Flusslandschaft 1994

Flüchtlinge

12. März: Kundgebung vom Münchner Bündnis gegen Rassismus gegen Abschiebung und Massendeportationen.

Am 17. März durchsucht die Polizei ohne konkrete Hinweise nach dem Mord an einem Münchner Taxifahrer im Zuge ihrer Ermittlungen fünf Flüchtlingsheime.

Im Mai entsteht das erste Büro für Refugio München, Beratungs- und Behandlungszentrum für Flüchtlinge und Folteropfer, zuerst in der Ickstattstraße in Haidhausen, dann in der Rauchstraße in Bogenhausen. „Refugio“ heißt „Schutzraum“. Flüchtlinge vor Verfolgung, Folter, Gewalt und Krieg erfahren hier Hilfe und Betreuung. Zunächst arbeiten hier zwei Psychotherapeuten, zwei Sozialarbeiter, eine Geschäftsführerin, eine Verwaltungskraft und ehrenamtlich eine Ärztin.
Vor allem aber gelingt es Refugio in den kommenden Jahren immer wieder, Asylsuchende vor drohenden Abschiebungen zu bewahren.

Kurdinnen und Kurden, die aus der Türkei geflohen sind, suchen bei uns um Asyl an. Frauen und Männer aus der deutschen Unterstützerszene begleiten die Flüchtlinge regelmäßig ins Kreisver-
waltungsreferat, in dem die Bescheinigungen für Duldung oder terminierte Bleiberechte ausgestellt werden. Kommen die Asylsuchenden allein, werden sie oft gedemütigt. Manche Anwälte engagie-
ren sich und verzichten auf Honorare. Misserfolge sind nicht selten.1

„Im Jahr 1994 fasste die Bayerische Grenzpolizei rund 4.100 Grenzgänger beim Versuch der illega-
len Einreise; im Vorjahr waren es etwa 8.800. Der Rückgang ist, laut Bayerischem Innenministeri-
um, Folge sowohl der strengen Grenzkontrollen als auch der verschärften Asylpolitik. Bundesweit sank die Zahl der illegalen Einreiseversuche von 322.000 im Jahr 1993 auf 127.000 im Jahr 1994. Auch die Zahl der Ausländer, die mit gefälschten Papieren einzureisen versuchen, sank in Bayern von 6.258 Personen 1993 auf 4.118 Personen 1994. Das bayerische Innenministerium will auch in Zukunft hart gegen die internationalen Schlepperorganisationen vorgehen.“2 – „Bayern führt ab 1. Januar 1995 erweiterte Polizeibefugnisse ein, die verdachtsunabhängige Polizeikontrollen im Um-
kreis von 30 km von der Grenze, auf Bahnhöfen, Flughäfen und Durchgangsstraßen ermöglichen. Notwendigkeit zu diesen Maßnahmen bestehe mit dem EU-Beitritt Österreichs und dem Wegfall der Grenzkontrollen, so die Begründung des bayerischen Innenministers Beckstein. Eine SPD-
Mehrheit und die Grünen lehnten das Vorhaben als verfassungsrechtlich bedenklich ab.“3

Siehe auch „Rechtsextremismus“.


1 Siehe „Ablehnungsbescheid“.

2 Süddeutsche Zeitung vom 17. Januar 1995.

3 Die Welt vom 16. Dezember 1994.