Flusslandschaft 1976
CSU
Die Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL) startete an 1. März 1975 auf einer Kundgebung in München eine Unterschriftenaktion unter eine Petition, die territoriale Ansprüche gegen die ČSSR erhebt und Naziverbrechen unterschlägt, die ČSSR aber „schwerer Vergehen gegen die Menschen-
rechte“ bezichtigt. FJS schreibt an den Sprecher der SL, Dr. Walter Becher (CSU/MdB, ehemals Schriftleiter beim NSDAP_Gauorgan „Die Zeit“): „Als langjähriger Parteifreund und Mandatsträ-
ger der CSU wissen Sie, daß die berechtigten Interessen der Vertriebenen und Flüchtlinge aus Böhmen, Mähren und Schlesien gerade von der CSU von Anfang an energisch unterstützt wurden. Zu den politischen Leitsätzen der CSU gehört das Eintreten für das Recht auf die angestammte Heimat als ein unabdingbares Menschenrecht und die Verurteilung jeder Form von Vertreibung … Wir fordern, daß in den Beziehungen zu den Staaten Osteuropas die Rechte der Heimatvertriebe-
nen zu achten sind. Ihnen und ihren Verbänden gebührt Schutz gegen Diffamierung und Behin-
derung ihrer Tätigkeit … Ich habe in diesem Sinne Herrn Bundeskanzler Schmidt gebeten, Ihre Petition an die UNO zu unterstützen.“1
CSU und Katholikenrat empören sich über Genet’s „Balkon“ in den Kammerspielen. Zeit für Satiren!2
Franz „Der Kaiser“ Beckenbauer verdient mit Kicken gutes Geld, hat aber wenig Lust, Steuern zu zahlen. Da gibt ihm ein Staatssekretär aus dem bayerischen Finanzministerium einen guten Tipp: „Schaff Deine Kohlen in die Schweiz!“ Leider ist das Ganze nicht legal, obwohl sogar der bayrische Finanzminister auf einem Fest in Grünwald dem „Kaiser“ zuwinkt und ruft „Franz, wenn was ist, nur melden …“ Dumm, dass der Fall bei einem ehrlichen Beamten der Abteilung „Abgabenord-
nung, Erlass und Stundung von Steuern, Steuerfahndung, Außensteuergesetz etc.“ im Finanzmi-
nisterium landet. Es ist Wilhelm Schlötterer, der zu ermitteln beginnt …3
Franz Josef Strauß herrscht nicht nur unumschränkt in Bayern, er betreibt seine eigene Außen-
politik und ist mit der laschen Haltung der Schwesterpartei CDU unzufrieden. Mit dem „Kreuther Trennungsbeschluss“ vom 19. November verbinden sich Überlegungen, die CSU bundesweit aus-
zudehnen.
Am 24. November redet sich FJS gut drei Stunden in der Wienerwald-Hauptverwaltung vor dem Landesausschuss der bayrischen Jungen Union in Rage. Er meint: „Und die selben Kerle, die in der CDU die Anpassung an die Ostverträge propagiert haben, à la Leisler Kiep, werden dann sagen, jetzt müssen wir uns anpassen an die unaufhaltsame Entwicklung. Und wer immer – ich weiß, daß man hier wie ein Herkules beinahe den Weltball auf den Schultern trägt – sich dagegen wendet, der muß dann Tausende Stunden diskutieren, warum ein Ausbruchversuch aus dieser Pygmäen-Ideologie, aus dieser Zwergen-Mentalität dann nicht verbrecherisch ist, nicht eine Sünde an der Gemeinschaft ist … Kohl wird nie Kanzler werden. Er ist total unfähig, ihm fehlen die charakterli-
chen, die geistigen und die politischen Voraussetzungen. Ihm fehlt einfach alles dafür.“4 Ein hin-
terhältiges „U-Boot“ schneidet die Rede mit; Sozialdemokrat Jürgen Heckel verkauft Kassetten mit den Straußschen Ergüssen für 5 DM.
Am 27. November findet vor der CSU-Zentrale in der Nymphenburger Straße 64 eine Demonstration für die „4. Partei“ statt.5
(zuletzt geändert am 27.7.2025)
1 Sudetendeutsche Zeitung vom 18. Juni 1976.
2 Siehe „Franz und Josef“ von Ludwig Börst-Reidel und „Franz Joseph hat geholfen — Franz Joseph hilf uns fürderhin“ von Wolfgang.
3 Siehe www.anstageslicht.de/index.php?UP_ID=14&NAVZU_ID=57&STORY_ID=100&M_STORY_ID=689.
4 Spiegel vom 29. November 1976.
5 Vgl. Süddeutsche Zeitung 277/1976.