Flusslandschaft 1978

Jugend

Was ist nur mit dieser Jugend los? Kaum eine Zeitung, in der nicht ein wissenschaftlich Forschen-
der seine Vermutungen zum besten gibt.1

Im März 1977 traf sich zum ersten Mal die Gruppe „Münchner Fabrik“, die in Anlehnung an die „Hamburger Fabrik“ ein Jugendkulturzentrum plant, das allerdings im Unterschied zum Ham-
burger von der öffentlichen Hand finanziert werden soll. Im April entdeckte die Gruppe den seit 14 Jahren leerstehenden Isartalbahnhof, warb dafür im Sendlinger Bezirksausschuss und entwickelte bis September ein Konzept, das Stadtteil- und Kommunalpolitiker einschließlich Oberbürgermei-
ster Kronawitter überzeugte. Mit dem neuen OB Kiesl gerät das Projekt ins Stocken; viele Politiker befürworten offiziell das Projekt, hinten herum sabotieren sie.2

Mitte Dezember 1977 wurde Peter Schult unter dem Vorwurf der „Unzucht mit Minderjährigen“ verhaftet und wird am 6. Februar 1988 gegen eine Kaution von 3.000 Mark entlassen. In einem Artikel im Blatt verwahrt er sich gegen die herrschende Sexualmoral, vertritt vehement das Recht von Jugendlichen auf selbstbestimmte Sexualität und fordert Jugendliche auf, ungehorsam zu sein und auszureißen.23 Der Artikel löst eine heftige Kontroverse in der alternativen Szene aus und ver-
anlasst Adelheid Opfermann, zur Solidarität mit Peter Schult aufzurufen.34

Mit dem neuen Oberbürgermeister Kiesl (CSU) bekommt die Kritik an den Münchner Freizeithei-
men eine neue Qualität.5

Die „68er“ kommen in die Jahre. Die Jugend sucht einen neuen, anderen Lebensstil.6

Im Herbst kommt es im Westend zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen PunkerInnen und anderen Jugendlichen.


1 Siehe „Die Täter werden immer jünger“ von Dieter Baacke.

2 Siehe „Isartalbahnhof“ von Helmut Eckl.

3 Vgl. Schults „… und streichelte unter anderem …“ in: Blatt. Stadtzeitung für München 115 vom 24. Februar 1978, 14 f.

4 Siehe „Nr. 115“ von Adelheid Opfermann.

5 Siehe „Erich Kiesl. Hier spricht der OB“ und „Freizeitheim-Lied“.

6 Siehe „als die beatles …“ von Frank Witzel.