Flusslandschaft 1967

Notstandsgesetze

Am 1. Februar fand eine Demonstration gegen die von der Bonner Regierung geplanten neuen Notstandsgesetze statt.1 Am 16. März trafen sich Gewerkschafter im Bavariakeller an der There-
sienhöhe 7. Im überfüllten Saal sprachen Dieter Sterzel, wissenschaftlicher Assistent an der Uni Gießen und das Vorstandsmitglied der IG Metall, Georg Benz, gegen die Notstandsgesetzgebung. Der SDS führt im Blauen Saal der Uni-Mensa und im Audi Max eine Informationswoche über die geplante Notstandsgesetzgebung vom 10. bis 14. Juli („Erstes Teach-In“) durch: „Das Grundgesetz reicht für alle Notstandsfälle aus.“2

Auch die Protestsonggruppe des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes nimmt Stellung.3

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Immer mehr Flugblätter werden verteilt; zu sehen sind eigenartige Papieranhänger mit eindeutigen Aussagen, die am Jackettknopf befestigt werden können; Antinotstandslyrik
erscheint in kulturpolitisch ambitionierten Blättern.5

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Im Sommer findet eine Demonstration auf dem Königsplatz statt.

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Ein „Spuckie“

Am 6. Oktober beginnt die Zusammenarbeit der Kampagne für Abrüstung (KfA) mit dem Kura-
torium Notstand der Demokratie
und mit studentischen Gruppen. Man entwirft ein Manifest der „Hochschulen gegen die Notstandsgesetze“. Am 20. Dezember haben über 30.000 Studierende und Dozenten das Manifest unterzeichnet.

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„Unter sehr starker Beteiligung der Münchner Gewerkschafter, vor allem der Jugend, fand am 16. November im Bavariakeller eine Kundgebung des Münchner Kuratoriums ‚Notstand der Demokra-
tie’ statt. Sprecher waren Professor Dr. Werner Hofmann, Marburg, und der Bildungssekretär der IG Metall Nürnberg, Kollege Horst Klaus. Zwischen den beiden Referaten sprach der bekannte Schauspieler Hans Clarin, München, drei Gedichte. Die Referenten wandten sich mit begründetem Nachdruck gegen die Einschränkung der Grundrechte, wie sie auch die ‚entschärften’ Entwürfe der Bundesregierung im Gefolge haben würden. Die überfüllte Kundgebung nahm fast einstimmig eine Entschließung an, mit welcher jede zusätzliche Notstandsregelung abgelehnt wird. Das Grundge-
setz reiche für alle Notstandsfälle aus.“9

Im Dezember findet eine Großkundgebung des DGB gegen die Notstandsgesetze statt. — Am 20. Dezember findet in der Uni das „zweite Teach-In“ zur geplanten Notstandsgesetzgebung statt.10


1 Vgl. Süddeutsche Zeitung 27/1967.

2 Siehe „Notausgabe“ von Hark Bohm. Fotos des Ersten Teach-Ins in der Münchner Uni am 10./11. Juli 1967: Stadtarchiv Standort Rudi Dix-Archiv. Mappe 0076 Studenten.

3 Siehe das „Lied von der formierten Gesellschaftsordnung“ von Erwin Jedamus.

4 Flugblattsammlung, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung

5 Siehe „I mechd koa Nodstandsrechd!“ von August Kühn.

6 Fotosammlung, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung

7 Archiv 451 im Archiv der Münchner Arbeiterbewegung

8 Plakatsammlung, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung

9 Münchner Ausblick. Mitteilungen der Gewerkschaft Handel – Banken – Versicherungen HBV, Ov. München 12 vom Dezember 1967, 3.

10 Fotos: Stadtarchiv Standort Rudi Dix-Archiv. Mappe 0076 Studenten.