Flusslandschaft 1978

Bundeswehr

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Otto Dressler: Deutsche Kampfflugzeuge, ihre Wesensbestimmung sinnreich nachzeichnend

Am 27. Januar streikt die Selbstorganisation der Zivildienstleistenden (ZDL) gegen die Wiederein-
führung der Gewissensprüfung und Versuche, den Zivildienst so unattraktiv zu machen, dass mehr Jugendliche zur Bundeswehr gehen.

Antragssteller, die den Kriegsdienst verweigern wollen, und Zivildienstleistende gelten immer noch gemeinhin als Drückeberger. Im Januar 1978 erschien die erste Nummer der „PAX AN“, herausge-
geben von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigung der Kriegsdienstgegner (DFG-VK). Der Kreisverband residiert in der Martin-Greif-Straße 3 in der Ludwigsvorstadt. Die DFG/VK ver-
anstaltet am 14. April einen Demonstrationsmarsch zum Thema „Grundrecht Kriegsdienstverwei-
gerung“. Anlass für die Veranstaltung ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Wehr-
dienstnovelle der Bundesregierung für verfassungswidrig erklärt.

Im letzten Jahr feierten Jungoffiziere an der Münchner Bundeswehrhochschule eine symbolische „Judenverbrennung“. Dieses Jahr ist in den Räumen der Uni vom 23. bis 30. Juni die Ausstellung „Widerstand und Verfolgung in Bayern 1933 – 1945“ zu sehen.2

Der Gefreite Anselm Conrad, Luftwaffensanitätsstaffel/Fliegerhorstgruppe Kaufbeuren, legt am 11. November bei einer Veranstaltung der DGB-Jugend Bayern aus Anlass des 40. Jahrestages der so genannten Reichskristallnacht auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau in Uniform einen Kranz nieder, auf dessen Schleife die Aufschrift „Für die Opfer der Hitlerdiktatur — Arbeitskreis des Soldatenbundes" zu lesen ist. Der Soldat wird nach seiner Rückkehr in die Kaser-
ne mit drei Tagen Disziplinar-Arrest bestraft. Es kommt zu Protesten.3 Der Parl. Staatssekretär Dr. von Bülow antwortet auf eine Anfrage im Bundestag: „Der Disziplinarvorgesetzte, der die Diszipli-
narmaßnahme verhängt und der Truppendienstrichter, der sie bestätigt hat, sind offensichtlich da-
von ausgegangen, dass es sich bei der Veranstaltung um eine politische Veranstaltung im Sinne des § 15 Abs. 3 Soldatengesetz (SG) handelte, an der die Teilnahme von Soldaten in Uniform verboten ist. Der Soldat hat gegen die Disziplinarmaßnahme rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Für die Ent-
scheidung über die Beschwerde ist das Truppendienstgericht Süd — 4. Kammer — zuständig. Die Vollstreckung der Disziplinarmaßnahme ist bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung gehemmt. Von einer Stellungnahme zu der Rechtmäßigkeit der Disziplinarmaßnahme muss die Bundesregie-
rung aus rechtsstaatlichen Erwägungen vorerst absehen, um einen Eingriff in das schwebende Verfahren zu vermeiden.“4 Beim letzten Parteitag der CSU waren allerdings Offiziere der Bundes-
wehr in Uniform anwesend, ohne dass dies Konsequenzen gehabt hätte.5

(zuletzt geändert am 12.12.2020)


1 Teuflische Jahre 14, Frankfurt am Main 1978, 147. — Otto Dresslers Atelier liegt in Moosach im Landkreis Ebersberg.

2 Siehe „CSU im Abseits“ von Ernst Antoni.

3 Siehe „Protest“ von Eugen Kessler.

4 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Dezember 1978, 9426.

5 Vgl. wir. Information für Betriebsräte, Personalräte, Vertrauensleute, Jugendvertreter, hg. vom DGB-Kreis München 1/1979, 14.