Flusslandschaft 1981

Kunst/Kultur

Die kleine Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist es manchmal müde, immer wieder die gleichen rational begründeten Forderungen an die verantwortlichen Politiker zu richten. Sie plant zum Jahresabschluss am 21. Dezember ein Fest im Hinterhoftheaterl im Wirtshaus am Hart an der Sudetendeutschen Straße 40 mit Gedichten, Liedern, Volkstanz, Texten, Kabarett, Musik und Schattenspielen.1

BILDENDE KÜNSTE

„Die saubersten Fettecken, die es je gab – Seit Jahren tobt in München ein Gefecht um die heutige »Avantgarde«. Der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Erich Steingrä-
ber, will »gewisse Exegeten des Götzen Duchamp« in die Anarchistenecke stellen zum (freiheitlich-demokratischen) Draufschlagen (siehe tendenzen Nr. 124, Seite 6 f.). Ganz anders Armin Zweite, Leiter der Städtischen Galerie. Er hat unlängst eine 348 Nummern starke Beuys-Ausstellung aus-
schließlich aus Münchner (!) Sammlungen gebracht und mit ihr bewiesen, daß weder Beuys noch München so sind. Dabei »kam es darauf an, die Schlüssigkeit des gesamten Œuvres von Beuys zu verdeutlichen«. So der Katalog (Seite 8), dem der Klappentext nachsagt, er gebe mit 252, davon 48 farbigen Abbildungen, vor allem auch mit dem Text von Armin Zweite, »zum ersten Mal einen vollständigen Überblick über das Werk von Joseph Beuys, der zu den bedeutendsten Künstlern unseres Jahrhunderts zählt«. (Er kostete an der Kasse der Städtischen Galerie 30,- DM). – Freilich wurde peinlichst ausgespart, was von Beuys nicht »Kunst«, sondern gesellschaftliches Engagement ist, von konkret gemeinter Sorge um die Umwelt bis zur Unterschrift unter den Krefelder Aufruf. Im übrigen eine einwandfreie Sache: Ausleuchtung der Räume wie in einem OP-Saal, kein Stäub-
chen Dreck, kein Fettfleck an Boden und Wänden. Gleichgültig, welche verrufenen Materialien auch immer zur Vermittlung der künstlerischen Ideen und irrationaler Weltsichten bemüht wur-
den, alles domestiziert in Glas und Rahmen, »Skulpturen« und »Objekte« in Vitrinen, »Enviro-
nements« (»Terremoto« entstand extra für diese Schau!), welche doch angeblich die Trennung Kunst – Publikum aufheben, den Betrachter in das Werk einbeziehen sollen, von eben diesen durch Pfosten und Schnüre abgeschirmt – eine saubere, eine fast appetitliche, eine (hoch!) ver-
sicherte Welt, und ein Klassiker, wie er eben nach München paßt. – Über Joseph Beuys siehe auch: Ulrich Krempel, »Der Mensch muß lernen, sich über seine Wirklichkeit zu erheben«, in tendenzen Nr. 130 (April – Juni 1980, Seite 27 – 36). Werner Marschall“2

KINO

Im Juni läuft The Great Rock’n’Roll Swindle im Werkstattkino in der Fraunhoferstraße 9 Rgb.

THEATER

Münchner Kammerspiele, 4. November: Man wartet gespannt darauf, dass der Vorhang sich hebt, da geschieht das Unfassbare: Ein junger Mann betritt die Bühne und sagt „Guten Abend, bitte haben Sie Verständnis …“3

Siehe auch „Gewerkschaften/Arbeitswelt“.

(zuletzt geändert am 13.5.2025)


1 Siehe „Menschlichkeit“ von Artur Troppmann.

2 Tendenzen 137 vom Januar – März 1982, 77.

3 Siehe „Umweltprotest in den Kammerspielen“.