiere genommen und die Ern-ten zerstört. Sie stehen vor dem Nichts, Kinder sind unterernährt und die Situation ist dramatisch. Die globale Klimakatastrophe löst neue noch größere Migrationsbewegungen aus. Europa versucht sich abzuschotten — vergeblich.


Die Pressestelle der Polizei berichtet über die Radsternfahrt: „Auf elf Strecken mit Startpunkten im Bereich Oberbayern und Schwaben sowie fünf Strecken mit Startpunkten in München fuhren am Sonntag, 23.04.2023, seit den Morgenstunden Versammlungsteilnehmer mit Fahrrädern zum Kö-
nigsplatz in München. Insgesamt nahmen nach Schätzungen in der Spitze bis zu 17.000 Personen zeitgleich an der Radsternfahrt teil. Im Bereich der Versammlungsstrecken kam es zeitweise zu er-
heblichen Verkehrsbeeinträchtigungen. Insbesondere bei der Sperrung von Teilen des Mittleren Rings und der Autobahn A 96 ergaben sich starke Rückstauungen. Die Autobahn wurde gegen 13:15 Uhr gesperrt und gegen 14:50 Uhr wieder freigegeben. Gegen 15:30 Uhr wurde die Ab-
schlusskundgebung auf dem Königsplatz eröffnet. Die Versammlung verlief störungsfrei, insge-
samt nahmen dort in der Spitze etwa 7000 Personen teil. Gegen 17:00 Uhr wurde die Versamm-
lung beendet. Gegen 13:30 Uhr fand am Mittleren Ring im Bereich des Georg-Brauchle-Rings eine weitere Versammlung statt, bei der sich Versammlungsteilnehmer von einer Brücke über den Mitt-
leren Ring abseilten. Insgesamt nahmen etwa 20 Personen an der Versammlung teil. Auch hier wurden Verkehrssperren eingerichtet und es kam in der Folge zu Verkehrsbeeinträchtigungen.“

Am 5. September kommen 744 Aussteller zur IAA, eine der größten internationalen Automobil-Fachmessen, unter dem Stichwort „Mobilität im Umbruch“. Die Umweltaktivisten von Ende Ge-
lände
protestieren am Dienstag, 23. Mai, auf der Theresienwiese und befestigten ein großes schwarzes Banner mit weißer Aufschrift am Sockel der Bavaria: „Für die Überwindung des auto-
mobilen Kapitalismus #NoIAA.“ In einer Pressererklärung meinen sie, „wir machen das Greenwa-
shing-Festival zum Desaster“.4

In der Frühe des 24. Mai: Die Polizei durchsucht bundesweit 15 Wohnungen von Mitgliedern der Letzten Generation unter anderem auch in München. Zudem beschlagnahmen die Behörden Kon-
ten, die Generalstaatsanwaltschaft München (Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extre-
mismus und Terrorismus ZET) schaltet die Homepage der LG ab. Das Bayerische Landeskriminal-
amt erstellt im Auftrag der Generalstaatsanwaltschaft München einen Warnhinweis, den sie auf der Seite der bayrischen Polizei und der der Klimaaktivisten platzieren: „Die Letzte Generation stellt eine kriminelle Vereinigung gemäß § 129 StGB dar.“ Weiter heißt es dort: „Achtung: Spenden an die Letzte Generation stellen mithin ein strafbares Unterstützen der kriminellen Vereinigung dar!“ Da dies aber nur als Behauptung gelten kann — ein Gericht hat dies bis jetzt nicht bestätigt — wird der Warnhinweis später „entschärft“.5 Am Abend des 24. Mai treffen sich am Friedensengel Aktivistinnen, Aktivisten und Sympathisanten zu einem Solifoto vor dem Friedensengel. Ein Pro-testmarsch beginnt am 25. Mai um 19 Uhr auf dem Marienplatz vor dem Alten Rathaus. Sogar die UNO verurteilt die Razzia – und der Deutschlandfunk, der Spiegel und weitere Medien melden das. Unter den 500 Demonstrantinnen und Demonstranten befindet sich auch der Physiker und Fernseh-Moderator Harald Lesch.6

Am 24. Mai ruft Konstantin Wecker zur Solidarität mit der Letzten Generation auf: https://www.youtube.com/watch?v=i1xhTerM0Aw

27. Mai, der letzte Spieltag in der Bundesliga: Der FC Bayern spielt auswärts gegen den 1. FC Köln. In der Kurve der Bayern-Fans sind Transparente zu sehen. Auf einem großen Banner ist zu lesen „Zu viel Klebstoff im Bullenhirn“. Und: „Die einzig kriminelle Vereinigung seid ihr!“

21. Juni: Das Komitee für Grundrechte und Demokratie, die Vereinigung Demokratischer Juris-
tinnen und Juristen
(VDJ), die Humanistische Union (HU) und das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung erklären gemeinsam, dass sie als zivilgesellschaftli-
che Organisationen, die sich seit Jahrzehnten für die Freiheits-, Grund- und Menschenrechte ein-
setzen, schockiert seien von den jüngsten Kriminalisierungsversuchen. Sie fordern die Einstellung aller Verfahren gegen die Letzte Generation und andere Aktivistinnen und Aktivisten der Klimage-
rechtigkeitsbewegung und die Abschaffung des §129!7


Die Letzte Generation wird von der Generalstaatsanwaltschaft seit Januar abgehört, da sich, wie es der zuständige Ermittlungsrichter formuliert, die Überwachung „erforderlich und unentbehrlich“ sei, da sich die Aktivistinnen und Aktivisten „sehr konspirativ“ verhielten. Neun von ihnen versam-
meln sich deshalb am Donnerstagvormittag des 29. Juni vor dem Dienstgebäude in der Karlsstraße und verlangen vergeblich Einlass, woraufhin sie Plakate auf die Fenster und die Drehtür der Gene-
ralstaatsanwaltschaft kleben. Diese fassen „überaus schwierige und komplizierte Ermittlungen zu-
sammen“, wie die Letzte Generation sarkastisch formuliert. Sie hat Informationen zusammenge-
tragen, die bereits seit Monaten öffentlich einsehbar sind – und ein Selfie derjenigen angehängt, die offenbar besonders im Visier der Ermittler stehen. „So zeigt das Plakat, dass durch eine Google Suche mit den Begriffen ‚Kerngruppe‘ und ‚Letzte Generation‘ die Identitäten in wenigen Sekunden festgestellt werden konnten“, schreiben sie. Dazu ist das Organigramm ihrer Gruppe, das auch ihre Webseite zeigt, sowie ein Bericht der Süddeutschen Zeitung, in dem die Klarnamen der Kerngrup-
pe erwähnt werden, abgebildet. „Dort steht drin, wer diese ominösen Strippenzieher der Letzten Generation sind. Die Behörden sind so überlastet, da kann einem das schon mal durchrutschen. Wir helfen gerne!“8


Am Mittwoch, 5. Juli, beginnt eine Demonstration von Ärztinnen und Ärzten in Solidarität mit der Letzten Generation um 18 Uhr vor dem Alten Rathaus: „Unsere Verantwortung ist Verpflichtung zugleich – Klimaschutz ist Gesundheitsschutz (Deutscher Ärztetag 2021) – Wir als Mitarbeitende im Gesundheitssystem und Forschung sehen uns in zweifacher Hinsicht veranlasst, aktiv für eine zielgerichtete und konkrete Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen einzutreten: Zum einen wer-
den wir und unsere Kinder und Enkel in dieser Welt leben müssen, zum anderen stehen wir be-
rufsbedingt in besonderer Verantwortung unseren Patient:Innen gegenüber. Angesichts der Klima-
katastrophe und deren Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen ist bei Fortführung der fehlgeleiteten Klimapolitik ein Zusammenbruch der schon ohnehin überlasteten Gesundheitsver-
sorgung absehbar.“

Wie sich jetzt herausstellt, hören bayrische Ermittlungsbehörden über Monate, zwischen Oktober 2022 und April 2023, Journalistinnen und Journalisten über das Pressetelefon der Letzten Gene-
ration
ab. Außerdem werden 13 Anschlüsse von Mitgliedern der LG abgehört, ein Angriff auf die Pressefreiheit in Deutschland. Drei der betroffenen Journalisten setzen sich jetzt zur Wehr. Koor-
diniert von Reporter ohne Grenzen (RSF) und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) reichen am 7. Juli Ronen Steinke (SZ), Henrik Rampe (freier Journalist) und Jörg Poppendieck (rbb) beim Amtsgericht München einen Antrag auf Überprüfung ein, ob die Überwachung verhältnismäßig und damit rechtmäßig war.

Klimaaktivisten der Letzten Generation blockieren am Freitagmorgen, 14. Juli, ab 7.45 Uhr zwei Stunden lang den Verkehr am Stachus. Einer der Aktivisten hat sich mit einer Zementklebemi-
schung derart fest an die Straße geklebt, dass seine Hand mit einem Trennschleifer herausge-
schnitten werden muss.

Am Mittwoch, 19. Juli findet um 18 Uhr ein weiterer Protestmarsch der Letzten Generation statt. Er beginnt vor dem Alten Rathaus.

Donnerstag, 24. August, gegen 8.30 Uhr: Über 50 Unterstützerinnen und Unterstützer der Letzten Generation blockieren mehrere Straßen in München. Es kommt dabei besonders am gesamten Mittleren Ring in der Innenstadt zu Verkehrsbehinderungen. Als sich am Lehel um 8.50 Uhr an der Von-der-Tann-Straße die Aktivisten beginnen festzukleben, heizt sich die Stimmung auf. Autofahrer reagieren teils aggressiv auf die Blockade, versuchen die jungen Männer von der Straße zu zerren. Ein Bauarbeiter, der in seiner Arbeit gestört wird, schreit: „Geht arbeiten!“ 20 Beamte sind im Einsatz, um die angeklebten Aktivisten von der Straße zu lösen. Es dauert etwa eine Stun-
de. Um 10.40 Uhr wird der Stachus blockiert. Zwischen 8 und 11 Uhr gibt es insgesamt 8 Aktionen, zwei am Stachus und zwei an der Landsberger Straße. Um 12.30 Uhr fordert der Landesgruppen-
chef der CSU, Dobrindt, im Bundestag Präventivhaft für die Letzte Generation. Kurz nach 14 Uhr kleben sich neun Aktivisten, darunter ein Rollstuhlfahrer, in der Landsberger Straße unweit der Donnersbergerbrücke auf den Asphalt. Eine Passantin sorgt gegen 15.45 Uhr für eine kleine Stär-
kung der Mitglieder der Letzten Generation. Die 74-jährige Gunhild Preuß-Bayer, Vorstandsmit-
glied des Vereins autofrei-leben, verteilt Trauben und Gurken an die Klimaaktivisten, während diese an der Donnersbergerbrücke von der Polizei vom Asphalt gelöst wurden. Dann werden acht Personen festgenommen. Ihnen wird angedroht, dass bei einer erneuten Teilnahme an einer Sitz-
blockade ein Präventivgewahrsam beantragt werde. Bis 16 Uhr finden 12 Blockadeaktionen mit etwa 80 Teilnehmern statt, so am Europaplatz, Königinstraße / Von-der-Tann-Straße. Thomas-Wimmer-Ring, nördliche Fahrtrichtung und die Elsenheimer Straße in nördlicher Fahrtrichtung auf Höhe der Landsberger Straße.

Am Freitag, 25. August, kommt es zu weiteren Blockaden. Um 9.30 Uhr kleben sich mehrere Leute auf der Landsberger Straße fest. Gegen 10 Uhr sperren fünf Aktivisten auch die Trappentreustraße. Keine zehn Minuten nach Räumung der Trappentreustraße kleben an der gegenüberliegenden Kreuzung schon wieder die Nächsten. Elf Aktivisten sperren diesmal fünf Spuren. Schließlich wird auf Höhe der Hofangerstraße die Heinrich-Wieland-Straße in südlicher Fahrtrichtung abgeriegelt. Dann, zwischen 14 und 17.30 Uhr, werden vor dem Justizpalast die Elisenstraße in östlicher Fahrt-
richtung, die Landsberger Straße auf Höhe Hausnummer 122, am Stachus die Prielmayerstraße in südlicher Fahrtrichtung und bei der Gotthardstraße die Fürstenrieder Straße in nördlicher Fahrt-
richtung blockiert.

Montag, 28. August: Aktivistinnen und Aktivisten sperren seit 7.30 Uhr den Innsbrucker Ring auf Höhe der Grafinger Straße, den Leuchtenbergring, die Arnulfstraße und den Petuelring. Einzelne Autofahrer schieben die Demonstranten mit ihren Fahrzeugen von der Straße. Einige von ihnen tragen am Dienstag, 29. August, Pappschilder mit der Aufschrift: „Klebeverbot – 3.000€ für die Zukunft meiner Kinder? Schnäppchen.“ Damit machen sie auf die in der vergangenen Woche von der Stadt München verabschiedeten Allgemeinverfügung aufmerksam und zeigen, dass auch diese die Proteste der Letzten Generation nicht verhindern kann. Es kommt zu weiteren Blockaden bei der A96-Ausfahrt in der Fürstenrieder Straße, bei der Nymphenburger Straße/Landshuter Allee, Passauerstraße/Heckenstallerstraße, Dietlindenstraße/Bidersteinerstraße sowie in der Leopold-
straße/Schenkendorfstraße. Drei Aktivisten werden festgenommen. Seit Mittwoch, 30. August, sit-
zen neun Klimaktivisten bis zum 12. September in Präventivhaft. Da in den letzten Tagen tennis-
ballgroße Hagelkörner eine Vielzahl von Häusern im südwestlichen Alpenvorland beschädigten, bewerfen gegen Mittag Aktivistinnen und Aktivisten das Landtagsgebäude mit Tennisbällen, die sie in weiße Farbe getunkt haben. Miriam Meyer: „Während in Bayern die Klimakatastrophe zuschlägt und tennisballgroße Hagelkörner eine Stadt zu 80 Prozent zerstören, verspricht Söder im Wahl-
kampf Hilfen für die Geschädigten, aber er verschwendet keine Silbe über seine Klimakiller-Politik und was sein Beitrag dazu sein wird, die katastrophale Entwicklung Richtung Klimahölle zu stop-
pen.“ Unterstützerinnen und Unterstützer der Letzten Generation demonstrieren am Mittwoch um 18 Uhr vom Rosenheimer Platz zum Isartor. Es ist ein stiller Protestmarsch.9 Am Donnerstag löst die Polizei einige Versammlungen am Vormittag auf. Dann kommt es zu Blockaden an den Kreu-
zungen Franz-Josef-Strauß-Ring/Prinzregentenstraße/Von-der-Tann-Straße. Freitag-Mittag sper-
ren Protestierende die Abfahrt der A96 in der Fürstenrieder Straße sowie die Donnersbergerbrük-
ke. Auch am Freitagmorgen, 1. September, gehen die Klebeaktionen weiter. Seit 7.30 Uhr blockie-
ren fünf Aktivisten die Fahrbahn an der Ecke Donnersberger Straße/Arnulfstraße in Neuhausen. Eine weitere Sperrung gibt es an der Ecke Fürstenrieder Straße/Ammerseestraße. Zwischen 12.00 und 13.15 Uhr blockieren neun Menschen die Prinzregentenstraße, zwei Menschen die Von-der-Tann-Straße und sieben den Franz-Josef-Strauß-Ring. Am Nachmittag des 1. September befinden sich 14 Personen in Präventivhaft.10

Am 1. September klettern um 11 Uhr Mitglieder von Robin Wood auf die Fahnenmasten vor der Feldherrnhalle und spannen ein Banner mit der Aufschrift „Saubere Autos sind eine dreckige Lüge!“. Weitere Akteure türmen Autoreifen auf und zünden einen grünen Rauchtopf.

Der Autolobbyverband VDA nutzt auch 2023 die meisten großen Plätze der Stadt für die IAA. Dies sorgte bereits 2021 für Kritik und Proteste, an die verschiedene Akteure anschließen wollen. Sie kritisieren, dass die IAA sich mit interaktiven Formaten und „Alibifahrrädern“ als demokratisch und nachhaltig inszeniert, obwohl sie in Hinterzimmertürgesprächen ohne zivilgesellschaftliches Mitspracherecht für 3 Jahre festgezurrt wurde und den Interessen der klimazerstörenden Auto-
konzernen dient. Die Aktionsbündnisse Sand im Getriebe, No Future for IAA und SmashIAA sowie das Mobilitätswende-Camp und die Demo-Organisation rufen angesichts der IAA 2023 zu breiten Protesten unter dem Motto #blockIAA auf. Luise Weil, Sprecherin von Sand im Getriebe: „Die Autokonzerne vertreten einen Verkehr aus leeren Versprechen von gestern. Sie drücken uns eine Mobilität auf, die nur dazu dient, Geld auf die Konten einiger weniger zu pumpen, mit immer mehr und immer größeren Autos, immer mehr Stau, immer mehr Pendeln. Eine gerechte und gute Mo-
bilität für Alle, die uns verbindet, und unsere Lebensgrundlagen nicht mit Füßen tritt ist möglich und in Zeiten der Klimakrise absolut notwendig. Die Konzerne stehen dieser im Weg, sie zerstören mit ihrem Wachstumszwang schon heute die Leben unzähliger Menschen weltweit, und deswegen stellen wir uns ihnen in den Weg.“ Lou Schmitz von No Future for IAA fügt hinzu: „Während der IAA wird die halbe Innestadt zur Ausstellungsfläche umfunktioniert. Der urbane Raum wird für die Profite der Autoindustrie privatisiert, während das Leben in München für immer mehr Menschen unbezahlbar wird. Wir kämpfen für eine Stadt, die nach den Bedürfnissen der Menschen ausge-
richtet wird, die hier leben.“ Und Mira Klein von smashIAA ergänzt die Kritik: „Für ihre Profite nehmen die Autokonzerne nicht nur die Zerstörung unseres Planeten in Kauf, sondern schrecken auch nicht vor mörderischen Geschäften mit Militärfahrzeugen und Waffen zurück. Und während wir uns das Heizen und unser Essen nicht mehr leisten konnten, fuhren sie Rekordgewinne ein. Für eine klimagerechte und soziale Zukunft können wir uns nicht verlassen auf Politik, Bosse und leere Worte. Wir werden mit unseren kreativen Aktionen gegen die IAA zeigen, dass wir uns gegen ihr System zu Wehr setzen und dass eine andere Welt, ohne Ausbeutung von Mensch und Natur möglich ist.“ Heinz Schulze (Vorstand Nord Süd Forum München e.V.) weist darauf hin, dass die vermeintlich ökologische Mobilitätswende ganz neue Ressourcenausbeutung global verlangt. So wehren sich argentinische Indigene gegen den Abbau von Lithium: „Um das notwendige viele Was-
ser den Unternehmen zur Verfügung zu stellen, werden Wasserrechte wie auch Landrechte indige-
ner Dorfgemeinschaften radikal außer Kraft gesetzt. Seit längerer Zeit wehrt sich dagegen die indi-
gene Bevölkerung der argentinischen Provinz Jujuy, nordwestliche Provinz an der Grenze zu Ar-
gentinien gelegen. Das Wasser für die Lithiumproduktion wird indigenen Dorfgemeinschaften ge-
stohlen. Es geht um Salinas Grandes, ein 230 km großer Salzsee auf 2.340 Meter gelegen. Die indi-
gnen Dorfgemeinschaften wurden, wie nach international gültigem Recht vorgeschrieben, nicht aktiv vorab konsultiert. (ILO-Konvention 169). »Wir wollen nicht für Elektroautos geopfert wer-
den. Die Menschen sollen zu uns kommen, um zu sehen und zu verstehen, wie wir unsere Territo-
rien und die Tiere schützen … Früher war es Gold und Silber. Heute ist es das Lithium und das stiehlt uns das Wasser das wir für unser Leben, unsere Landwirtschaft und Tiere dringend brau-
chen.« So lauten ihre Proteste im August 2023 in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. (Agenciatierraviva, 1.8.23). Ähnliche Proteste gibt es in der Lithium-Salzseeregion Boliviens, auch hier wegen dem Wasserklau. Und in Peru gibt es Lithiumvorkommen in den Anden in der Nähe des Titicacasees.Die Produktion ist besonders gefährlich. Das Lithium liegt unter einer Schicht Uran.“



Unter dem Motto „Raus auf die Straße – für weniger Autos, für mehr Leben!“ startet am 3. Septem-
ber das Bündnis mit einer Kundgebung und einem großen Aktionsbild zum Mitmachen in die Pro-
testwoche gegen die IAA. – Gemeinsam Visionen und Aktionen für die Mobilität von morgen ge-
stalten – sozial und klimagerecht: Die Workshops im Mobilitätswendecamp im Luitpoldpark decken zwischen dem 6. und 8. September ein breites Themenspektrum zwischen Energie-Kolo-
nialismus, Mobilitäts- und Verkehrswende, ÖPNV-Ausbau, dem Umbau der Autoindustrie sowie praxisnahen Trainings zu Pressearbeit und Adbusting-Aktionen ab.11

Montag, 4. September, 6.55 Uhr: Blockadeaktionen an der Rosenheimer Straße und am Innsbruk-
ker Ring. Auch Extinction Rebellion (XR) setzt auf zivilen Ungehorsam. Aktivisten seilen sich nahe der BMW-Welt von einer Brücke über dem Mittleren Ring ab. Auf dem Transparent, das an der Brücke hängt, steht „Klimaschutz statt IAA. Geld für Öffis, nicht für Autobahnen“. – Greenpeace-Aktivisten steigen am gleichen Tag in eine Wasserfläche vor dem Haupteingang am Messegelände und halten Transparente mit Aufschriften wie „Autoindustrie versenkt Klimaschutz“ oder „Shrink now or sink later“ in die Höhe. Dabei führen sie Karosserieteile von drei Autos mit sich, die den Eindruck von unterschiedlich tief versenkten Fahrzeugen vermittelten. – Um 13 Uhr ist die Kreu-
zung Innsbrucker Ring/Aribonen Straße blockiert. Ein Automobilist, der an einem auf der Straße Sitzenden vorbei fährt, bespritzt ihn aus einer Getränkeflasche und brüllt, „Du solltest jetzt arbei-
ten, du Hurensohn, du greisliger, du“. – Gegen 16.25 Uhr kleben sich neun Personen teilweise auf der Fahrbahn Einsteinstraße/Truderingerstraße auf der Höhe des Vogelweideplatz fest. Ein ge-
stoppter Autofahrer brüllt und verpasst einem Demonstranten eine Ohrfeige.

Dienstag, 5. September, 9.30 Uhr: 18 Sympathisanten der Letzten Generation (LG) ziehen vom Marienplatz Richtung Stachus. Auf ihren Plakaten steht „Schöne heile Welt – wie lange noch?“. Die Polizei stoppt den Zug auf Höhe des Oberpollinger, die Demonstrantinnen und Demonstranten setzen sich, werden gegen 10.30 Uhr weggetragen und erhalten für den Bereich der Altstadt Platz-
verweise. – Über 80 Fahrradfahrer strampeln ab 10.40 Uhr vom nördlichen Stadtgebiet in die In-
nenstadt, danach zum Messegelände und von dort mit Zwischenkundgebungen über die Innen-
stadt zum Mobilitätswendecamp im Luitpoldpark. – Die Bundesregierung und die Autolobby bren-
nen mit ihrer auf das Auto fokussierten Verkehrspolitik die 1,5-Grad-Grenze nieder. Bei einer Akti-
on zünden 18 Attac-Aktive, die symbolisch die Autolobby und Konzerne repräsentieren, gegen 13 Uhr ein großes 1,5-Grad-Zeichen auf dem Messesee vor den Türen der IAA Mobility Conference an. Sie verbrennen damit symbolisch das im Übereinkommen von Paris festgehaltene 1,5-Grad-Ziel. – 20 Minuten später zeigen dort acht XR-Aktivisten Plakate und zünden Rauchfackeln. Dazu zeigen sie Plakate mit Aufschriften wie „Für wen wird hier Politik gemacht?“, „Zukunft statt Profit“ oder „Stopp IAA“. – Zehn LG-Mitglieder blockieren um 14.10 Uhr kurzfristig die Fahrbahn des Karls-
platzes. Polizisten greifen sofort ein. – Während der Bundeskanzler die IAA Mobility feierlich er-
öffnet, kommt es um 14 Uhr zu mehreren Störungen von Greenpeace-Aktivisten, die dort Plakate zeigen und dabei auch teilweise auf ausgestellte Fahrzeuge von BMW und Mercedes steigen. Eines ihrer Banner trägt die Aufschrift „The Party is over“. – Um 20 Uhr kleben sich vier Klimaaktivisten im Bereich der Donnersbergerbrücke direkt neben der Münchner Niederlassung von Mercedes-Benz an die die Abfahrt zur Arnulfstraße in nördliche Richtung, ein weiteres Gruppenmitglied auf den Bürgersteig, damit Autofahrer nicht über den Gehweg an der Blockade vorbeifahren.12

Mittwoch. 6. September: Zur Zeit sitzen 29 LG-Aktivisten im Gefängnis. Ex-CSU-Chef Erwin Hu-
ber meint im Interview mit dem Wochenmagazin Zeit anders als Innenminister Herrmann: „Die ‚Letzte Generation‘ ist auch keine kriminelle Vereinigung. Da habe ich eine andere Position als die CSU … Wenn uns die Klimakrise wirklich brutal erreicht, dann wird der Sinn (des Lebens) viel-
leicht im Überleben bestehen, wie die ‚Letzte Generation‘ das sagt.“ – In der Nacht zum Donners-
tag tauschen Attac-Aktivisten an Tram- und Bushaltestellen an der Schwanthalerhöhe sowie dem Haupt- und Ostbahnhof acht Auto-Werbeplakatierungen mit eigenen satirischen Motiven aus. Drei unterschiedliche Plakate zeigen jeweils einen SUV, der durch eine dystopische Landschaft fährt. Auf einem der Plakate fallen der Berliner Fernsehturm sowie die Radarstation auf dem Teufelsberg einem Waldbrand zum Opfer. Das zweite Poster zeigt die im Wüstensand versinkende weiß-blaue Residenzstadt. Auf dem dritten Bild sind die Elbphilharmonie sowie der Hamburger Michel zu sehen, welche in den Fluten untergehen. Auf jedem Plakat steht: „Die Freiheit, die ihr meint.“13

Am Donnerstag, 7. September, blockieren um 8.15 Uhr 13 LG-Aktivisten den Mittleren Ring in Perlach am Autobahnende der stark frequentierten A8. Drei von vier Fahrspuren hinter der Ab-
fahrt sind gesperrt. Ein Polizei-Großaufgebot rückt an. Die Stimmung ist angespannt, genervte Automobilisten schreien los. Eine Frau schüttet einen Kaffee über einen der Aktivisten. Ein Auto-
fahrer brüllt: „Geht sterben!“ Pressevertreter, die über die Blockade und den entstandenen Stau berichten wollen, werden dabei von Polizeibeamten einer Einsatzhundertschaft aus Sachsen-An-
halt beeinträchtigt. – Am gleichen Tag verlassen gegen 16.00 Uhr mehrere Menschen das Mobi-
litätswendecamp im Luitpoldpark. Sie tragen ein Holzgestell (sog. „Gehzeug“), dazu ein Banner und gehen begleitet von Trommelschlägen durch die Belgradstraße, die Nordendstraße und die Barerstraße zum Karolinenplatz und auf gleichem Weg zurück. – Gegen 17.30 Uhr kontrollieren Polizisten 15 Personen am Odeonsplatz, zwei werden festgenommen, mehrere Tuben Klebstoff werden „zur Gefahrenabwehr sichergestellt“. – An diesem Tag kommt es zu zwei Blockadeaktionen im Stadtgebiet, 12 Menschen werden festgenommen. – In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wird in der Maxvorstadt bei mehreren Fahrzeugen die Luft aus den Reifen abgelassen; hinter den Scheibenwischern stecken Flugblätter. – Bei dem Podiumsgespräch „Kulturkampf ums Auto – Deutscher Autofetisch, rechte Kampagnen und die Autokonzerne“ am Abend bringt Attac zivilge-
sellschaftliche Akteur*innen und Aktivist*innen an einen Tisch, um über Meinungsmache, den aktuell stattfindenden verkehrspolitischen Backlash, die Macht der Autokonzerne sowie den Auf-
bau einer Gegenmacht zur aktuell vorherrschenden Autozentriertheit aus dem zivilgesellschaftli-
chen Spektrum zu diskutieren.

14
Freitag, 8. September, 14.20 Uhr: Am Stand eines Automobilherstellers auf der Ausstellungsfläche des „Open Space“ stellt sich eine Mensch auf das Dach eines ausgestellten Fahrzeugs und zeigt ein Plakat. Polizeibeamte zerren ihn herunter und bringen ihn zur „GeSa“ (Gefangenensammelstelle). – Gegen 16.30 Uhr setzen sich jeweils 3 Personen am Geschwister-Scholl-Platz auf die Ludwigstra-
ße in stadtein- und stadtauswärtiger Richtung. Währenddessen musizieren acht Musiker der Band Lebenslaute am Straßenrand. Später tanzen zwei Bandmitglieder auf der blockierten Straße. Viola Forte, die Sprecherin der Lebenslaute: „Unsere Aktion richtet sich gegen das ökozidale Verbrechen der grüngewaschenen Internationalen Automobilausstellung und ist zugleich ein Ausdruck unserer Solidarität mit ‚Aufstand Letzte Generation‘, von denen allein hier in München derzeit etliche in einer allen rechtstaatlichen Regeln Hohn sprechenden Art und Weise für Tage und Woche in Prä-
ventivhaft weggesperrt werden. Die bayerische Regierung hat in diesem Jahr viel mehr Menschen von ‚Letzte Generation‘ hinter Gitter gebracht als Windräder gebaut. Das ist ein Verbrechen an den Lebenschancen künftiger Generationen, es ist verfassungswidriges Handeln nach den Standards des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil zum Klimaschutzgesetz vom April 2021. Wenn die Regierungen in Bund und Ländern und alle die sie tragenden Parteien nicht in der Lage sind, sich am Interesse der natürlichen Lebensgrundlagen unserer Zivilisation zu orientieren, dann müssen wir eben selber etwas tun, Sand im Getriebe sein, dem Rad in die Speichen fallen, den Verkehr zum Stillstand bringen!“ Während der Blockade meint eine Musikerin: „Wir brauchen keine Green-
washing-Show IAA, sondern eine ernsthafte Mobilitätswende, in der der motorisierte Individual-
verkehr nicht im Mittelpunkt der Verkehrspolitik steht. Elektroautos sind keine Alternative. Ihre Herstellung basiert auf der Zerstörung von riesigen Landstrichen, auf der Vernichtung von Arten, auf der Vertreibung von Menschen. Der Kampf um diese Ressourcen fördert Kriege. Stoppt die Zurschaustellung von zukunftsschädlichen Verkehrsmitteln, stoppt das Greenwashing – stoppt die IAA!“ Und ein Musiker: „In Bayern werden Menschen wochenlang eingesperrt, weil sie Ordnungs-
widrigkeiten begehen könnten. Welch ein Irrsinn! Das ist eine Vorgehensweise, wie sie in totalitä-
ren Regimen üblich ist. Wir fordern die sofortige Freilassung aller inhaftierten KlimaaktivistIn-
nen!“ Am Straßenrand stehen Mitglieder von Parents for Future und applaudieren. Die Stimmung ist entspannt. Die LG-Aktivisten lassen zwei Busse des MVV passieren. Schließlich unterstütze man den öffentlichen Nahverkehr.15

Fünf Personen kleben sich am Samstag, 9. September, gegen 10.00 Uhr auf den Innsbrucker Ring. Bis zu 12. September sitzen sie hinter Schloss und Riegel. – An diesem Samstag versammeln sich gegen 11.50 Uhr an die Hundert Aktivistinnen und Aktivisten im Bereich der Donnersbergerbrük-
ke. Polizistinnen und Polizisten sperren die Zugänge zum Mercedes-Tower ab. Einige der Demon-
strierenden versuchen die Absperrungen zu überlaufen, Polizisten setzen Schlagstöcke und Pfeffer-
spray ein. Etwa 15 Personen setzten sich daraufhin unter der Donnersberger Brücke auf die Fahr-
bahn und blockieren den Verkehr. 30 Personen halten an der Ecke Arnulfstraße/Donnersberger-
brücke vor dem Mercedes-Benz-Autohaus mehrere Transparente hoch. Am Ende sind es hier 80, die demonstrieren. Gegen 22 Personen werden Ermittlungen wegen Landfriedensbruches und teilweise wegen tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte eingeleitet. – Ab 12 Uhr wird die Bavariastra-
ße zum Aktionszentrum. Zwei Personen seilen sich von der Eisenbahnbrücke ab. Ein Holzgestell blockiert die Straße. Vom Dach eines nahe gelegenen Hauses weht ein Banner, Pyros werden ge-
zündet. Größere Personengruppen setzen sich jetzt auf die Straße, eine mit etwa 100 Teilnehmern an der Kreuzung zur Lindwurmstraße. Einige von ihnen errichten Barrikaden aus Fahrrädern, andere steigen aufs Dach des ehemaligen Sozialkaufhauses Weißer Rabe und skandieren Parolen. Vom Aktionsbündnis No Future IAA heißt es: „Im Gebäudekomplex in der Bavariastraße 30 – 36 befand sich bis 2021 das Gebrauchtwarenhaus ‚Weißer Rabe‘. Der Eigentümer Concept Bau will dort Eigentumswohnungen errichten. Die Firma Concept Bau ist auf Immobilien im Luxussegment spezialisiert. Mehrere Anfragen für kulturelle Zwischennutzungen in dem Gebäude wurden mit Verweis auf die geplanten Wohnungen abgewiesen.“ Bauarbeiten hätten demnach an den seit bald zwei Jahren leerstehenden Häusern bisher nicht begonnen. „Mit der symbolischen Besetzung richten wir uns gegen die Politik der Stadt München, die der IAA die halbe Innenstadt schenkt, während sie zulässt, dass Häuser als Spekulationsobjekte leer stehen und gegen ein System, das Profite über die Grundbedürfnisse von Menschen stellt.“ Die Blockierer an der Kreuzung Bava-
ria-/Lindwurmstraße werden von der Polizei eingekesselt, einzelne Mensch weggetragen, einige von der Fahrbahn geschleift. – Im Polizeibericht heißt es weiter: „Im Laufe des Nachmittags kam es gegen 15.30 Uhr zu einem größeren Polizeieinsatz. Zu diesem Zeitpunkt stellten Einsatzkräfte fest, dass zwei weibliche Personen an dem Stand eines Automobilherstellers in den Residenzhöfen hochkletterten. Die beiden Frauen entrollten in mehreren Metern Höhe ein größeres Banner, mit dessen Aufschrift auf das Themenfeld Klimaschutz Bezug genommen wurde. Während der Aktion wurde der betreffende Residenzhof durch den Veranstalter gesperrt. Die beiden Frauen wurden im Rahmen einer technisch aufwendigen und personalintensiven Aktion gegen 17.20 Uhr von Einsatz-
kräften der Feuerwehr und Polizei von dem Gerüst heruntergebracht. Dabei kam neben einer tech-
nischen Einheit der Polizei auch eine Drehleiter sowie ein Sprungkissen zur Absicherung der Per-
sonen zum Einsatz. Gegen die beiden Frauen wird wegen Hausfriedensbruches und eines Versto-
ßes gegen das Bay. Versammlungsgesetz ermittelt, da die Aktion als nicht angezeigte Versammlung bewertet wurde.“


Am Sonntag, 10. September, demonstrieren ab 12 Uhr 3.230 Menschen vom Mobilitätswendecamp im Luitpoldpark über die Belgradstraße zum Karolinenplatz, wo auch die IAA-kritische Radldemo von Bund Naturschutz, Naturfreunde und VCD endet.16 Seit Donnerstag, befinden sich 36 LG-Ak-
tivistinnen und Aktivisten „in Gewahrsam“. Am Sonntagabend werden 14 Personen in den Abend-
stunden entlassen.



17
Im Kreativquartier Ecke Dachauer/Schwere-Reiter-Straße

Donnerstag, 14. September, 9.30 Uhr: Direkt gegenüber der Polizeiinspektion Giesing blockieren drei Personen auf der Chiemgaustraße die Abfahrt zur Tegernseer Landstraße. Die Demonstranten: „Friedliche Protestierende wegsperren, löst den politischen Konflikt nicht. Wenn die Politik will, dass die Proteste enden, muss sie ihrer Pflicht nachkommen und die natürlichen Lebensgrundla-
gen erhalten.“

18
19
Der Klimastreik beginnt am 15. September um 12 Uhr am Siegestor und bewegt sich dann über die Georgenstraße zur Arcisstraße. Weiter geht es in der Schellingstraße und in der Ludwigsstraße. Die Endkundgebung findet gegen 14 Uhr wieder am Siegestor statt.

Mittwoch, 13. Dezember: Gegen 10 Uhr besprühen zwei Aktivisten der LG den Christbaum am Weihnachtsmarkt Sendlinger Tor sowie das Dach eines Standes mit orangener Farbe. Dabei halten sie ein Plakat empor: „Besinnlich in die Katastrophe?“ Zudem entrollen Aktivisten noch ein Ban-
ner: „Inmitten blinkender Lichter, glänzendem Schmuck und festlicher Stimmung lässt es sich leicht vergessen: Wir rasen mit Vollgas in die Katastrophe und unsere Regierungen scheitern in Dubai gerade krachend daran, die Notbremse zu ziehen und den überlebensnotwendigen Ausstieg aus den fossilen Energien zu beschließen.“

20
In der Luisenstraße vor der Technischen Universität am 16. Dezember


1 Siehe https://fridaysforfuture.de/lutzerath/, https://luetziticker22.aktionsticker.org/ und https://luetzerathlebt.info/ticker/

2 Siehe die Bilder der Demonstration von „fridays for future“ vom 3. März von Cornelia Blomeyer.

3 Zugeschickt am Spätnachmittag des 30. März

4 Siehe https://twitter.com/EG_Muenchen.

5 Die Pressekonferenz: https://www.youtube.com/watch?v=PSFoy58Zano

6 Siehe die Fotos von der Demonstration der „letzten generation“ von Günther Gerstenberg. Siehe auch https://twitter.com/justBodo_/status/1661789115833090058 und https://twitter.com/i/status/1661804198625771527. Die neue Website der Letzten Generation ist hier: letztegeneration.org. Siehe auch https://climatejustice.social/@AufstandLastGen

7 Siehe: https://www.grundrechtekomitee.de/details/zum-nachhoeren-komitee-salon-3-klimaschuetzen-ist-kein-verbrechen-als-audio.

8 Siehe https://twitter.com/AufstandLastGen/status/1674339870725087234?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Etweet

9 Siehe die Fotos des „stillen protestmarsches der letzten generation“ von Marion Blomeyer.

10 Siehe https://twitter.com/AufstandLastGen/status/1697581514467291488?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Etweet.

11 Siehe https://mobilitaetswendecamp.noblogs.org

12 Siehe https://www.telepolis.de/features/IAA-Mobility-Muenchen-im-Zeichen-von-Automobilismus-und-Klimaprotest-9294883.html von Claudia Wangerin.

13 Siehe https://www.telepolis.de/features/Praeventivhaft-fuer-Letzte-Generation-der-Jetzt-erst-recht-Effekt-9297099.html von Claudia Wangerin. Das „Komitee für Grundrechte und Demokratie“ ist wegen der Repressionen mit neun Demo-Beobachter:innen diese Woche in München: https://www.grundrechtekomitee.de/details/pressemitteilung-demonstrationsbeobachtung-anlaesslich-der-proteste-gegen-die-internationale-automobilausstellung-iaa-in-muenchen

14 Die Musikerinnen und Musiker der „Lebenslaute“ fotografiert Jessica di Rovereto.

15 Siehe https://www.telepolis.de/features/Die-Freiheit-die-ihr-meint-vielfaeltige-Proteste-gegen-Automesse-IAA-9299871.html von Claudia Wangerin.

16 Siehe die Bilder vom Mobilitätswendecamp, von den Kundgebungen und der Demonstration „#blockIAA – a“ von Cornelia Blomeyer, „#blockIAA – b“ von Marion Blomeyer und „#blockIAA – c“ von Günther Gerstenberg. Siehe auch: https://www.telepolis.de/features/IAA-Mobility-und-Klimaproteste-wie-in-Muenchen-Welten-aufeinander-prallten-9300428.html von Jasper Schaer und Claudia Wangerin. Siehe auch https://www.instagram.com/xrmunich/.

17 Fotos vom 10. September: Franz Gans

18 Das Foto von der Kreuzung Karl-Theodor-Straße/Belgradstraße schoss Franz Gans am 10. September.

19 Das Foto vom Aufkleber an der Kreuzung Franz-Joseph-Straße/Römerstraße schoss Franz Gans am 26. Februar 2024.

20 Foto: Richy Meyer

Überraschung

Jahr: 2023
Bereich: Umwelt