Materialien 2005

Rede am 2. April 2005

auf dem Marienplatz

Wir, als AStA der Uni München, stehen vor allem hier, um jede Spielart von rechter Propaganda klar und deutlich zu verurteilen. Doch ein „Nein“ zum Nazi-Aufmarsch heute reicht nicht! Wichtig ist auch zu verurteilen, was als Spielwiese für Nazi-Propaganda dankbar angenommen wird:

Erstens, die lauter werdende Diskussion um Vertreibung und die Bombardierung der Städte im 2.Weltkrieg, die vor allem die Neudefinition der Opfer propagiert. Der Versuch die Geschichte umzuschreiben, ist aber kein Monopol der Nazis , sondern die Tendenz ist in der Gesellschaft breit verankert.

Die Verklärung der Toten von Dresden und die pauschale Verurteilung der Umsiedlung der Henlein-Deutschen aus der ehemaligen CSR als Unrecht, verdrängt, dass der Angriffskrieg Deutschlands und die Vernichtung von Millionen von Menschen, das eigentliche Unrecht war. Die Geschichte soll rein gewaschen werden, so rein vom Holocaust, dass die Deutschen, die zum Opfer der Kriegsfolgen wurden, als einzige auf dem weißen Laken der BRD übrig bleiben. Es ist unerträglich: Gedenken vermischt sich mit Geschichtsrevisionismus.

Zweitens: Die aktuelle Ausländerpolitik. Heute, am 2. April, ist der europaweite Aktionstag für Bleiberecht und Bewegungsfreiheit. Kundgebungen in über 50 europäischen Städten wenden sich gegen eine Politik, die die Außengrenzen der EU gegen Asylsuchende abschotten will. Die Verschärfung der Ausländergesetze, die Errichtung von sogenannten „Ausreisezentren“, in denen Hunderttausende von Flüchtlingen unter menschenunwürdigen Bedingungen auf ihre Abschiebung warten, sind die Folge. Flüchtlinge werden kriminalisiert, die Ukraine als Land der „Visa-Betrüger“ abqualifiziert. Das ist alltäglicher Rassismus! Dies alles ist Zündstoff und Nährstoff für Gruppierungen wie NPD und die – in Anführungsstrichen – Freien Kameradschaften, auf deren Einladung heute Neonazis bundesweit anreisen. Nur diese zwei Beispiele, weil die Zeit drängt: Wenn wir uns nicht nur gegenseitig, sondern auch den Nazis zeigen wollen, dass wir ihre Propaganda nicht dulden, müssen wir entscheiden, ob die eigentlichen Adressaten dieser Nachricht, sich nicht gerade an einem anderen Ort sammeln. Ich habe entschieden – gegen 10:30 oder 11 Uhr, wenn die Nazis ihre Kundgebung auf der Theresienwiese starten, werde ich nicht auf dem Marienplatz stehen!

Cornelia Rapp
AStA-Vorsitzende an der Geschwister-Scholl-Universität


www.gegen-krieg-und-rassismus.de.