Flusslandschaft 2008
Sicherheitskonferenz
Der seit nunmehr sechs Jahren stattfindenden größten Antikriegsdemonstration geht eine wo-
chenlange Anti-Siko-Kampagne voraus, in der mit Ausstellungen, kleineren Aktionen und Demon-
strationen, Informationsveranstaltungen, zwei Antikriegskongressen, mit massenhaft verteilten Zeitungsflugblättern und Plakaten für die Gegenaktionen geworben wird.1 Am 7. Februar versendet die „Beobachtergruppe zur Münchner Sicherheitskonferenz“ eine Presseinformation, in der sie Journalistinnen und Journalisten auffordert, sich nicht der „Sichtweise“ der Exekutive verpflichtet zu fühlen.2 Am Freitag, dem 8. Februar, beteiligten sich etwa dreihundert „Kriegsbefürworter“ an einer von der SDAJ organisierten, satirischen Jubeldemo unter dem Motto „Join the White Block!“. Mit weißen Klamotten, Schildern und Transparenten mit ironischen Forderungen „Krieg ist geil“ und „Wir werben fürs Sterben“ zieht die gutgelaunte Demo durch die Innenstadt, Luft-
kissen, die wie Steine angemalt sind, werden aus der Demo heraus gegen die Fenster einer Bank geworfen.
Am Samstag, dem 9. Februar, demonstrierten etwa fünftausend Menschen mit einem starken internationalistischen Block an der Spitze durch die Münchner Innenstadt gegen die sich jährlich wiederholende so genannte „Sicherheitskonferenz“. Aufgerufen dazu haben unter dem Motto: „Sie reden von Sicherheit – wir nennen es Krieg, Folter und Terror“ über 80 Organisationen, Parteien und Initiativen der politischen Linken, der globalisierungskritischen Bewegung, Teile der Gewerk-
schaften, Solidaritätsgruppen und viele Initiativen der Münchner und bundesweiten Friedens- und Antikriegsbewegung. Das Ziel der Demonstration und Abschlusskundgebung ist, sich „quer zu stellen“. In Anspielung auf die „Friedensmedaille“, die an einen kanadischen NATO-Soldaten ver-
liehen wird, ehrt das Munich-American-Peace-Comittee während der Kundgebung den anwesen-
den Deserteur der US-Army Chris Capps mit einer Ehrenurkunde der Friedensbewegung. Tobias Pflüger, Mitglied des Europäischen Parlamentes, ruft die deutschen Soldaten im Auslandseinsatz ebenfalls dazu auf, den Dienst zu verweigern und zu desertieren. Es sind dreitausendsiebenhundert Polizisten aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen im Einsatz, sowie einhundertzehn bewaffnete Soldaten. Die Spitze der Demonstration erreicht den Odeonsplatz, während der letzte Teil gerade erst los laufen kann. Die gesamte Route über läuft die Polizei zusätz-
lich zu den vorher aufgestellten Absperrgittern im Doppelspalier mit. Leuchtsignalkugeln gegen
die Residenz auf der Abschlusskundgebung sind ein sichtbarer symbolischer Ausdruck gegen das Diner der NATO-Generäle, Waffenlobbyisten und ihren Unterstützern. Auf der Abschlusskund-
gebung in Hörweite der Residenz sagt Walter Listl: „Herr Teltschik hat bekannt gegeben, dies sei seine letzte Sicherheitskonferenz. Wir geben hiermit bekannt: Dies ist unter Garantie nicht unsere letzte Gegendemonstration. Wir werden so lange hierher kommen, wie die Siko in München ist. Herrn Teltschik verabschieden wir leichten Herzens und sagen: Hauen sie ab Herr Teltschik aus unserer Stadt und nehmen sie ihre Scheißkonferenz gleich mit!“ Im Anschluss gelingt es verschie-
denen größeren und kleineren Gruppen vom Marienplatz die Kaufingerstraße hinunter zu ziehen. Es werden lautstark Parolen gerufen; einige Gruppen werden von der Polizei eingekesselt.3
In der Nacht von Samstag auf Sonntag wird die Anwaltskanzlei Seibolt mit Farbflaschen beworfen, werden Fensterscheiben eingeworfen (Quelle: Süddeutsche Zeitung, Abendzeitung). Seibolt ist der Ausrichter der jährlich freitags stattfindenden Abendgala für die Teilnehmer der SIKO im Nobel-
restaurant Käfer.
1 Siehe
- Informationen zur Münchner Sicherheitskonferenz vom 8. – 10. Februar: www.imi-online.de/2008/01/15/informationen-zur-mu/,
- Claus Schreer, Siko 2008: Die Brandstifter präsentieren sich als Feuerwehr. Kommentar zu Horst Teltschiks Konferenz-
programm: www.imi-online.de/2008/01/22/siko-2008-die-brands/ und
- Pressemitteilung des Aktionsbündnisses gegen die NATO-Sicherheitskonferenz: www.imi-online.de/2008/02/06/pressemitteilung-des/.
2 Siehe „Presseinformation vom 7. Februar 2008“ von Luise Rauschmayer.
3 Siehe
- „Gegen 23 Uhr …“,
- „Eine Beobachterin …“,
- Fotos von der „antisiko-demo“ von Franz Gans und dazu auch
- „Lustige Demonstrationsgeschichten“ von Richy Meyer.