Flusslandschaft 1981

Alternative Ökonomie

Das Netzwerk München wird am 23. Mai im Werkhaus gegründet.1 Ausgedacht wurde es 1978 bei einer „Zukunftswerkstatt“ mit Robert Jungk. Gerade vom Berufsverbot Betroffene sollten sich in selbstverwalteten Betrieben eine eigene Existenz aufbauen können. Dann fanden 1980 eingehende Vorgespräche im Café Ruffini unter Einbeziehung der gesamten selbstverwalteten Szene statt. Ziel des Vereins ist die Förderung selbstverwalteter Betriebe, kultureller, sozialer und politischer Projekte. Hier hat Netzwerk viel auf den Weg gebracht, unter anderem auch dadurch, dass es Büro und Infrastruktur für andere Gruppen zur Verfügung stellte (Volkszählungsboykott, Wackersdorf, Tschernobyl, Weltwirtschaftsgipfel in München etc.). Sein Geld bekommt Netzwerk von Einzelmitgliedern, die monatlich eine bestimmte Summe zur Verfügung stellen, und von Mitgliedsprojekten. Fast alle selbstverwalteten Betriebe Münchens sind Mitglied. Ein Grundsatz von Netzwerk München ist es über die Jahre, finanziell (und damit auch politisch) unabhängig zu sein und nicht mit Parteien oder kommunalen Stellen zusammen zu arbeiten. Die Gelder – Kredite oder Zuschüsse – vergibt der Beirat nach Antragstellung und eingehender Diskussion. Den Verein vertreten nach außen drei Vorstände. Beide Gremien – Beirat und Vorstand – arbeiten eng zusammen und werden auf der jährlich stattfindenden Mitgliederversammlung gewählt. Mittlerweile hat der Verein beim Druckwerk seinen Sitz. 1992 befinden sich in der BRD etwa sechsundzwanzig autonome regionale Netzwerke. 1995 hat das Münchner Netzwerk über hundertzwanzig mal Zuschüsse und Darlehen vergeben. In den Genuss kamen „Buchläden, Schreinereien, StadtplanerInnen, verschiedene Frauenprojekte, politische Initiativen und Veranstaltungen, Stadtzeitungen, Filmproduktionen, Literaturbüros, Kinderläden, Sprachschulen, World Uranium Hearing, Vortragsreisende aus der 3. Welt, AtomkraftgegnerInnen, Mietervereine, Deserteure, UmweltschützerInnen, Familienselbsthilfeprojekte, Umweltzentren, Straßenfeste, BäckerInnen, tazzen, Buchproduktionen, Werkhäuser …“.2 Schon kurz nach der holprigen Anfangsphase werden Enttäuschungen, aber auch Hoffnungen laut.3

Die letztendlich erfolgreiche „Zukunftswerkstatt“ des Netzwerks löst in München eine Welle weiterer „Zukunftswerkstätten“ aus. Als Arbeitsgrundlage dient Robert Jungk/Norbert R. Müllerts „Zukunftswerkstätten. Mit Phantasie gegen Routine und Resignation“, München 1989 (Erstveröffentlichung 1981).

Die Kooperative Haidhauser Kistler entsteht. Die Schreiner wissen, welchen Tribut der Kapitalismus fordert. Sie planen die individuelle Fertigung von Produkten, die für Großunternehmen nicht rentabel sind. Es geht ihnen um Ökologie und um das Reparieren, das sich geschäftlich zwar nicht lohnt, aber der Ex-und-hopp-Mentalität entgegen wirken soll.


1 In der Selbstdarstellung des Netzwerks datiert die Gründung auf das Jahr 1980. Siehe „Alternative Ökonomie“ 1980.

2 Stadtratte 28 vom Juli 1995, 10.

3 Siehe „Die Netzwerkidee …“ von Agnes und Willys „Scheißnetzwerk München“.