Flusslandschaft 1981
Medien
Wieland Sternagel gibt für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie für den Kölner Hilfsfond „Wenn Bild lügt – kämpft dagegen“ eine Postkartenserie mit ausgewählten Schlagzeilen der Bild-Zeitung heraus.1
Etwa 2.500 Leute, Studis, Reste von K-Gruppen, Ausländerinnen und Ausländer, Alternative aller Schattierungen und der bunte Pulk von Punks, demonstrieren am 4. April. Da wird deutlich, wel-
che Aufgaben die etablierte Presse zu besorgen hat.2
Angeblich bewirkt die Konkurrenz mit privaten Medien eine bunte Vielfalt der Meinungen. Oder ist es umgekehrt? Passen sich die öffentlich-rechtlichen Medien langfristig dem miesen Niveau der privaten an? Löscht Konkurrenz die Vielfalt aus? Aber: Sind die öffentlich-rechtlichen nicht längst verkrustet und bewegen sich in stickigen Routinen? Da könnte Konkurrenz doch für frischen Wind sorgen … Am 14./15. Mai veranstalten DGB, RFFU und IG Druck und Papier unter dem Motto „Die totale Mattscheibe – Wem gehört der Rundfunk?“ eine medienpolitische Konferenz im Deutschen Museum. Zur Einstimmung in die eigentliche Tagung findet am Vorabend im Hofbräuhaus ein satirischer Fernsehabend statt.3
Nach der großen Demonstration im Bonner Hofgarten sendet der Bayerische Rundfunk am 10. Oktober einen Kommentar.4 „BR-Kommentar war ‚keine Volksverhetzung’ – Das Ermittlungs-
verfahren gegen den Journalisten Ludolf Herrmann und den BA-Redakteur Gerhard Friedl wegen eines von Herrmann am 10. Oktober vergangenen Jahres im Bayerischen Rundfunk gesprochenen (von Friedl verantworteten) Kommentars zur Bonner Friedensdemonstration ist von der Staats-
anwaltschaft München eingestellt worden. Dem Verfahren lagen Strafanzeigen von mehreren Hundert Personen, hauptsächlich Teilnehmer der Bonner Kundgebung zugrunde, die sich von Herrmann beleidigt gefühlt hatten. Ihrem Antrag, Herrmann und Friedl wegen Volksverhetzung
zu belangen, konnte die Staatsanwaltschaft jedoch nicht stattgeben, da es sich bei den Teilnehmern der Friedensdemonstration ‚nicht um Teile der Bevölkerung im Sinne des § 130 StGB’ gehandelt habe. Teilnehmer einer Demonstration seien ‚keine bleibende Bevölkerungsgruppe’. Allerdings räumte die Staatsanwaltschaft ein, dass ‚die vielleicht gehässigen und intoleranten Bemerkungen’ Herrmanns generell dazu geeignet seien, die Ehre anderer zu verletzen. Der Absatz ‚um nur Mo-
mente der Massenerotik die kleine rachitische Seele aus dem Gefängnis des pickligen Körpers flattern … zu lassen’, richte sich gegen die Menschenwürde.“5
Siehe auch „Zensur“.
(zuletzt geändert am 18.9.2025)
1 Siehe „schlagzeilen“.
2 Siehe „Die Presse“.
3 Siehe „Kostproben aus vier Stunden Satire im Hofbräuhaus“.
4 Siehe „… eine gewisse Schlampigkeit der Kleidung …“.
5 Mitteilungen der Humanistischen Union vom September 1982, 23.